Hamburg. Bayerisches Gericht verurteilt den Verteidiger wegen Körperverletzung

St. Paulis Abwehrtalent Joel Keller ist von einem Vorfall eingeholt worden, der sich vor gut einem Jahr am Nürnberger Hauptbahnhof ereignet hat. In der dortigen Filiale eines Fast-Food-Restaurants kam es in der Warteschlange zu einer Auseindersetzung, die eskalierte und in der Bahnhofshalle in eine Schlägerei mündete. Einer der maßgeblich Beteiligten war der damals noch bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Nürnberg unter Vertrag stehende Joel Keller.

Die zuständige Richterin des Amtsgerichts Nürnberg sah es in der Verhandlung am 2. März dieses Jahres als erwiesen an, dass sich der damals 20-Jährige einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat, obwohl der Geschädigte keine Strafanzeige gestellt hatte. Nach dem Vorfall verließ Keller den Bahnhof, sein damaliger Mitbewohner kümmerte sich um das von Keller getroffene Opfer. Zur Anzeige kam es, weil die Polizei im Bahnhof zu diesem Zeitpunkt auf den Vorfall aufmerksam wurde und diesen als Offizialdelikt behandelte. Daher musste die Justiz ein Verfahren einleiten.

Das Amtsgericht Nürnberg verurteilte Keller zu einem 14 Tage langen Dauerarrest und 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Das Urteil wurde nach Jugendstrafrecht gefällt, weil Joel Keller zum Tatzeitpunkt noch 20 Jahre alt war. Strafmildernd wirkte sich zudem aus, dass er Ersttäter war, Reue zeigte und von der Richterin nicht als „Schläger“ eingestuft wurde.

„Ich habe einen riesigen Fehler gemacht und bereue mein Fehlverhalten sehr. Was ich getan habe, ist absolut unentschuldbar. Ich stelle mich nun den Konsequenzen und werde die Strafe annehmen“, sagte Keller zu dem Vorgang.

St. Paulis Sportchef Thomas Meggle sagte dazu: „Joel hat uns Ende Februar über sein Fehlverhalten informiert. Nach gründlichen internen Gesprächen mit Präsidium, Geschäftsleitung und dem Spieler haben wir entschieden, ihm eine zweite Chance zu geben, ohne dabei die Tat zu bagatellisieren.“

Joel Keller war Anfang August 2015 zum FC St. Pauli gewechselt. Zu jenem Zeitpunkt wussten die Verantwortlichen des Clubs nichts vom Vorfall im Nürnberger Hauptbahnhof und der drohenden Strafe. Zunächst war der Schweizer nur für die U-23-Mannschaft des Kiezklubs vorgesehen, trainierte aber regelmäßig mit den Profis. Zwischenzeitlich berief ihn St. Paulis Cheftrainer Ewald Lienen auch immer wieder in den Profikader. So kam er auf fünf Einsätze in der Zweiten Liga sowie auf elf weitere Partien als Reservist.

Angesichts seiner sportlichen Entwicklung war es konsequent, dass St. Paulis Führung den 21-Jährigen unmittelbar nach der vergangenen Saison Mitte Mai mit einem Profivertrag ausstattete – trotz des Wissens um die Verurteilung. „Joel ist ein zweikampfstarker und körperlich robuster Spieler, der menschlich zudem super in unsere Mannschaft passt. Aufgrund seiner Vielseitigkeit kann er nicht nur im Abwehrzentrum und links in der Viererkette, sondern auch im Mittelfeld spielen“, sagte Trainer Lienen anlässlich der Unterzeichnung des neuen Vertrags.

Der FC St. Pauli konnte im Gespräch mit der Richterin in Nürnberg erreichen, dass Keller seine Strafe am 22. August antreten darf. Ursprünglich war dafür der kommende Montag vorgesehen gewesen. Der Jungprofi hätte dann nicht am Trainingslager in Maria Alm teilnehmen können. „Aus dem Gespräch ging hervor, dass Joel eine Strafe für sein nicht akzeptables Verhalten bekommen muss, die aber grundsätzlich so wenig wie möglich Auswirkungen auf seinen Beruf haben darf“, sagte Meggle, der aber auch klarstellte: „Wir haben ihm die Dunkelgelbe Karte gezeigt.“

Durch die jetzt vereinbarte Terminierung kann Joel Keller nicht nur im Trainingslager dabei sein, sondern auch in den ersten beiden Zweitligaspielen der neuen Saison in Stuttgart (8. August) und gegen Braunschweig (13. August) sowie im DFB-Pokal-Erstrundenspiel beim VfB Lübeck (19.–21. August) mitwirken. Er verpasst lediglich das Zweitliga-Auswärtsspiel bei Dynamo Dresden (26.–29. August). Am Wochenende danach pausieren die Profiligen, weil Länderspiele anstehen.

Derweil gibt es weiter keine Einigung zwischen St. Pauli und dem Karlsruher SC über einen Transfer des von den Badenern umworbenen Sören Gonther. Der KSC möchte den 29 Jahre alten Innenverteidiger und Kapitän St. Paulis ein Jahr vor dessen Vertragsende verpflichten, soll aber bisher nur rund 200.000 Euro als Ablöse bieten.