Lyon/Paris. Der EM-Neuling sorgt mit dem Achtelfinaleinzug für eine Sensation. CR7 rettet Portugal, Österreich ist raus

Als bei den Isländern alle Dämme brachen, stand ein untröstlicher David Alaba mit leerem Blick auf dem Rasen im Stade de France. Vor der blauen Kurve ging die Post ab, die angeblich kühlen Nordmänner flippten aus, die Spieler tanzten Humba auf dem Rasen. Auch Alaba und seine Mannschaftskollegen wurden noch beklatscht von ihren Anhängern, aber sie hatten dabei Tränen der Enttäuschung in den Augen. Island steht kopf – und die blamierten Österreicher sagen kleinlaut „Servus“.

Mit einem dramatischen 2:1 (1:0), dem ersten EM-Sieg seiner Geschichte, schickte der EM-Neuling die hoch gelobten „Burschn“ um Alaba auf die Heimreise und darf sich nun auf ein Achtelfinale gegen England freuen. Jón Bödvarsson vom 1. FC Kaiserslautern (19.) und Arnor Ingvi Traustason (90.+4) trafen für Island, Österreich reichte das Tor von Alessandro Schöpf nicht (60.). „Dafür haben wir gekämpft, für unser Land. Ich weiß gar nicht, wie wir das geschafft haben“, sagte Islands Kapitän Aron Gunnarsson.

Während der EM-Neuling Island ungeschlagen und mit fünf Punkten als Gruppenzweiter in die K.-o.-Runde einzog, erlebte das vor der EM so euphorische Österreich ein Desaster. Aleksandar Dragovic schoss zu allem Überfluss auch noch einen Foulelfmeter (29.) an den Pfosten. In der zweiten Halbzeit versuchte es Rot-Weiß-Rot nach einer Systemumstellung mit dem Mut der Verzweiflung und wilden Angriffen – doch nach dem Treffer von Schöpf hielt Island mit Glück, Geschick und dank Schlussmann Hannes Halldorsson dem weiteren Ansturm stand.

„Wir haben ein blödes Gegentor bekommen, danach standen die Isländer tief. Wir haben nicht die Räume gefunden. Ich habe kleine Erklärung dafür. Es war sehr bitter, dass wir es nicht ins Achtelfinale geschafft haben“, sagte Schöpf, der beinahe noch die Wende gebracht hätte. Aber eben nur fast. Österreich ist raus. Mit nur einem Punkt.

Ronaldo verhindert historische Pleite für Portugal

Auch Gruppenfavorit Portugal stand im Parallelspiel gegen Ungarn nach einem zweimaligen Rückstand vor dem Aus. Doch einmal mehr war es Rekordmann Cristiano Ronaldo, der sein Land mit einer sensationellen One-Man-Show vor einer historischen EM-Blamage bewahrte. Drei Geistesblitze des dreimaligen Weltfußballers retteten den immer noch sieglosen Portugiesen in einer verrückten Partie ein 3:3 (1:1) und damit den Einzug ins Achtelfinale.

Höhepunkt des Galaauftritts von „CR7“ war sein traumhaftes Hackentor zum zwischenzeitlichen 2:2 (50.). „Das war absolut geil und genial“, schwärmte sogar der sonst eher kühle ARD-Experte Oliver Kahn. Gegen offensivstarke Ungarn musste der Superstar von Real Madrid nicht nur einmal sein ganzes Können zeigen. Sein perfekter Pass vor Nanis Treffer zum 1:1 (42.) und sein Kopfballtor zum Endstand (62.) bescherte Portugal das Achtelfinale am Sonnabend in Lens gegen Kroatien.

Die von Bernd Storck trainierten Ungarn, die in Lyon durch Zoltán Gera (19.) und Balázs Dzsudzsák (47./55.) dreimal in Führung gegangen waren, treffen als Sieger der Gruppe F am Sonntag in Toulouse auf Belgien, Schweden oder Irland.

Ronaldo, der erstmals seit 375 Tagen wieder in einem Pflichtspiel für Portugal traf, verewigte sich an einem denkwürdigen Tag dreifach in den Geschichtsbüchern: Als erster Fußballer traf er bei vier EM-Endrunden, er kletterte in der ewigen EM-Torjägerliste mit acht Toren auf Rang zwei und avancierte zum alleinigen EM-Rekordspieler (17 Spiele). Mit seinen Toren verhinderte er das erstmalige Scheitern Portugals in der EM-Vorrunde.

Island: Halldorsson – Saevarsson, Arnason, R. Sigurdsson, Skulason – Gunnarsson, G. Sigurdsson – Gudmundsson (86. Ingason), B. Bjarnason – Bödvarsson (71. T. Bjarnason), Sigthorsson (80. Traustason).Österreich: Almer – Dragovic, Prödl (46. Schöpf), Hinteregger – Klein, Ilsanker (46. Janko), Baumgartlinger, Fuchs – Sabitzer (78. Jantscher), Alaba, Arnautovic.Tore: 1:0 Bödvarsson (19.), 1:1 Schöpf (60.), 2:1 Traustason (90.+4). Schiedsrichter: Marciniak (Polen). Zuschauer: 65.714. Gelbe Karten: Skulason, Sigthorsson, Arnason, Halldorsson – Janko.Ungarn: Kiraly – Lang, Juhasz, Guzmics, Korhut – Gera (45. Bese), Pinter – Dzsudzsak, Elek, Lovrencsics (83. Stieber) – Szalai (71. Nemeth).Portugal: Patricio – Vieirinha, Pepe, R. Carvalho, Eliseu – Gomes (61. Quaresma), W. Carvalho, Moutinho (45. Sanches), Mario – Ronaldo, Nani (81. Pereira).Tore: 1:0 Gera (19.), 1:1 Nani (42.), 2:1 Dzsudzsak (47.), 2:2 Ronaldo (50.), 3:2 Dzsudzsak (55.), 3:3 Ronaldo (62.). Schiedsrichter: Atkinson (England). Zuschauer: 55.514. Gelbe Karten: Gera, Guzmics, Juhasz, Dzsudzsak.