Hamburg. Insgesamt 42 Sportler der Stadt fliegen zu den Sommer- und Paralympischen Spielen nach Rio de Janeiro

Als der Mann, der Olaf Scholz war, bei der gewohnt peniblen Sicherheitskontrolle im Cruise Center Steinwerder vor dem Zugang auf das Kreuzfahrtschiff „Aidaprima“ schließlich doch noch als Hamburgs Bürgermeister identifiziert wurde, Scholz dann vor dem Betreten der Gangway seine Hände auch noch vorschriftsmäßig desinfiziert hatte, konnte im BeachCenter im 15. Stock die Abschiedsparty für das Team Hamburg beginnen – fünf Stunden bevor das schwimmende Hotel Richtung Southampton ablegte. Es war die passende Einstimmung auf die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August), wo ähnlich akribische Vorkehrungen für Personenschutz, Gesundheit und Unversehrtheit getroffen werden dürften.

Als Scholz seine gute Laune wiedergefunden hatte, sagte er: „Es ist einfach großartig, das größte Team Hamburg aller Zeiten zu Olympischen und Paralympischen Spielen verabschieden zu können. Das macht wieder einmal deutlich, dass in Hamburg im Bereich der Sportförderung seit vielen Jahren sehr gute Arbeit geleistet wird.“

Für Scholz hat Olympia trotz der jüngsten Doping- und Korruptionsskandale nichts an seiner orientierenden Bedeutung und Faszination gerade für junge Menschen verloren. „Die Spiele bleiben ein unersetzlicher Ansporn für Kinder und Jugendliche, sich früh für ein großes Ziel zu motivieren. Dass wir weiter versuchen müssen, die Chancengleichheit herzustellen, ist selbstverständlich. In Deutschland haben wir entsprechende Gesetze beschlossen, die eine konsequente Verfolgung der Dopingvergehen ermöglichen. Wenn viele andere Nationen uns auf diesem Weg begleiten, würden wir das natürlich begrüßen.“

Die Hamburger Sportler seien hervorragende Botschafter für diese Stadt, sagte Scholz. „Sie stehen für Werte wie Leistungsbereitschaft, Hingabe und Fair Play.“ Welche Strahlkraft der Sport für eine Region haben kann und was Sportler als Repräsentanten zu leisten imstande sind, hätten gerade die mitreißenden Auftritte der isländischen Fußballnationalmannschaft bei der EM in Frankreich gezeigt.

Scholz will die Spiele im Fernsehen verfolgen, „die Zeit nehme ich mir“, sagte er. Er wäre nach Brasilien geflogen, wäre Hamburg als Olympiakandidat für 2024 im Rennen geblieben. Statt des Bürgermeisters werden nun Innen- und Sportsenator Andy Grote und Sportstaatsrat Christoph Holstein in der dritten Augustwoche nach Rio reisen. Holstein wird später auch die Paralympics besuchen.

Insgesamt 42 Sportler (34 plus 8) werden Hamburg bei den Sommerspielen und den anschließenden Paralympics (7. bis 18. September) vertreten. So viele waren es noch nie. „Dass wir nach Peking 2008 und London 2012 erneut einen Teilnehmerrekord verkünden können, zeigt, dass wir in den vergangenen Jahren offenbar vieles richtig gemacht haben – und ein enormes Potenzial im Sportstandort Hamburg steckt“, sagte Ingrid Unkelbach, die Leiterin des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein mit Hauptsitz im Stadtteil Dulsberg.

Von den hiesigen Athleten, die in Rio um Medaillen kämpfen wollen, konnte nur etwa die Hälfte an Bord der „Aida“ Tschüs sagen. Die Hockeynationalmannschaft der Herren zum Beispiel, Olympiasieger von Peking und London, bestritt mit fünf Hamburgern zeitgleich erfolgreich ein Vier-Nationen-Turnier in Düsseldorf. Die Beachvolleyball-Weltranglistenersten Laura Ludwig/Kira Walkenhorst (HSV) wiederum trainierten noch in Gstaad (Schweiz). Sie kehren erst am heutigen Montag für acht Tage nach Hamburg zurück, bevor sie Ende Juli beim Major-Turnier in Klagenfurt (Österreich) zum letzten Wettbewerb vor Olympia aufschlagen. Markus Böckermann/Lars Flüggen (Club an der Alster) spielten am Wochenende im Ostseebad Binz die deutsche Strandtour (siehe Artikel links). Nachdem sie Ende Juni/Anfang Juli 16 Tage lang Pause gemacht und ihre Verletzungen auskuriert hatten, passte diese Veranstaltung in die aktuelle Phase ihrer Vorbereitung.

Olympiasieger Eric Johannesen feierte dagegen an Bord seinen 28. Geburtstag. Die Ruderer trainieren derzeit in Ratzeburg. Sie brechen am 26. Juli zu Olympia auf. Mit dabei ist dann auch Bruder Torben (22), der als Ersatzmann nominiert wurde. In einem Zimmer werden die beiden in Rio nicht wohnen. Eric Johannesen zieht mit seinen Achterkollegen zusammen, Torben wird sich ein Appartement mit den anderen zwei Ersatzleuten teilen.

Während die Ruderer um die Mittagszeit (gegen 18/19 Uhr MESZ) ihre Wettbewerbe bestreiten, springen die Schwimmer erst von 22.30 Uhr Ortszeit (3.30 Uhr MESZ) an ins Wasser. Im Trainingslager in Florianópolis, in das sie am Montagabend starten, sind die Übungseinheiten deshalb erst kurz vor Mitternacht angesetzt. „Zu einem Zeitpunkt, wenn der Körper schlafen will, Höchstleistung zu bringen, wird eine Herausforderung werden“, sagte Stützpunkttrainerin Petra Wolfram.