Janni ist nicht nur Kollege – er ist ein Freund. Bis vor ein paar Tagen. Kaum hatte der HSV das rettende Bundesligaufer erreicht, griff er zu großen Jaucheeimern und schüttete kübelweise Hohn und Spott aus. „Viel Spaß in der Relegation“, „Trainergott Skripnik“ oder „Halte dir ab August die Montagabende frei“ waren noch harmlose Attacken. Die Monate, nein Jahre zuvor war Janni handzahm gewesen, devot. Vier Relegationskrimis hatten ihn Demut gelehrt. Und Respekt vor Grün-Weiß.

    Aus. Schluss. Vorbei.

    Auch andere (Sports-)Freunde krabbelten aus dem Keller empor. Sascha frohlockte, ob vor dem Abstiegsmatch des ruhmreichen SV Werder schon der Angstschweiß rinne. Stephan schickte eine Mail mit den Bremer Stadtmusikanten – mit dem Hahn nicht ganz oben, sondern auf dem Boden stehend: „Ich wollte mal ausprobieren, wie sich der Abstieg anfühlt.“ Frankie, ob latenter Angstzustände um seinen HSV mehr Bibber- als Rothose, schrieb: „Frankfurt ist mein Lieblingsverein.“ Christof, aus passendem Grund „Die Made“ genannt, fragte scheinheilig, wie weit es von Bremen nach Heidenheim sei.

    Kurz gesagt: Als Hamburger Fußballfan mit Bremer Wurzeln hat man es nicht leicht in diesen Tagen. Denn mittlerweile vier Jahrzehnte an der Elbe haben die Liebe zu Hamburg manifestiert, eines jedoch konnten sie keinesfalls bewirken: Sympathien für den HSV. Als der SV Werder Titel in Serie einspielte, am Volkspark indes permanent graumäusige Tristesse herrschte, brachten Frotzeleien anfangs gewinnende Erlebnisse.

    Das Schicksal der Rothosen war so bemitleidenswert, dass es unter der Würde eines aufrechten, hanseatischen Werderanhängers war, sich an dem Elend zu weiden. Auch wenn die Bremer, na gut, einen leichten Durchhänger haben, hat sich an diesem Tatbestand nichts geändert: Werder kann ein Spiel nach dem anderen verlieren und oft schaurig bolzen, aber Burlesken der HSV-Machart gibt es an der Weser nicht. Und in der kommenden Saison? Da wird Werder wieder beide Nordderbys gewinnen. Denn, zugegeben, ohne den HSV wäre das Bundesligaspiel stinklangweilig – ohne Werder auch.

    PS: Natürlich bin ich Sonnabend Richtung Weserstadion unterwegs, wie so oft in den vergangenen 40 Jahren. Block 107, Reihe 3. Fertigmachen zum Jubeln! Nur wirklichen guten Freunden gestehe ich: Die Angst fährt mit. Größer als der Bammel vor einer Niederlage gegen Frankfurt ist die Furcht vor der Heimkehr nach Hamburg. Weil hier gute Freunde warten, von Häme und Niedertracht getrieben.

    Seite 32 Das Abstiegsfinale der Bundesliga