Berlin. Der Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa fürchtet keine Sperre durch die Ethikkommission. Sein umstrittener Amtsvorgänger beteuert, er habe sich nicht bereichert

    Gianni Infantino weilte am Wochenende zum Auftakt der Südamerika-Meisterschaft in Kalifornien. Für den gerade einmal 100 Tage regierenden Fifa-Präsidenten war es ein willkommener Termin fernab der Heimat. Passenderweise hatten ihn seine Mitarbeiter beim Weltverband mit der Veröffentlichung der offensichtlich korrupten Machenschaften von Vorgänger Joseph Blatter und Co. etwas aus den Negativ-Schlagzeilen gebracht.

    Es war nach all den Anschuldigungen der jüngsten Tage über seine angeblich unsaubere Amtsführung eine Art Gegenoffensive, die Infantino in einem Interview mit mehreren Schweizer Medien fortführte. Zugleich bekräftigte er, dass er seinen Vertrag und sein zukünftiges Gehalt offen legen werde. „Ich habe versprochen, dass ich stets mit offenen Karten spielen werde. Ich werde transparent kommunizieren, sobald ich ihn unterschrieben habe. Sie werden sehen, dass es weniger sein wird als zwei Millionen Franken“, sagte Infantino unter anderem den Zeitungen „Le Matin Dimanche“ und „Sonntagszeitung“.

    Damit reagierte der Präsident des auf Anschuldigungen, wonach er in einer Sitzung beim Kongress in Mexiko im Mai gesagt haben soll, dass sein Gehalt eine Beleidigung sei. „Meine Gegner wollen mich als geldgierig darstellen, das ist absurd. Ich habe nichts gestohlen“, sagte der Schweizer. Zugleich wies er Anschuldigungen zurück, wonach er die Löschung der Audio-Dateien von der besagten Sitzung angeordnet habe. „Leider haben wir eine illegale Kopie innerhalb der Administration entdeckt. Ich kann Ihnen versichern, das Original ist in guten Händen und steht den zuständigen Behörden zur Verfügung.“ Er behalte sich das Recht vor, Anzeige wegen Diebstahls zu erstatten.Das würde den Schweizer Behörden weitere Arbeit verschaffen. Die Ermittler haben gerade erst wie auch die US-Justiz die Ergebnisse der internen Untersuchung der FIFA zum System Blatter erhalten. Demnach sollen sich Blatter, Ex-Generalsekretär Jérôme Valcke und dessen im Mai entlassener Stellvertreter Markus Kattner allein zwischen 2010 und 2015 um mehr als 79 Millionen Franken (71,3 Millionen Euro) bereichert haben. Es geht um WM-Bonuszahlungen, Gehaltserhöhungen und rechtswidrige Vertragsabschlüsse, von denen nur ein kleiner Kreis Kenntnis hatte. Der bereits von der Ethikkommission für sechs Jahre gesperrte Blatter wies die Vorwürfe zurück. „Es ist alles sauber und fair gewesen, wie schon mein Anwalt Richard Cullen klarstellte“, sagte der 80-Jährige. Cullen verglich die Zahlungen „mit Entschädigungen von Chefs großer Sportligen“.

    Laut der Fifa wurden die Verträge teilweise gegenseitig bewilligt. Auch die Unterschriften des 2014 verstorbenen Finanzchefs Julio Grondona, des zuletzt noch als Interimspräsident tätigen Issa Hayatou und des gerade zurückgetretenen Chefaufsehers Domenico Scala tauchen auf. Für Infantino ein willkommener Grund, Scala zu attackieren. Ob der bisherige Vorsitzende der Audit- und Compliance-Situation vom System Blatter gewusst haben müsste, habe er sich auch lange gefragt. „Vielleicht liegt ein Teil der Antwort in den Vermerken bei den Verträgen, die er genehmigt hat“, sagte Infantino.

    Infantino befürchtet derweil nicht, dass die Fifa-Ethikkommission gegen ihn tätig werden könnte. „Ich bin total ruhig und genau so stark wie die Berge in meiner Heimat Wallis“, sagte er. DFB-Chef Reinhard Grindel verlangt von der Fifa, die nach deren Angaben zu Unrecht gezahlten Bonifikationen von Blatter und dessen ehemaligen Führungskollegen zurückzufordern. „Ich erwarte von der Administration auch, die Gelder zurückzuholen. Sie gehören dem Fußball und nicht den drei Funktionären“, sagte Grindel am Rande des deutschen Fußball-Länderspiels gegen Ungarn dem ZDF. „Ich bin entsetzt über die Summen, die da genannt werden“, betonte Grindel.