Hamburg. Edeka-Vorstandschef Markus Mosa und Rothenbaum-Turnierdirektor Michael Stich über Chancen und Probleme des Sponsorings.

Das Kaufmannsehepaar Clausen hat am Wiesendamm eine Einkaufswelt geschaffen, die mit dem herkömmlichen Konzept eines Supermarkts nur noch am Rande zu tun hat. Kein Wunder also, dass der genossenschaftlich organisierte Unternehmensverbund Edeka, der seine Zentrale in der City Nord hat, aus den rund 4000 bundesweiten Märkten den der Clausens ausgewählt hat, um ihren Vorstandsvorsitzenden Markus Mosa, 48, mit Rothenbaum-Turnierdirektor Michael Stich, 47, zum Gespräch über die Chancen und Schwierigkeiten des Sportsponsorings in Hamburg zusammenzubringen.

Hamburger Abendblatt: HSV-Handballer, Aurubis-Volleyballerinnen, zuletzt auch noch das Eishockeyteam der Freezers – Hamburgs Image als Sportstadt hat mit dem Wegfall dreier Profiteams schwer gelitten. Leiden Sie mit?

Markus Mosa: Natürlich. Ich sehe die Verantwortung aber nicht allein bei der Stadt. Auch die Unternehmen und die Sportveranstalter müssen dazu beitragen, ein attraktives Umfeld für Leistungssport zu schaffen. Hamburg steht im Wettbewerb mit Städten wie Berlin, München und Köln, attraktive Angebote auf allen Feldern sind deshalb wichtig. Im Sport droht Hamburg den Anschluss zu verlieren.

Michael Stich: Die Politik ist nicht dafür verantwortlich, dass Sport stattfindet, aber sie muss das Umfeld schaffen. Meine größte Kritik ist, dass die Stadt die Bedeutung des Sports zu wenig herausarbeitet und man generell zu wenig darüber kommuniziert. Dennoch hat das Aus der Handballer, Freezers und Volleyballerinnen nur bedingt mit dem Konzept der Sportstadt zu tun. Die Lehre aus allen drei Fällen ist doch, dass man sich nicht nur auf ein Standbein stellen darf.

Sie versuchen am Rothenbaum seit Jahren, das Sponsoring auf viele verschiedene Partner zu verteilen, können es deshalb auch verkraften, dass noch kein Nachfolger für den im vergangenen Jahr ausgestiegenen Titelsponsor bet-at-home gefunden ist. Dennoch erleben auch Sie oft, wie mühsam die Suche nach neuen Geldgebern ist. Warum ist das so?

Stich: Weil sich das Sportsponsoring verändert hat. Früher hat man ein Paket angeboten, und dafür gab es eine bestimmte Summe. Heute ist es ein partnerschaftliches Miteinander, bei dem man den Unternehmen maßgeschneiderte Angebote unterbreitet. Wir müssen weg vom Mäzenatentum und lernen, dass wir als Veranstalter ein individuelles Produkt anbieten. Es ist wie in einem Supermarkt, durch den der Sponsoringpartner geht und sich aus den Regalen das heraussucht, was ihn interessiert, und nur dafür auch bezahlt. Das ist harte Arbeit, die ist mühsam. Aber wenn man es richtig macht, kann man für beide Seiten einen Mehrwert schaffen.

Mosa: Das war auch der Grund, warum wir uns entschieden haben, am Rothenbaum als Premiumsponsor und Ernährungspartner einzusteigen. Wir werden täglich mit Anfragen kontaktiert, alle großen Hamburger Veranstalter waren bei uns. Aber das Paket, das uns Michael Stich und sein Team angeboten haben, war perfekt vorbereitet, weil man sich komplett auf uns eingelassen hat und uns ermöglicht, unserem Konzept entsprechend das umzusetzen, was uns wichtig ist, um unsere Botschaften zu transportieren.

Im Fußball heißt es, die Traditionsvereine hätten es im Wettbewerb mit den modernen Emporkömmlingen schwer. Warum hat Edeka sich dann für das traditionsreichste deutsche Tennisturnier entschieden und nicht für eins dieser hippen Mitmachevents, für die Hamburg auch steht?

Mosa: Wir sind Partner der deutschen Olympiamannschaft für ausgewogene Ernährung, das ist unser Beitrag für den Leistungs- und Breitensport als gesamtgesellschaftliche Bewegung. Wir schauen ganz genau, was zu unserer Philosophie passt. Vereinssponsoring fällt weg, weil wir als Edeka-Zentrale überregional agieren. Sportarten mit auffälligen Problemen beim Thema Doping sind für uns ebenfalls tabu, weil das zu ausgewogener Lebensweise, die wir unterstützen, gar nicht passt. Die Partnerschaft mit dem Rothenbaum ist Standortkommunikation, weil wir denken, dass der Rothenbaum Hamburg einfach guttut. Tennis ist ein Sport für alle Generationen, der für die Begeisterung an Bewegung, Fairness, Gemeinsamkeit, aber auch für persönlichen Leistungsanspruch steht. Das passt sehr gut zu unserem Unternehmen.

Warum übernehmen Sie dann nicht das Titelsponsoring und nennen das Turnier Edeka German Open?

Mosa: Weil wir nicht vorrangig darauf aus sind, unsere Bekanntheit national und international zu steigern. Uns ging es nicht um die schlichte Formel Kontakte für Geld, wir wollten das umsetzen, wofür wir stehen. Und das können wir am besten als Partner für ausgewogene Ernährung am Rothenbaum.

Zuletzt wurde in Hamburg und anderen deutschen Städten wie zum Beispiel Stuttgart die Einrichtung eines Sponsorenpools für Bundesligaclubs außerhalb des Fußballs diskutiert, aus dem sich in Not geratene Vereine oder Veranstalter bedienen könnten. Wäre das für Sie ein Lösungsansatz?

Mosa: Für Edeka wäre das nichts, einfach nur in solch einen Pool einzuzahlen, denn wenn man nicht genau weiß, was man für sein eingesetztes Geld bekommt, dann rechnet man doch wieder nur Euro gegen Sichtbarkeit. Und genau das wollen wir nicht.

Stich: Ich hielte das auch nicht für sinnvoll, denn dann gäbe es einige, die sich darauf ausruhen, nach dem Motto: Wenn ich keinen Sponsor finde, hilft mir der Pool. Meine Vision ist, dass die Handelskammer alle ihre Partnerunternehmen verpflichtet, einen festen Betrag für den Sport zu spenden. Wenn dieses Geld unter klar definierten Richtlinien transparent verwaltet und verteilt werden würde, könnte daraus etwas entstehen, das einen Nutzen für die Gemeinschaft hat.

Würde es Unternehmen grundsätzlich helfen, wenn es eine zentrale Anlaufstelle gäbe, die Angebote für Sportsponsoring bündelt und damit auf potenzielle Investoren zugeht?

Mosa: Nein, weil ich nicht glaube, dass man so etwas verwalten könnte. Da kommt es schon auf die Kompetenz und Eigeninitiative jedes Veranstalters oder Vereins an. Und natürlich spielen am Ende auch persönliche Präferenzen eine Rolle. Was mir wichtig ist: dass solche Gespräche Chefsache sind. Daran kann man erkennen, welche Prioritäten gesetzt werden.

Stich: Ich wiederhole gern das, was ich seit einigen Jahren sage: Der Sport muss in der Stadt grundsätzlich eine größere Bedeutung bekommen, und zwar mit der Ernennung eines Senators, der nur für Sport zuständig ist, und der Aufstockung des für den Sport tätigen Personals. Zusätzlich müssen die, die aus dem Sport kommen und sich damit auskennen, die Kommunikation mit den interessierten Unternehmen intensivieren und einen Kreis schaffen, der sich regelmäßig austauscht. Darüber entsteht dann ein Netzwerk, das alle nutzen können. Ob ein Unternehmen dann bei uns einsteigt, beim Springderby oder dem Triathlon, das ist letztlich nicht entscheidend. Wichtig ist nur, dass Unternehmen einsteigen, denn davon profitiert der gesamte Sport. Ein solches Umdenken wünsche ich mir.