Hamburg. Vertrag mit dem Cheftrainer wird vorzeitig bis 2018 verlängert. Präsident Göttlich lobt: „Authentizität, Leidenschaft und Führungsstärke“

    Es war eine maximale Überraschung, als am 16. Dezember 2014 Ewald Lienen den kleinen Medienraum des St.-Pauli-Trainingszen­trums an der Kollaustraße betrat, um als neuer Cheftrainer des Kiezclubs vorgestellt zu werden. Niemand hatte damit gerechnet, dass mitten in einer englischen Woche, genauer einen Tag vor dem Auswärtsspiel beim damaligen Tabellenführer FC Ingolstadt, ein Trainerwechsel vollzogen wird. „Das war schon hardcore damals“, hat Lienen einmal zu der damaligen Aktion gesagt. Noch am Tag seiner Amtseinführung leitete Lienen das Abschlusstraining und begab sich mit dem Team auf die Reise nach Bayern. Dort gab es am Tag darauf eine 1:2-Niederlage.

    So hektisch und erfolglos der Einstand für Lienen war, so überzeugend war all das, was er in den nun fast 17 Monaten seither mit der Mannschaft des FC St. Pauli erreicht hat, auch wenn in den vergangenen Wochen die vage Hoffnung auf den Bundesligaaufstieg zerplatzte. Aus den bisher 49 Punktspielen unter Lienens Regie holte St. Pauli 74 Punkte, also im Schnitt 1,51 Punkte pro Partie.

    Noch viel wichtiger als diese Zahlen aber ist, dass Lienen praktisch ideal zum FC St. Pauli und der Kiezclub ebenso ideal zu Lienen passt. Dies nahm nun die Vereinsführung um Präsident Oke Göttlich zum Anlass, um den Vertrag mit dem Cheftrainer vorzeitig bis Ende Juni 2018 zu verlängern. Der bei seinem Amtsantritt unterzeichnete Kontrakt galt zunächst nur bis zum 30. Juni dieses Jahres, hatte sich aber durch den Klassenerhalt vor Jahresfrist bereits automatisch um ein Jahr bis Mitte 2017 verlängert.

    Jetzt also folgte die Ausdehnung des Kontraktes um ein weiteres Jahr zu einem relativ frühen, aber angesichts der positiven Entwicklung auch konsequenten Zeitpunkt. „Ewald Lienen hat mit Authentizität, Leidenschaft und menschlicher Führungsstärke ein Team geformt, welches den Klassenerhalt geschafft und in dieser Saison eine tolle Entwicklung genommen hat. Diesen Weg wollen wir weitergehen“, sagte Präsident Göttlich nach der Vertragsunterzeichnung. Und er blickte voraus: „Zudem wollen wir das, was Ewald Lienen und auch Thomas Meggle an der Kollaustraße strukturell um das Team aufgebaut haben, ambitioniert im Team kontinuierlich weiterentwickeln.“

    Der angesprochene Meggle, der im Zuge von Lienens Amtsübernahme vom Cheftrainer zum Sportchef und damit Nachfolger von Rachid Azzouzi wurde, sagte jetzt: „Die Zusammenarbeit mit Ewald in den letzten 18 Monaten lief absolut hervorragend, menschlich passt es sehr gut. Mit der vorzeitigen Vertragsverlängerung wollen wir ein Zeichen setzen, dass der FC St. Pauli mit Personen in verantwortungsvollen Positionen langfristig zusammenarbeiten möchte.“ Meggles Vertrag war kürzlich in einen unbefristeten Kontrakt umgewandelt worden, was ebenfalls ein Zeichen von Kontinuität darstellen sollte.

    „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mich sehr wohl fühle und sehr gerne hier im Verein mit den verantwortlichen Personen, aber auch den Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle und bei uns an der Kollaustraße zusammenarbeite“, sagte Trainer Lienen selbst. Trotz seiner 62 Jahre denkt der derzeit älteste Trainer im deutschen Profifußball noch längst nicht an Ruhestand. „Wenn ich nicht mehr Trainer sein will, würde das auch heißen, dass ich nicht mehr leben will“, hatte Lienen kürzlich einmal gesagt.

    Noch nicht verlängert worden sind die Verträge von Co-Trainer Abder Ramdane und Athletikcoach Janosch Emonts. „Mit den beiden sind wir in Gesprächen beziehungsweise werden wir demnächst Gespräche aufnehmen“, sagte Sportchef Meggle am Montag auf Anfrage des Abendblatts.