Hamburg. BDB-Chef Pütz hält Nada-Meldepflichten für „menschenunwürdig“. Der Dopingfall von Felix Sturm hat in der Boxwelt für Aufruhr gesorgt.

Der Dopingfall des WBA-Supermittelgewichtschampions Felix Sturm, in dessen Urinprobe nach dem WM-Duell mit dem Russen Fedor Chudinov am 20. Februar in Oberhausen das anabole Steroid Stanozolol nachgewiesen wurde, hat in der Boxwelt für Aufruhr gesorgt.

Am Pranger steht neben dem 37-Jährigen auch der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB). Da sich dieser nicht den Regularien der Nationalen (Nada) und Welt-Antidoping-Agentur (Wada) unterwirft, droht Sturm, der bis zum 9. Mai die B-Probe öffnen lassen will, statt einer Zweijahressperre vom BDB, unter dessen Aufsicht der WM-Kampf stattgefunden hatte, als Ersttäter nur maximal ein Jahr Auszeit.

Verband kann sich Kosten für Kontrollen nicht leisten

Kritiker bemängeln neben der Weigerung des BDB, sich dem Nada-Code zu unterwerfen, auch den generell zu laschen Umgang des Verbands mit dem Thema Doping. Das jedoch bringt den in Kaltenkirchen ansässigen BDB-Präsidenten Thomas Pütz auf die Palme. „Um es klar zu sagen: Jeder Sportler, der wissentlich dopt, muss bestraft werden. Wir haben im BDB mit unseren Wettkampfkontrollen in den vergangenen Jahren einige Doper erwischt und 2015 mehr Kontrollen durchgeführt als der Deutsche Fußball-Bund. Aber ich weigere mich, Sturm vorzuverurteilen“, sagt der 50-Jährige, der davon ausgeht, dass Sturm das verbotene Mittel durch kontaminierte Nahrungsergänzung aufgenommen hat.

Wer positiv getestet wird, muss seine Unschuld nachweisen

Warum die BDB-Mitglieder die Kooperation mit der Nada bislang nicht mittragen wollen, erklärt Pütz zum einen mit den zu hohen Kosten für Trainingskontrollen, die sich der Verband nicht leisten könne. Jeder Dopingtest schlage mit bis zu 1000 Euro zu Buche. Zum anderen aber halte man die Meldepflichten, denen sich die Sportler unterwerfen müssten, für menschenunwürdig. „Ich glaube sogar, dass sie gegen das Grundgesetz verstoßen“, sagt Pütz, „Leistungssportler werden pauschal wie Schwerkriminelle behandelt. Wer positiv getestet wird, muss seine Unschuld nachweisen. Wir als BDB sehen es genau andersherum: Wir müssen dem Sportler nachweisen, dass er wissentlich betrogen hat, bevor wir ihm mit einer mehrjährigen Sperre ein Berufsverbot erteilen.“

Diese Sichtweise kann Jürgen Kyas durchaus nachvollziehen. „Die Meldepflichten und die damit verbundenen Strapazen für die Sportler empfinde ich als ebenso grenzwertig wie die Kosten“, sagt der Präsident des Deutschen Boxsport-Verbands (DBV), unter dessen Ägide die olympischen Boxer starten und der wie alle olympischen Fachverbände mit der Nada kooperieren muss.

Das Boxen hat eine Sonderstellung, weil es strikt zwischen professionellem und olympischem Sport trennt – wenigstens, bis am 30. Mai in Lausanne der olympische Weltverband Aiba über die Öffnung der Olympischen Spiele für alle Profis entscheidet. Spätestens dann müssten auch die Profiverbände die Richtlinien von Nada und Wada akzeptieren. „Wir werden dann diskutieren, ob unsere Satzung noch zeitgemäß ist“, sagt Thomas Pütz, „aber bis dahin gelten unsere Grundsätze.“