Hamburg. Nach Insolvenz und Lizenzentzug hat der HSV Hamburg seine Führungsmannschaft neu aufgestellt. Ein kurzes Who’s who

Die Vergangenheit des Handball-Sport-Vereins Hamburg war bei der Mitgliederversammlung am Montagabend allgegenwärtig. Der HSV-Altinternationale Fritz Bahrdt, 76, war gekommen, sein einstiger Präsidiumskollege Dieter Jost, 70, auch Uwe Wolf, 57, der frühere Aufsichtsratsvorsitzende. Alle drei waren einst im Dissens mit Andreas Rudolph aus ihren Ämtern geschieden. Nun aber, da der Mäzen seine langjährige Liebe fallen gelassen und die Insolvenz den HSV in die Dritte Liga gestürzt hat, stehen sie bereit, um beim Neuaufbau zu helfen. Wenn auch nicht in vorderster Linie. „Es ist gut, dass jetzt frische Kräfte das Ruder übernehmen“, sagte Bahrdt.

An Unterstützern mangelt es dem Club wahrlich nicht. Sogar Bundesliga-Präsident Uwe Schwenker war „beeindruckt, welche Persönlichkeiten dieses Projekt begleiten. Es macht alles einen seriösen Eindruck.“ Eine kurzes Who’s who des neuen HSV Hamburg.

Marc Evermann, 44, Präsident: Der Textilunternehmer (Horizonte Unternehmensgruppe) wollte bereits in der vergangenen Saison beim HSV einsteigen, soll sogar eine Zusage in sechsstelliger Höhe zur Absicherung des Etats angeboten, aber keine Einigung mit Rudolph erzielt haben. Der frühere Handballer gab sich bei seiner Vorstellung als besonnener Teamplayer, setzt auf Fachleute für jeden Bereich.

Sven Hielscher, 55, Vizepräsident: Der CDU-Lokalpolitiker und Immobilienunternehmer (Kock-Siedlung) führte den HSV nach dem Rücktritt von Präsident Karl Gladeck durch die Krise und konnte in zahllosen Gesprächen die Insolvenz des e. V. abwenden. Ist dem Club seit dessen frühen Tagen als Funktionär und Anteilseigner verbunden, gilt aber als Rudolph-unabhängig.

Jürgen Rütsch, 51, Schatzmeister: Stand als Novize kurz vor dem Eintritt in ein Benediktinerkloster, ehe er sich für ein Jurastudium entschied. Heute Steuerberater bei der Kanzlei Ebner Stolz, wo er zusammen mit seinem Amtsvorgänger Jens Lingthaler schon seit Jahren über die Vereinszahlen wacht. Managte zusammen mit Hielscher in den vergangenen Wochen die Krise, handelte mit den Gläubigern des Clubs Stundungen aus. Hält sich nach eigener Aussage lieber im Hintergrund.

Martin Schwalb, 52, designierter Sportchef: Evermann will dem eloquenten früheren Meistertrainer die Ressorts Kommunikation und Sport übertragen. Schwalb zog bereits seit Anfang des Jahres zusammen mit Hielscher, Sadewater und Ex-Profi Stefan Schröder, 34, im Hintergrund die Fäden. Er soll bald als hauptamtlicher Sportchef installiert werden und eine aufstiegsreife Mannschaft zusammenstellen.

Gunnar Sadewater, 35, Geschäftsführer: Arbeitete nach der Insolvenz der Betriebsgesellschaft und dem Rückzug des Bundesligateams aufopferungsvoll für den Erhalt des Vereins. Wollte sich ursprünglich am Saisonende beruflich neu orientieren, könnte nun aber vielleicht doch vom Verbleib überzeugt werden. Seine Aufgaben als Nachwuchskoordinator übernahm zuletzt sein Assistent Felix Neve, 23.

Christoph Strenger, 55, Aufsichtsratsvorsitzender: Der Gastronom und Hotelier (East) galt als eng mit seinem Großkunden Rudolph verbandelt. Seit Dezember 2014 Chefkontrolleur des Clubs, hielt er sich während der Krise im Hintergrund.

Torsten Lucht, 42, Aufsichtsrat: Gehörte wie Strenger schon in der Rudolph-Ära dem Gremium an. Der frühere Fanbeauftragte des HSV arbeitet inzwischen im Reiseunternehmen von Ex-Präsident Karl Gladeck, der wiederum in enger Abhängigkeit zu Rudolph stand. Gilt als Bindeglied zur Basis.

Eckart Warnecke, 61, Aufsichtsrat: Der promovierte Psychologe aus Uelzen stellte sich als einziger Aufsichtsrat den Mitgliedern zur Wahl. Konnte mit seiner skurrilen Bewerbungsrede („Ich habe ein Problem: meine Frau“) allerdings nicht alle überzeugen.

Kay Spanger, 57, Aufsichtsrat: Ist seit 1979 für das Familienunternehmen Gebr. Heinemann, einen Groß- und Einzelhändler in der Duty-free-Branche, tätig. Seit 1997 verantwortet er als Geschäftsführer, inzwischen als einer von vier geschäftsführenden Direktoren, die Bereiche Einkauf und Logistik.

Stephan Harzer, 41, Aufsichtsrat: Arbeitet als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für die Kanzlei DM/P, seit 2012 hat er zudem einen Lehrauftrag an der Hochschule Bremen.

Christian Schmidt, 49, Aufsichtsrat: Wie Spanger und Harzer kooptiertes Mitglied des Gremiums. Der frühere Fußballer (Altona 93) vermietet in seinem CS Business Center in der HafenCity exklusive Büros und Konferenzräume.

Dietmar Hamm, 41, Aufsichtsrat in spe: Centermanager des Levantehauses in der Innenstadt. Will bei der nächsten Mitgliederversammlung für den Aufsichtsrat kandidieren.

Volker Kuntze-Braack, 80, Ehrenratsvorsitzender: Der frühere Sportvermarkter gilt als das gute Gewissen des Vereins. Pflegt einen guten Kontakt zur Mannschaft.

Heinz Jacobsen, 75, Ehrenrat: Der einstige Präsident und amtierende Ehrenpräsident trat beim HSV zuletzt nur noch selten in Erscheinung.

André van de Velde, 45, Ehrenrat: HSV-Handball-Fan der ersten Stunde. Der Verkehrsanwalt und frühere Schachfunktionär leitete die Mitgliederversammlung souverän. Als Initiator des Projekts „Fanily“ Bindeglied zur Anhängerschaft des Clubs.

Juliane Paul, 35, Rechnungsprüferin: Glühende HSV-Anhängerin, kennt sich als Bankkauffrau mit Zahlen aus.

Peter Sittko, 68, Rechnungsprüfer: Der Controlling-Spezialist war bereits ehrenamtlich für einen Handballoberligisten in Bayern tätig, ehe es ihn zurück in den Norden zog.