Hamburg . St. Paulis Kultfigur verkündet ihren Abschied per Facebook. Sportchef Meggle: „Zusammenarbeit vorerst beendet“

    Hätte es noch eines Beweises für den Status von Fabian Boll am Millerntor bedurft, der Sonnabend lieferte ihn. Fußball-Deutschland verfolgte gespannt das Gipfeltreffen der Giganten Bayern München und Borussia Dortmund im Finale des DFB-Pokals, als sich um 21 Uhr das größte Idol der jüngeren Vereinsgeschichte des FC St. Pauli verabschiedete. „(Vorerst) letzte Mission in braun-weiß erfüllt! Klassenerhalt vor einer echt geilen Kulisse eingetütet. Um es kurz zu machen: Vielen Dank für die letzten 14 Jahre!! Ich werde gern zurückblicken. Es gab viel zu Lachen und einiges zu Weinen. Tschüss erstmal FCSP. #17 P.S. Man sieht sich immer zweimal im Leben – mindestens“, postete Boll auf seiner Facebook-Seite.

    Das 3:1 gegen Havelse, mit dem die U 23 am Nachmittag vor 1263 Fans den Klassenerhalt in der Regionalliga realisierte, war also nicht nur Bolls letztes Spiel als Co-Trainer der zweiten Mannschaft, sondern sein letzter Einsatz überhaupt in einer Funktion für den FC St. Pauli. Im Handumdrehen verlor das Duell Dortmund gegen Bayern für viele St. Paulianer an Bedeutung. Mehr als 1000 Menschen nahmen bis Mitternacht durch Kommentare oder Emotion-Buttons Anteil am Abschied ihres Lieblings. Ihre häufigsten Fragen: Warum muss Boll gehen? Und weshalb wird er nicht mindestens standesgemäß verabschiedet? Auch Sportchef Meggle wurde infrage gestellt.

    Im Rahmen der Alles-oder-nichts-Partie gegen Havelse war offiziell von einer Demission Bolls nicht die Rede. Dabei knirschte es seit Monaten bedenklich in der Kommunikation zwischen den Vereinschefs und seiner Kultfigur. Dass Bolls Vertrag nicht verlängert würde, war ein offenes Geheimnis (Abendblatt berichtete). Nach Abendblatt-Informationen befanden sich Sportchef Thomas Meggle und Boll nicht auf einer Wellenlänge. Kleine Zeichen machten dies sogar nach außen deutlich: So vergab Meggle Bolls Trikot mit der Nummer 17 im Gegensatz zur Ankündigung des Vereins erneut. U-23-Abwehrspieler Davidson Eden erhielt es. Meggle und Präsident Oke Göttlich distanzierten sich in einem Abendblatt-Interview vorsichtig von der Heldenverehrung durch die Fans. Bolls Hoffnung, in absehbarer Zeit Cheftrainer der U 23 zu werden, zerschlug sich. Dafür fehlte ihm auch die nötige A-Lizenz. Den Posten als U-23-Cheftrainer bekleidet seit knapp zwei Jahren Remigius Elert. Der Coach, ebenfalls auf dem Prüfstand, wurde nach der Havelse-Partie zur Zusammenarbeit mit Boll befragt, da Meggle nur „eine Analyse der Gesamtsituation der U 23 und eine Entscheidung in der nächsten Woche“ angekündigt hatte. Elert verwies ebenfalls auf den Analyse-Bedarf, lobte seinen Co-Trainer danach in höchsten Tönen.

    „Er hatte hier für jeden ein offenes Ohr und ein offenes Herz. Fabian Boll hat einen großen Einsatz für den FC St. Pauli gebracht. Er ist eigentlich über jeden Zweifel erhaben“, sagte Elert. Bolls selbstständig veröffentlichter Rückzug am Abend durchkreuzte schließlich die Maßgabe des Vereins, eine einvernehmliche Erklärung herauszugeben,

    Die wurde am Sonntagmorgen nachgeliefert. Der Verein sah sich offenbar zum Handeln gezwungen und veröffentlichte eine Pressemitteilung. Tenor: Fabian Boll sei nicht für immer weg. „Wir schätzen Bollers Arbeit als Co-Trainer der U 23 sehr. Wir konnten ihm aber derzeit kein Angebot unterbreiten, das seinen Wünschen und Fähigkeiten entsprach. Daher haben wir uns darauf verständigt, die Zusammenarbeit vorerst zu beenden“, so Thomas Meggle in der Erklärung. Boll erhalte zudem Hilfe bei der Karriereplanung.

    Boll seinerseits bestätigte in der Pressemitteilung seine Ambitionen auf eine Trainerkarriere. Fortbildungen und Hospitationen stünden nun auf dem Programm. Der Abschied vom FC St. Pauli sei kein endgültiger. Boll: „Da wir jetzt noch keine Lösung finden konnten, möchte ich mir erst einmal eine Auszeit bei meinem Herzensverein nehmen.“ Ob die Clublegende trotz des nun geschlossenen Burgfriedens unter der Konstellation Göttlich/Meggle die Chance auf eine Rückkehr hat, darf stark bezweifelt werden. Für eine Stellungnahme war Boll am Sonntag für das Abendblatt nicht zu erreichen. Zu verarbeiten hat er nun einen missglückten Abgang vom FC St. Pauli.