Köln.

Milliarden-Bußgeld, Komplett-Ausschluss oder doch ein bisschen Gnade: Die Diskussionen über die Strafe für Russland nach den schockierenden Enthüllungen des McLaren-Reports werden hitziger. Während das Internationale Olympische Komitee (IOC) in sein Strafmaß das heutige Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes Cas über die seit zehn Monaten suspendierten russischen Leichtathleten einfließen lassen will, werden die Rufe nach teilweise drastischen Maßnahmen lauter – auch jenseits eines kollektiven Banns, der kritischer gesehen wird. Unabhängig davon hat das russische olympische Komitee 387 Athleten für Rio nominiert.

„Eine Milliarde Dollar Strafe für das russische Olympiakomitee und der Austausch der kompletten russischen Sportführung, andernfalls erhalten Russen kein Startrecht mehr für künftige Weltmeisterschaften und Olympische Spiele“, sagte Ruder-Olympiasieger und Sportökonom Prof. Wolfgang Maennig. Das Geld würde er in den Anti-Doping-Kampf stecken: „Damit könnte sich die Welt-Anti-Doping-Agentur endlich so aufstellen, wie es nötig ist.“

Eine Sperre russischer Athleten für die Sommerspiele in Rio de Janeiro sieht nicht nur Maennig („Ich glaube, dass die Athleten mehr Opfer als Täter sind“) eher kritisch. Dagmar Freitag, Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, hielte Sanktionen unterhalb eines kollektiven Ausschlusses für angebracht. Ein Olympia-Start dürfe aber „allenfalls unter neutraler Flagge“ erfolgen.

Das Strafmaß, das das IOC bis zum Dienstag verkünden will, könnte beeinflusst werden durch die Cas-Entscheidung. 68 russische Leichtathleten haben gegen ihre Aussperrung durch den Weltverband IAAF geklagt. „Alles andere als eine Bestätigung wäre eine sportpolitische Katastrophe, weil systematischer Betrug damit legitimiert würde“, sagte Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands. Ihm falle es aber schwer, „eine Maßnahme unterhalb eines Komplettausschlusses der Russen zu sehen, die die Glaubwürdigkeit des Sports bewahren würde“.

Im Januar hatte der Cas die Entscheidung des Gewichtheber-Weltverbands gestützt. Dieser hatte den bulgarischen Verband wegen zahlreicher Dopingfälle gesperrt. „Bei den Gewicht-hebern richtete sich das Sportrecht gegen einen Verband, im aktuellen Fall gegen Athleten“, sagte Prokop. Die IAAF will mit ihrer Rechtsprechung vor allem Darja Klischina und Kronzeugin Julija Stepanowa einen Rio-Start ermöglichen – aber 68 andere Russen ausschließen.