Hamburg. Der Japaner des FC St. Pauli verpasst das Testspiel gegen den FC Sevilla. Für den Stürmer ist es Schicksal

Während seine Kollegen intensiv an Spielformen arbeiteten, drehte Ryo Miyaichi einsam seine Runden um den Kunstrasenplatz an der Kollaustraße. Immer wieder blickte er sehnsüchtig zu seinen Kollegen. Seit dem Testspiel gegen Cardiff City am vergangenen Sonnabend plagt sich der Japaner des FC St. Pauli mit Adduktorenproblemen herum. „Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, damit es nicht schlimmer wird. Schmerzen habe ich keine. In ein, zwei Tagen will ich wieder mit der Mannschaft trainieren“, sagte Miyaichi, der die Generalprobe vor dem Start der Zweiten Liga am Sonnabend (16 Uhr) gegen den Europa-League-Sieger FC Sevilla verpassen wird. „Vielleicht ist es Schicksal, und mein Körper signalisiert mir, dass es vielleicht besser ist, wenn ich gegen Sevilla nicht spiele“, scherzte der Offensivspieler.

Rückblick: Es war der 18. Juli 2015, ein sommerlicher Tag am Millerntor. Im letzten Vorbereitungsspiel vor dem Start der Saison 2015/16 traf St. Pauli auf Rayo Vallecano. Der 4:2-Sieg geriet für den Kiezclub, vor allem aber für den sympathischen Japaner in den Hintergrund. Bei einem harmlosen Kopfballduell verdrehte sich Miyaichi das Knie. „Ich kann mich an das Geräusch noch erinnern, aber ich habe mir damals nichts dabei gedacht und auch noch am Tag nach dem Spiel trainiert. Aber dann kam die Diagnose. Es war ein Schock“, erinnerte sich der Publikumsliebling, der erzählte, dass er in diesen Tagen häufig an den Juli 2015 zurückdenkt.

Ein Kreuzbandriss setzte den technisch versierten Außenstürmer fast zehn Monate außer Gefecht. Eine Zeit, die selbst dem immer gut gelaunten und fröhlichen Japaner an die Nieren ging. „Ich hatte so große Hoffnungen, wollte St. Pauli helfen, und dann passiert so etwas. Es war sehr hart für mich, aber ich bin zurückgekommen“, sagte der 23-Jährige, der sich mit großem Fleiß und harter Arbeit ein traumhaftes Comeback beschert hatte. Am letzten Spieltag der Vorsaison brillierte Miyaichi beim 5:2-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern mit zwei Toren und einer Vorlage. Viel wichtiger als diese Statistiken war für ihn die Erkenntnis, dass sein Knie stabil ist und ihn nicht beeinträchtigt.

Miyaichi macht keinen Hehl daraus, dass er viel in der Zeit gelernt hat, als er zum Zuschauen verdammt war. „Ich bin jetzt geduldiger“, sagte der Offensivspieler. Deshalb macht er sich auch nicht verrückt, weil er in der Vorbereitung immer mal wieder individuell trainieren musste, weil ihn kleine Wehwehchen plagten. Die Vorbereitung, so sagt er, sei hart, verliefe für ihn aber gut. Über den Sommer hat Miyaichi zwei Kilo Muskelmasse zugelegt. „Das hilft mir, mein Knie und meinen ganzen Körper zu schützen“, sagte Miyaichi.

Sein Ziel ist es, zum 8. August beim Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart auf dem Platz zu stehen. „Das wäre schön, aber selbst, wenn ich dann noch nicht so weit sein sollte, wäre es nicht schlimm. Ich will einhundertprozentig fit sein. Die Saison wird sehr lang“, sagte Miyaichi, der sich privat bestens eingelebt hat in Hamburg.

Vor allem mit Waldemar Sobota, Lasse Sobiech und Marc Hornschuh verbringt der Japaner viel Zeit abseits des Platzes. „Wir gehen zusammen in japanische Restaurants. Außerdem bringe ich den Jungs Japanisch bei. Ich glaube Lasse Sobiech ist schon ganz gut“, sagte Miyaichi und lacht. Seine eigenen Sprachkenntnisse will Miyaichi in den kommenden Wochen weiter aufbessern. Ein paar Brocken Deutsch kann er bereits, was er im Medienraum spontan mit einer musikalischen Einlage untermauerte und die Lieder „Ganz oder gar nicht“ von Wolfgang Petry sowie „Die immer lacht“ von Stereoact featuring Kerstin Ott zum Besten gab. Gemeinsam mit Ehefrau Yuka will der St.-Pauli-Profi künftig Abendkurse belegen, um künftig nicht nur singen, sondern sich auch im Alltag sprachlich zurechtfinden zu können.