Hamburg. Ein Besuch beim Spieltag der Minigolf-Bundesliga in Hamburg-Rahlstedt

    Akribisch wischt Martin Stöckle mit seiner Handinnenfläche jeden noch so kleinen Sandkorn von der Minigolfbahn. Besonders gründlich putzt er rund um das Loch, schon ein wenig Schmutz kann den Ball um entscheidende Millimeter ablenken. Stöckle greift seinen Schläger, legt sich die Kugel zurecht. Was um ihn herum passiert, blendet er aus. Seine Konzentration gilt dem nächsten Schlag. Er visiert sein Ziel an, holt behutsam aus und schlägt zu. Vorbei am Hindernis prallt der Ball zweimal an der Bande ab, landet mit einem von sechs möglichen Schlägen im Loch – ein Ass. „Jaaa!“, brüllt Stöckle und ballt die Faust.

    Auf der Anlage des Hamburger Minigolf-Clubs fand anlässlich des 50-jährigen Bestehens der dritte von vier Spieltagen der Bundesliga Nord statt. Die besten drei der fünf Mannschaften in Nord und Süd kämpfen beim Saisonfinale um die deutsche Meisterschaft. Ein Spieltag läuft wie folgt ab: Jedes der fünf Teams besteht aus sechs Mitgliedern und einem Ersatzspieler. Jeder Spieler durchläuft die 18 Bahnen viermal. Die Schläge aller Teammitglieder werden am Ende des Tages addiert, es gewinnt die Mannschaft, die am wenigsten Versuche benötigt hat.

    Hamburg wird durch den Niendorfer MC vertreten, dem auch Stöckle angehört. Im Alter von neun Jahren hat ihn beim Ostsee-Urlaub das Minigolffieber gepackt. „Danach bin ich nicht mehr davon losgekommen“, erzählt der 33-Jährige, der seitdem mit professionellem Aufwand spielt. Der gebürtige Hamburger ist Mannschaftseuropameister, deutscher Meister und mehrfacher Weltmeister im Adventure-Golf, einer Minigolf-Variante auf naturidentischen Kunstrasenbahnen.

    Der perfekte Spielball hängt vomWetter und der jeweiligen Bahn ab

    Zwischen idyllischem Vogelgezwitscher sind in regelmäßigen Abständen auf der Anlage im Greifenbergpark in Rahlstedt immer wieder Jubelschreie zu hören. Die Emotionsausbrüche bei einem Ass gehören in der Minigolf-Bundesliga genauso dazu wie die Socke, die aus der Hose hängt. Was auf den ersten Blick skurril aussieht, hat einen ganz einfachen Grund: Die Temperatur des Balls spielt eine enorm wichtige Rolle beim Minigolf. Heizt man ihn auf, springt er höher. Kühlt man ihn ab, hat er einen flacheren Absprung. Die perfekte Ballwärme ist abhängig von der jeweiligen Bahn und vom Wetter.

    Die Spieler nehmen sich Kühlpacks oder einen Eimer Wasser zu Hilfe, reiben die Bälle in der Hand oder deponieren sie eben in einem Strumpf, den sie sich in die Hose stecken. „Nicht umsonst sagt man, dass der Ball ‚sackwarm‘ sein muss“, sagt Torsten Offner, Schatzmeister des Hamburger Minigolf-Clubs. Jede Mannschaft reist mit einem Container an, in dem sich 2000 bis 3000 Bälle befinden. Die Bundesliga hat nicht mehr viel mit dem herkömmlichen Minigolf zu tun, das die meisten Freizeitspieler kennen. Nach einem Spieltag, der bis zu acht Stunden dauert, sind die Spieler platt und ausgelaugt. Nicht weil es sportlich so anspruchsvoll ist, sondern weil die Konzentration über eine lange Zeit konstant hochgehalten werden muss.

    Der Favoritenmannschaft von Hardenberg-Pötter aus dem Ruhrgebiet gelang dies am Ende des Spieltags mit 661 Schlägen am besten. Die Herren des Niendorfer MC sind mit insgesamt 697 Versuchen Dritter geworden und haben in der Tabelle ebenfalls den dritten Platz vor dem entscheidenden letzten Spieltag gefestigt. Damit hat das Hamburger Team eine gute Chance auf die Teilnahme an der deutschen Meisterschaft vom 13. bis 16. Juli in Herne.

    Geld kann man als Minigolfer nicht verdienen. Stöckle ist hauptberuflich Projektassistent und kommt wegen seines zeitintensiven Jobs so gut wie nie zum Trainieren. Trotz aller Professionalität ist es nicht dramatisch, wenn doch einmal ein Sandkorn an der falschen Stelle liegt.