Hamburg. Der Basketballer Steffen Kiese hat sich schweren Herzens für seinen Beruf entschieden

Steffen Kiese wird am 1. August nicht beim Trainingsstart der Hamburg Towers auftauchen. Stattdessen wird der Spielmacher zu seinem ersten Arbeitstag in der Finanzloge AG im Astraturm antreten. Es ist anzunehmen, dass er ins Büro gehechtet kommt, bis unter die Haarspitzen motiviert.

Der 28-Jährige war die Kultfigur bei dem Basketball-Zweitligisten. Für diesen Einer-von-uns-Normalo-Typ erfand der Fanclub den Hashtag #FreeKiese, er müsse von der Bank befreit werden, damit er sein Herz in die Wurfhand nimmt. „Kieseesk“ waren seine wilden Dreier mit wehenden Haaren und die Buzzer-Beater mit Schlusssirene. Ein letztes Mal hockte er mit seinen Fans bei Mr. Kebab in Wilhelmsburg. Zuvor unternahm er noch einen L.A.- und Las-Vegas-Trip – mit Mike Wenzl besuchte er einen anderen früheren „Turm“: Andre Murillo.

„Auf meine Zeit bei den Towers werde ich mein Leben lang mit einem Lachen zurückblicken“, sagt Kiese, der vom Regionalligisten VfL Stade vor zwei Jahren zwei Klassen hoch wechselte und sich als nominell dritter Point Guard und Mittzwanziger noch enorm verbesserte. Im Schnitt 17 Minuten und fünf Punkte sammelte er in der ProA. Nun traf er aber eine Entscheidung für den Beruf. Ähnlich wie sein Mitspieler Vincent Kittmann, der mit 27 Jahren, frisch verheiratet seine Basketballschuhe an den Nagel gehängt hat. „Basketball war eigentlich nur mein Hobby. Mein Fokus lag immer auf dem Studium“, sagt Kiese.

Der VfL Stade hatte dem Oldenburger den BWL-Bachelor am Außencampus der PFH Göttingen finanziert, die Towers den Master in General Management an der Elmshorner Nordakademie, ihrem Kooperationspartner. Sportchef Marvin Willoughby half ihm auch bei der Vermittlung des Jobs in der Finanzloge AG. Kiese wird bei dem Privatsekretariat im Bereich Betriebliche Altersvorsorge arbeiten. Was ihm dabei aus dem Sport hilft? „Ich muss Kunden für mich gewinnen und mich dabei gegen viel Konkurrenz durchsetzen. Ich muss Teamplayer sein und Ehrgeiz an den Tag legen.“

Nebenbei spielt er wieder für den Pro-B-Verein Rist Wedel, wie schon von 2009 bis 2011, als er dort sein Freiwilliges Soziales Jahr ableistete. So muss er nur dreimal pro Woche trainieren, nicht zweimal täglich. Unter 100 Prozent Einsatz geht bei ihm trotzdem nichts. Die Towers-Anhänger haben sich schon in der Steinberghalle angekündigt.