Hamburgs Topschwimmer wollen bei der deutschen Meisterschaft in Berlin den ersten Teil der Qualifikation für Olympia schaffen. Die Vorbereitung war holprig

    Petra Wolfram lacht über die Frage, ob zumindest sie selbst schon ihre Olympia-Akkreditierung beantragt und die Rio-Reise gebucht hat. „Wir Betreuer werden als Allerallerletzte nominiert“, sagt die Schwimmtrainerin des Bundesstützpunkts am Alten Teichweg in Dulsberg. Bei Olympischen Spielen würden nur vier bis fünf Schwimmcoaches mitgenommen, weniger als bei einer EM oder WM. Und das Kriterium sei nicht nur, aus welcher Trainingsgruppe sich wie viele Athleten qualifizieren, „sondern auch, wer die größten Medaillenchancen hat. Die Trainer von Paul Biedermann und Marco Koch kommen bestimmt mit.“

    Die 47 Jahre alte Lüneburgerin nimmt sich selbst nicht so wichtig, sie war außerdem 2008 in Peking schon einmal bei Olympia dabei. Aber für ihre Schützlinge geht es um Lebensträume und vier Jahre Trainingsqualen, wenn von Donnerstag bis Sonntag die 128. deutschen Meisterschaften in Berlin stattfinden, gleichbedeutend mit dem ersten Teil der Olympiaqualifikation.

    Die größten Hoffnungen aus der Trainingsgruppe machen sich Jacob Heidtmann, 21, (ST Stadtwerke Elmshorn), Steffen Deibler, 28, (Hamburger SC), und Jenny Mensing, 30 (SC Wiesbaden). „Aber unsere Vorbereitung war holprig“, sagt Wolfram, „besonders Steffen hatte viele Krankheitsausfälle.“

    Deibler, schon 2008 in Peking Teilnehmer und in London 2012 Vierter über seine Paradedisziplin 100 Meter Delfin, war im zwölftägigen Trainingslager im türkischen Belek im März fast nur krank. „Fieber stand nicht auf meinem Trainingsreiz-Wunschzettel“, beschwerte er sich auf seiner Facebookseite. „Ich glaube, ich habe noch in keinem Trainingslager meiner Karriere so wenig trainiert, und es hat mich ehrlich beeindruckt, wie schnell und hart einen Fieber umhauen kann.“ Deibler ist nach seinem abgeschlossenen Studium der Umwelttechnik nun Vollprofi. Und eigentlich war er nie so krankheitsanfällig wie sein jüngerer Bruder Markus.

    Der Swim-Cup in Eindhoven vor einem Monat kam für Steffen Deibler noch zu früh. Heidtmann dagegen überzeugte bei der DM-Generalprobe in den Niederlanden. Der Politikstudent aus Elmshorn gilt als sicherster Olympiakandidat. Er kam nahezu optimal durch die Vorbereitung, die mit dem Trainingslager im Januar im thailändischen Urlaubsort Phuket begann.

    In der Berliner Schwimm- und Sprunghalle im Europa-Sportpark hat Heidtmann gemeldet über die 400 Meter Lagen, über die er Titelverteidiger ist, die 200 Meter und 400 Meter Freistil. Er müsste für seine erste Olympiateilnahme Erster oder Zweiter werden, dabei die Norm schwimmen und diese in den Wochen danach auf der Mare-Nostrum-Tour oder bei den German Open (ebenfalls in Berlin) bestätigen.

    Die routinierte Rückenschwimmerin Jenny Mensing war bereits in London 2012 dabei. Und sie wurde im gleichen Jahr schon Europameisterin über 100 Meter Rücken und in der Lagenstaffel mit Britta Steffen. Sie ist die Zugereiste in der Trainingsgruppe. Die gebürtige Berlinerin ist als Polizeikommissarin in Hessen in der dortigen Sportfördergruppe angestellt – wie auch die Hochspringerin Ariane Friedrich. Deshalb startet Mensing weiter für den SC Wiesbaden, obwohl sie seit gut einem Jahr bei Wolfram trainiert.

    Und dann sind da noch die zwei Toptalente in der Trainingsgruppe: Maxine Wolters, 16 (SG Bille), und Ramon Klenz, 18 (Hamburger SC). Beide haben olympiaerfahrene Mütter: Marion Wolters schwamm, noch unter dem Namen Zoller, in Barcelona 1992. Die aus Leipzig stammende Sabine Klenz (geborene Herbst) zog in Atlanta 1996 und in Sydney 2000 ihre Bahnen.

    „Maxine und Ramon werden perspektivisch für Olympia in vier Jahren in Tokio aufgebaut“, sagt Wolfram. In Berlin gehe es für die Youngster vor allem darum, sich für die Junioren-EM in Hodmezovasar (Ungarn, 6. bis 10. Juli) zu qualifizieren. „Maxine hat schon eine ganz, ganz kleine Chance auf Rio“, sagt ihre Trainerin. Die Zwölftklässlerin der Eliteschule des Sports lag in der vergangenen Woche mit einem bakteriellen Infekt flach, „aber jetzt bin ich wieder voll fit“, sagt sie. Wolters müsste über ihre Lieblingsstrecke 200 Meter Lagen ihre Bestzeit am Sonntag um vier Zehntel verbessern. Sie hält das durchaus für realistisch. „Wenn sich eine Chance bietet, will ich sie nutzen“, sagt der Teenie unbeschwert. „Rio ist mein Traum.“ Der Sehnsuchtsort ist das Olympic Aquatics Stadium in Rios mondänem Stadtteil Barra. Petra Wolfram käme natürlich auch gern mit.