Hamburg. Die Baseballer der Hamburg Stealers starten am Wochenende gegen Hannover in die Heimsaison. Die Mannschaft ist der Star.

Der Ball rast auf mich zu. Fokussieren und durchschwingen. Das ist alles, was in diesem Augenblick durch meinen Kopf schwirrt. Dann höre ich endlich das Geräusch, auf das ich unzählige vergebliche Versuche gewartet habe: Klack! Der Ball fliegt hoch in die Luft – müsste ein Homerun sein. Ein atemberaubendes Gefühl. Wie befriedigend es doch sein kann, einen Gegenstand mit einer Keule möglichst hart in die Umlaufbahn zu befördern! Ist vermutlich in den Urinstinkten des Menschen verankert. Warum applaudiert eigentlich niemand?

In Wirklichkeit ist der Ball nach nur 20 Metern wieder auf dem harten Boden der Tatsachen, in diesem Fall ein gepflegtes Grün, gelandet. Mein Bewegungsablauf sei noch „ausbaufähig“, wird mir rückgemeldet.

Häufiger klacken wird es am Sonnabend (15 Uhr, Ballpark Langenhorst), wenn die Hamburg Stealers beim ersten Heimspiel der jungen Baseball-Bundesligasaison gegen die Hannover Regents antreten. Nach der ausgeglichenen Bilanz beim ersten Spieltag am vergangenen Wochenende in Solingen (Cheftrainer Jens Hawlitzky: „Wir hätten beide Spiele gewinnen können“), soll mit zwei Siegen gegen Hannover (Sonntag in Hannover) der Saisonstart abgerundet werden. Nach dem Viertelfinal-Aus in der vergangenen Saison, soll in diesem Jahr erneut die Endrunde erreicht werden. Dafür ist mindestens Platz vier in der Hauptrunde der Nordstaffel nötig.

Die Baseballer kehrten dem HSV den Rücken

„In den Play-offs ist zwar alles möglich, aber so erfolgreich wie 2000 wird es dieses Jahr wohl nicht“, sagt Jürgen Lüdtke voraus. Er muss es wissen. Seit Anfang der 90er-Jahre begleitet er die Mannschaft. Auch 2000 war er dabei, im Jahr des Triple-Gewinns aus Meisterschaft, Pokal und Europacup. Der Groundkeeper mit dem grauen, gezwirbelten Bart, den hier alle nur „Catweazle“ nennen, genießt in seiner blauen Stealers-Uniform aus Baseballcap und -jacke, die allem Anschein nach mindestens genauso lange dabei sind wie er selbst, längst Kultstatus im Ballpark. Seiner liebenswürdigen Art, mit der er von den alten Zeiten erzählt, kann sich niemand entziehen.

„Baseball ist eine faszinierende Sportart, wenn man sie erst einmal ausprobiert hat“, erzählt Hawlitzky und lädt jeden Interessierten ein vorbeizuschauen, um sich von der „Faszination Baseball“ anstecken zu lassen. Die Rahmenbedingungen dafür könnten kaum besser sein. Der Ballpark Langenhorst, direkt hinter dem Trainingsgelände der St.-Pauli-Kicker an der Kollaustraße, präsentiert sich familienfreundlich. Bobbycars sind unter dem Clubhaus geparkt, wer gerade sicher auf zwei Beinen stehen kann, dem wird hier umgehend das Werfen beigebracht. Die Jugendmannschaften trainieren neben den Herren, der Nachwuchs kann sich jederzeit Tipps von den Profis holen.

Die blaue Stealers-Cap trägt sowieso jeder. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl in dem 140-Mitglieder-Verein zusätzlich. Vor zwei Jahren kehrten die Baseballer dem HSV, zugunsten der Unabhängigkeit und leichteren Rahmenbedingungen bei der Sponsorensuche, den Rücken. Zusammen gründeten sie einen neuen Baseballverein. Aus den HSV Stealers wurden die Hamburg Stealers.

Richtiges Gehalt bekommen die Spieler nicht

Der Duft von frisch gebratenen Burgern ist bei Heimspielen nicht wegzudenken. Ganz amerikanisch eben. Baseball ist in den USA ähnlich beliebt wie Fußball in Deutschland. Die meisten Spieler haben einen dementsprechenden Background. Einige hat das Fieber beim Auslandsaufenthalt in den Staaten gepackt, andere absolvieren ihr Auslandssemester in Hamburg und heuern für eine Saison beim Baseballclub an. Konstanz ins Team zu bekommen ist dadurch schwer. Mit dem Etat im unteren Drittel der Liga angesiedelt, sind die großen Stars bei anderen Vereinen, überwiegend im Süden Deutschlands, zu Hause. Stärke verspricht sich Trainer Hawlitzky durch die Homogenität im der Mannschaft. Es gibt aber auch langfristige Engagements.

Kapitän Brehan Murphy, geboren in Seattle, ist vor einigen Jahren in Hamburg sesshaft geworden. Da keiner der Spieler ein richtiges Gehalt bekommt, muss auch er nebenbei arbeiten. So kann es schon mal passieren, dass Murphy aus Mailand anreist, um seine Mannschaft bei den Spielen zu unterstützen. Er arbeitet als international gebuchtes Model. Für ihn stimmt beim Baseball das Gesamtpaket: „Du kannst ein spannendes Spiel in entspannter Atmosphäre mit deinen Freunden genießen. Das macht den Sport aus!“