Augsburg/HamburG. Der HSV freut sich über ein versöhnliches 3:1, Mathenia, Wood und viele Millionen. Und nun soll alles noch viel besser werden. Mal wieder.

    Bruno Labbadia musste sich am Pfingstmontag konzentrieren. Wer denn überhaupt noch beim Wir-lassen-die-Saison-in-der-Provinz-austrudeln-Spiel in Celle am Nachmittag dabei sei, wurde der Trainer im Bauch des Volksparkstadions am Mittag gefragt. Der Coach kratzte sich am Kopf, rechnete in Gedanken nach und antwortete: „Zehn Profis sind wir wohl noch. Oder neun.“

    Immerhin elf Profis hatte der Coach auch zwei Tage zuvor noch gefunden, die nach einer turbulenten Woche beim Saisonfinale gegen den FC Augsburg auf dem Rasen stehen wollten. Und zur Überraschung vieler haben diese elf Hamburger ihre Sache dann doch sehr viel besser gemacht, als man es nach Tagen voller Pleiten, Pech und Pannen erwarten konnte. „Die letzte Woche hat sich einfach scheiße angefühlt“, gab Nicolai Müller offen, ehrlich und sehr derbe zu – allerdings erst, nachdem er und seine Kollegen das letzte Spiel der Saison mit 3:1 gegen den FC Augsburg gewonnen hatten. „Der letzte Eindruck bleibt hängen. Deswegen wollten wir unbedingt gewinnen“, sagte Müller, der seinen neunten Saisontreffer erzielen konnte und sich damit interner Torschützenkönig nennen durfte: „Natürlich ist das ein schönes Gefühl. Mit dem Sieg ist erst einmal vieles andere vergessen.“

    Vieles, aber eben nicht alles.

    „Wir hätten mehr Punkte holen können“, sagte Labbadia zwei Tage nach dem letzten Spiel der 53. Bundesligasaison, die der HSV als Tabellenzehnter abschloss, „wir hätten aber auch da stehen können, wo der VfB Stuttgart jetzt steht.“

    Tatsächlich war allen Hamburgern am Pfingstwochenende deutlich die Erleichterung anzumerken, dass sie diese erneut sehr holprige Saison eben nicht wie der gerade abgestiegene VfB beendet hatten. „Die Tabelle lügt nie“ floskelte Müller, dem Clubchef Dietmar Beiersdorfer mathematisch zu Hilfe: „Wir sind von 27 Punkten vor zwei Jahren gekommen, haben 35 Punkte im letzten Jahr geholt und jetzt 41 Punkte“, rechnete er vor. Man müsse das Erreichte doch auch im Zusammenhang mit den vergangenen zwei Jahren, in denen der HSV dem Tod nur denkbar knapp von der Schippe gesprungen war, sehen: „Für den einen oder anderen mögen das nun zu kleine Entwicklungsschritte sein“, so Beiersdorfer. „Aber wir sind zufrieden.“

    Nun gibt es bekanntlich verschiedene Grade von Zufriedenheit. Im Fall des HSV dürfte die tatsächliche Zufriedenheit über eine Saison, in der man den Klassenerhalt erst am vorletzten Spieltag durch einen erschütternden Auftritt gegen den VfL Wolfsburg ohne eigenes Zutun feiern durfte, relativ sein. Und so machte Beiersdorfer am Wochenende auch kein Geheimnis daraus, dass sich – mal wieder – vieles in den kommenden Wochen in Hamburg ändern müsse. „Wir freuen uns auf die nächsten Schritte“, sagte der Clubchef.

    Dass Milliardär Klaus-Michael Kühne bei diesen nächsten Schritten eine zentrale Rolle einnehmen wird, gilt mittlerweile als sicher. „Ich saß mit Herrn Kühne zusammen, und wir haben über die Zukunft des HSV gesprochen“, berichtete Beiersdorfer über sein Treffen am Freitag mit dem Unternehmer auf Mallorca, an dem erneut auch der Aufsichtsratsvorsitzende Karl Gernandt (praktischerweise CEO von Kühne & Nagel) und Berater Volker Struth dabei waren.

    „Jeder weiß, dass Herr Kühne auch in der Vergangenheit immer an der Seite des HSV war und uns beigestanden hat“, sagte Beiersdorfer, der sich nur bei der Frage nach der genauen Form einer erneuten Millionen-Partnerschaft in Zurückhaltung übte: „Darüber möchte ich keine Angaben machen.“

    Unabhängig davon, ob Kühne weitere Anteile kauft oder dem HSV ein erneutes Darlehen gewährt, konnte der Club am Tag nach dem Saisonfinale den ersten Zugang vermelden: Wie seit Wochen vermutet kommt Union Berlins Stürmer Bobby Wood, der einen Vertrag bis 2020 unterzeichnete, für 3,5 Millionen Euro. In 31 Zweitligaspielen hat der gebürtige Hawaiianer 17 Treffer erzielt. „Hamburg hat ein sehr großes Potenzial“, sagte der US-Nationalspieler am Sonntag dem Abendblatt, ehe er zu den Vorbereitungen der Copa América (3. bis 26. Juni) im eigenen Land reiste. „Ich will mit den Hamburgern Schritt für Schritt nach oben.“

    Drobny-Nachfolger Christian Mathenia kommt heute nach Hamburg

    Gleiches gilt auch für den Noch-Darmstädter Torhüter Christian Ma­thenia, der für 800.000 Euro verpflichtet und im Laufe dieses Dienstags in Hamburg erwartet wird, und für Abwehroldie Emir Spahic, der ebenfalls unbedingt in Hamburg bleiben möchte. „Emir will das sehr gerne machen“, sagte Bruno Labbadia nach einem Vieraugengespräch. Allerdings soll die von Labbadia und Spahic erhoffte Verlängerung noch an einem letzten Gespräch mit Neu-Sportchef Beiersdorfer hängen, in dem es noch im Kleinen um den finanziellen Rahmen geht.

    Der finanzielle Rahmen im Großen soll dagegen erst in den kommenden Wochen abgesteckt werden. So hängt die weitere Kaderplanung maßgeblich davon ab, ob sich Kühne tatsächlich noch einmal millionenfach beteiligt. Plötzlich könnte auch Feyenoord Rotterdams Tony Vilhena, der mehrfach vom HSV beobachtet wurde und mit dem bereits mehrere Gespräche geführt wurden (das Abendblatt berichtete), dank Kühne erneut zum Thema werden. Bislang galt der AC Mailand stets als Favorit für eine Verpflichtung des 21 Jahre alten Mittelfeldmanns, doch weil sich die Verhandlungen hinziehen, soll Vilhena auch wieder einen Wechsel nach Hamburg ins Auge fassen. Ähnliches gilt für Genks Wilfred Ndidi, mit dem sich der HSV ebenfalls schon seit Monaten beschäftigt.

    Beide hätte der HSV schon am Montag gut gebrauchen können. Doch auch mit gerade mal sieben Profis, die mit einigen U-23-Fußballer verstärkt wurden, konnte der HSV den TuS Celle mit 5:0 bezwingen. Am Ende durfte sich sogar „Keine Eier“- Torwart Jaroslav Drobny in die Torschützenliste eintragen. Ende gut, alles mal sehen.

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