Der Mann hatte die falsche Farbe gewählt. Wobei falsch natürlich wieder Definitionssache ist. Aber er hatte sich zum Sporttreiben aus naheliegenden Gründen für das dunkelblaue T-Shirt entschieden. Dunkelblau wie das Trikot der französischen Fußballnationalmannschaft bei dieser Europameisterschaft im eigenen Land.

Es war eigentlich eine gute Wahl, denn der Mann ist Franzose, und es ging tatsächlich um Fußball. Ein Hobbyspielchen, mitten in Évian, in Frankreich. Ein Örtchen, das in diesen Tagen einem erheblichen deutschen Einfluss ausgesetzt ist. Jogi und seine Jungs haben dort während des Turniers ihr Quartier bezogen.

Deshalb hängen in Pizzerien deutsche Fahnen und Poster von Manuel Neuer, deshalb heißt Pizza Nummer eins „Die Mannschaft“. Zutaten: Sahne, Wurst, Kartoffeln, Zwiebeln. Zumindest kulinarisch wirkt das Miteinander der Kulturen mitunter etwas zu bemüht.

Doch das Spiel selbst hat größere verbindende Kräfte. Es vereint an diesem Abend Deutsche und Franzosen in der gleichen Mannschaft. Nur der Mann mit dem dunkelblauen T-Shirt sitzt noch draußen. Mannschaft Weiß fehlt ein Spieler, Mannschaft Dunkel hat einen mehr. Ohne neues T-Shirt kein neuer Spieler.

Der einzige Zuschauer, der ein weißes Oberteil mit schwarz-rot-goldenen Applikationen am Ärmel unter dem Pullover trägt, gibt sein letztes Hemd. Es ist mehr als 20 Jahre alt, die deutsche Nationalmannschaft lief in dieser Optik bei der WM 1994 auf. Seinen ersten Tribüneneinsatz hatte das Textil beim Testspielsieg gegen Ghana in Bochum. 6:1. Tore: Jürgen Klinsmann und Stefan Effenberg je zwei, dazu Andreas Möller und Ulf Kirsten. Lange her. Der Mann streift Weiß über Dunkelblau. Sieht gut aus. „Merci“, sagt er. Drei Tore fallen dann auf jeder Seite. Ein Unentschieden, bei dem es nur Sieger gibt.