Hamburg. Für HSV-Profi Demirbay endet ein Wechsel auf Zeit unglücklich. Labbadia ist dennoch vom Modell überzeugt

Wer sich schon immer mal gefragt hat, wie eigentlich der oft zitierte begossene Pudel aussieht, der hätte am Dienstagnachmittag im Volkspark gleich 20 dieser Exemplare betrachten können. HSV-Coach Bruno Labbadia, seine Co-Trainer Eddy Sözer und Bernhard Trares sowie 17 Spieler schlichen nach einer Laufeinheit im monsunartigen Regen zurück in die Kabine. Dort wartete ein Mann auf seine Kollegen, der erstmals in dieser Vorbereitung beim HSV trainierte. Mittelfeldspieler Kerem Demirbay absolvierte gemeinsam mit Emir Spahic, Gotoku Sakai, Aaron Hunt und Luca Waldschmidt medizinische Tests.

An diesem Mittwoch soll Demirbay das erste Mal wieder mit der Mannschaft trainieren. Im Grunde ein normaler Vorgang. Wäre da nicht Demirbays ausdrücklicher Wechselwunsch. Nach zwei Jahren, in denen er jeweils auf Leihbasis für eine Saison in der Zweiten Liga beim 1. FC Kaiserslautern und zuletzt bei Fortuna Düsseldorf spielte, will der 23-Jährige einen Neuanfang bei 1899 Hoffenheim starten. Weil sich die Kraichgauer und der HSV aber bislang nicht auf die geforderte Ablösesumme von zwei Millionen Euro einigen konnten, plant Labbadia nun vorerst wieder mit Demirbay. „Er ist kein Spieler, den wir unbedingt abgeben wollen, aber sein Wunsch ist es zu wechseln. Wir werden ihn aber nicht verschenken“, sagt Labbadia.

Das Poker zwischen dem HSV und Hoffenheim geht also weiter. Und so wird ein Leihgeschäft, das einem jungen Spieler ursprünglich eine bessere Per­spektive bieten sollte, in Hamburg mal wieder zum Leidgeschäft. „Eine Ausleihe macht Sinn, wenn ein Spieler, der hintendran ist, den nächsten Schritt gehen will. Da gibt es genug gute Beispiele“, sagte Labbadia am Mittwoch nach der Laufeinheit.

Beim HSV ist die Zahl der guten Beispiele allerdings gering. In den vergangenen zehn Jahren vollzog der HSV in den Transferperioden insgesamt 64 Leihgeschäfte. 17 Spieler holten die Hamburger seit Sommer 2006 auf Leihbasis in den Volkspark, 47 Spieler verlieh der HSV an andere Clubs. Die Bilanz dieser Transfers liest sich ernüchternd. Das Ziel von Leihen, den Profis mehr Spielpraxis zu ermöglichen, um sie anschließend in einem besseren Zustand wieder vorzufinden, hat beim HSV nur in ganz wenigen Ausnahmefällen funktioniert. Als Vorzeigebeispiele gelten Philipp Lahm und Toni Kroos, die in jungen Jahren vom FC Bayern nach Stuttgart und Leverkusen verliehen wurden und nach ihrer Rückkehr in München zu Weltklassespielern reiften.

So in etwa dürfte es sich der HSV vorgestellt haben, als er in den vergangenen Jahren Talente wie Maxim Choupo-Moting (Nürnberg), Sidney Sam (Kaiserslautern) oder Maximilian Beister (Düsseldorf) verlieh. Zurück in Hamburg, konnten sie ihr Potenzial beim HSV nie dauerhaft abrufen. Einzig Tolgay Arslan (Alemannia Aachen) und Hakan Calhangolu, der nach seinem Transfer zum HSV direkt noch ein Jahr in Karlsruhe spielte, hatten in Hamburg nach der Ausleihe eine gute Zeit. Auf der anderen Seite stehen Transferflops wie Thiago Neves, Marcus Berg, David Rozehnal, Paul Scharner oder Jacques Zoua, die der HSV verlieh, weil sie in Hamburg den Erwartungen nicht gerecht wurden.

Dass der HSV mit seinen Leihgeschäften oft unglückliche Geschichten schrieb, ist letztlich eine Folge der vielen Trainer- und Sportchefwechsel. „Entscheidend ist, dass die Spieler mit der Absicht verliehen werden, dass man sie auch zurückholt und der Trainer dann noch da ist“, sagt Labbadia. Und das war in Hamburg in den vergangenen zehn Jahren äußerst selten der Fall. Beispielhaft dafür stehen Jonathan Tah und nun auch Demirbay. Beide wurden zur Saison 2014/15 in die Zweite Liga verliehen, weil der damalige Trainer Mirko Slomka nicht auf die beiden Talente setzen wollte. Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer ließ die Wechsel zu, wohlwissend, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fest mit Slomka plante. Als Nach-Nach-Nachfolger Labbadia ein Jahr später mit Tah in die neue Saison gehen wollte, wollte Tah nicht mehr zurück.

Bei Demirbay lief die Geschichte anders. Das Ende könnte sich ähneln. Der HSV wird einen jungen Spieler verlieren, dem nach dem Leihgeschäft die Bindung zu seinem Stammverein fehlte. Trotzdem glaubt Labbadia an das Ausleihmodell. Arianit Ferati (18), Neuzugang vom VfB Stuttgart, wurde direkt für ein Jahr an Fortuna Düsseldorf verliehen. An den Club, bei dem auch Demirbay spielte. Der HSV ist überzeugt, dass die Geschichte im Fall Ferati besser endet.