Hamburg. Die Tennisdamen des Clubs an der Alster bestreiten am Sonntag das erste Bundesliga-Heimspiel ihrer Vereinsgeschichte.

Den Erstligaauftakt hatten sich die Tennisdamen vom Club an der Alster anders vorgestellt: Am Donnerstag kassierten die Hamburgerinnen in ihrer ersten Bundesligasaison eine 1:8-Klatsche beim Titelaspiranten TC Rot-Blau Regensburg. Wer vor der Partie einen Blick auf die Aufstellungen beider Teams warf, hätte den Ausgang erahnen können. Regensburg ist mit Topspielerinnen wie Australian-Open-Siegerin Angelique Kerber (Kiel), Julia Görges (Bad Oldesloe) und Karolina Pliskova (Tschechien) gespickt.

Da die Profitour jedoch vorgeht, sind Einsätze der „Big Names“ in der Bundesliga selten sicher. Dass Görges als Weltranglisten-57. für Regensburg auflaufen konnte, lag an ihrem frühen Aus in der Qualifikation zum WTA-Turnier in Madrid. Auch Alster profitierte davon, dass seine Nummer eins, die Weltranglisten-33. Barbora Strycova aus Tschechien, in Spaniens Hauptstadt nach ihrem Sieg über Kerber in der zweiten Runde gescheitert war. Das Spitzenduell gegen Görges entschied Strycova mit 6:3, 6:3 für sich – und holte damit den Ehrenpunkt. Dass Alster ansonsten vor allem mit Nachwuchskräften auflief, war den parallel laufenden Profiturnieren geschuldet.

Aushängeschild Carina Witthöft ist derzeit noch beim mit 100.000 Dollar dotierten ITF-Event in Cagnes-Sur-Mer (Frankreich) als Titelverteidigerin im Turnier. Nur wenn sie ihr Halbfinale an diesem Sonnabend verliert, kann die 21-Jährige noch rechtzeitig einfliegen, um am Sonntag (11 Uhr) im ersten Heimspiel am Rothenbaum gegen den TC Karlsruhe Rüppurr aufzulaufen.

23 Damen aus den Top 100

Die Gäste haben in ihrem Kader deutsche Toptalente wie Annika Beck (Bonn) und Anna-Lena Friedsam (Neuwied) sowie Shootingstar Laura Siegemund (Filderstadt). Für die sieben Vereine aus Karlsruhe, Ratingen, Regensburg, Stuttgart, Moers, Hannover und Hamburg sind insgesamt 23 Damen aus den Top 100 der Welt gemeldet.

Alsters neuer Betreuer Sönke Capell, 45, ist von seinem Team überzeugt: „Wir haben als Aufsteiger einen sehr guten Kader. Aber wir sind bescheiden und wollen im ersten Jahr zunächst den Klassenerhalt schaffen. Im zweiten Jahr greifen wir an.“ Mit dem Aufstieg gelang Alster Historisches: Noch nie spielte ein Hamburger Damenteam in der Ersten Liga. Im Herrenbereich zog zuletzt der Klipper THC 1987 in der höchsten Spielklasse mangels Sponsoren zurück. Für Klipper war der Teenager Michael Stich am Ball.

Bei den Alsteranerinnen soll auch in der Ersten Liga der norddeutsche Charme erhalten bleiben: Mit dem Wentorfer Geschwisterpaar Carina und Jennifer Witthöft, der namhaften Neuverpflichtung Mona Barthel aus Neumünster, dem Alster-Eigengewächs Lisa Matviyenko und der jungen Braunschweigerin Vinja Lehmann stehen fünf Nordlichter auf der Meldeliste. Betreuer Capell ist selbst auch Neumünsteraner und Barthels Tour-Coach.

Ob es während der Saison so norddeutsch zugeht wie angekündigt, bleibt abzuwarten. Gegen Regensburg durften Jennifer, 23, die auf Rang 57 in der deutschen Rangliste geführt wird, Matviyenko und Lehmann etwas Bundesligaluft schnuppern. Barthel, die Weltranglisten-68., litt zuletzt drei Monate an einer rätselhaften Viruserkrankung und konnte seit den Australian Open im Januar kein Match bestreiten. „Wir wären froh, wenn sie gegen Ende der Saison dabei ist“, sagt Capell.

Postergirl des Clubs ist die jüngere der Witthöft-Schwestern, die ihre mündliche Zusage für mindestens drei Spiele gegeben hat. Seit ihrem 13. Lebensjahr spielt sie für Alster. „Carina zählt zu den großen deutschen Talenten. Sie ist ein Clubkind, damit können sich die Menschen identifizieren“, schwärmt Jan-Christian Engelke, Tennisvorstand beim Club an der Alster. Deswegen strahlt auch nicht die an eins gemeldete Strycova von den Werbeplakaten, sondern Carina, die Nummer 85 der Welt. „Das Geschwisterpaar Witthöft zieht mehr als zehn Ausländerinnen. Sie sind mit der Grund, weshalb sich Alster überhaupt für das Bundesliga-Projekt entschieden hat“, erläutert Capell. Ein Projekt, das einen Etat von mindestens 100.000 Euro benötigt.

Was für einen hohen Stellenwert die Bundesliga für Alster hat, beweist nicht nur der Mut, Geld in die Hand zu nehmen. Beim Heimspiel gegen Titelverteidiger Ratingen am 29. Mai will Alster die Anlage am Rothenbaum nutzen, um einen neuen Zuschauerrekord in der Damen-Bundesliga aufzustellen, der bisher bei rund 2000 Tennisfans liegt. Es gibt Kooperationen mit Radio Hamburg, dem Hamburger Tennis-Verband und Porsche als Tagessponsor. 12.500 Fans passen auf den Centre-Court, der normalerweise der Schauplatz für das ATP-Turnier im Juli ist.

Ausverkauft war das Stadion zwar nicht einmal 2008, als sich Roger Federer und Rafael Nadal im Finale zum letzten Mal am Rothenbaum duellierten. Dass das Damentennis aber nach 14 Jahren Abstinenz auf jenen Platz zurückkehrt, wo einst Steffi Graf und Monica Seles beim WTA-Turnier in der Hansestadt aufschlugen, ist eine Bereicherung für die gesamte Bundesliga.