Hannover. Wie lange kommt Hannover in der Trainerfrage noch an Übergangslösung Stendel vorbei? Spieler und Fans geben ein Plädoyer für ihn ab.

Ein perfekteres Bewerbungsschreiben hätte der Interimstrainer nicht abgeben können. Spätestens seit dem 2:0 (0:0) des wahrscheinlichen Bundesliga-Absteigers Hannover 96 gegen den bisherigen Champions-League-Anwärter Borussia Mönchengladbach ist klar, dass Daniel Stendel um seine Weiterbeschäftigung beim Tabellenletzten kämpft. „Ich habe richtig Bock auf diese Aufgabe“, gestand der neue Coach nach dem ersten Heimsieg Hannovers seit fünf Monaten.

Offiziell ist der frühere 96-Profi nur eine Übergangslösung bis zum Saisonende. Für die kommende Zweitligasaison will der Club in Kürze einen neuen Trainer präsentieren. Die Frage ist nur, wie lange Hannover noch am bisherigen A-Junioren-Coach vorbeikommt.

Bislang betrieb der Nachfolger des glücklosen Thomas Schaaf reichlich Eigenwerbung. Seit Stendel das ehemals leblose Team übernahm, zeigt der abgeschlagene Letzte wieder Biss und blieb in den beiden Spielen gegen die Champions-League-Aspiranten Hertha BSC (1:1) und am Freitag nun gegen Gladbach ungeschlagen. „Irgend etwas ist mit der Mannschaft passiert“, meinte Nationaltorhüter Ron-Robert Zieler.

Mit Stendel kam nicht nur der Erfolg, sondern auch der Stolz zurück. Über 46 000 Zuschauer feierten ihr Team drei Tage nach dem 120. Club-Geburtstag und unterstützten es leidenschaftlich, als ginge es für sie und nicht für die erschreckend schwache Gäste noch um die Europacupqualifikation, als sei der Abstieg noch nicht so gut wie fix.

Den Team-Rückhalt hat sich der 42-Jährige bereits erarbeitet. „Der Trainer nimmt uns sehr gut mit. Er schafft es, uns zu motivieren“, meinte Zieler - ein Plädoyer für Stendel. Dass dieser der geeignete Mann für einen Neuaufbau in der 2. Liga sein kann, zeigt sich auch am bereits erfolgreich begonnenen Umbau des Teams. Stendel setzt bedingungslos auf die beiden 19 Jahre alten Talente Waldemar Anton und Noah-Joel Sarenren-Bazee. Beide Youngster belohnten Stendel für dessen Mut mit viel Leidenschaft und einer starken Leistung.

Das bahnbrechende 1:0 kurz nach der Pause (49.) war gar eine Co-Produktion beider Talente: Sarenren-Bazee legte für Anton auf. „Das war eine Top-Leistung, das freut mich für die Jungs“, lobte Stendel. Das so lange frustrierte Publikum kann sich endlich wieder mit seinem Team identifizieren. Als beide Talente am Freitag ausgewechselt wurden, gab es tosenden Beifall von den Fans.

Für Stendel könnte ausgerechnet Borussen-Coach André Schubert nun zum Vorbild werden. Nach dem Fehlstart der Borussia und dem Rücktritt von Trainer Lucien Favre galt Schubert im vergangenen Herbst auch nur als Interimslösung, gewann aber Spiel für Spiel. Am Ende kam die Borussia gar nicht umhin, ihn zur Dauerlösung zu machen.

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Dies ist seit Freitag aber zumindest wieder ein Stück fraglicher. Im Kampf um Europa gab der emotionslose Auftritt der Borussia jedenfalls Rätsel auf. „Die Basics müssten wir eigentlich schon zeigen“, meinte der enttäuschte und ratlose Schubert, dessen Team auswärts einfach nichts gelingen will.

Seit Schubert im Amt ist, hat die Borussia Probleme mit der Balance. Zunächst stimmte das Gleichgewicht aus mitunter furioser Offensive und schwacher Defensive nicht. Dieses Problem bekam Schubert in den Griff. Inzwischen hakt es am Missverhältnis zwischen begeisternden Heimspielen und kläglichen Auftritten in der Fremde. Dies dürfte Schuberts größte Herausforderung werden. „Bislang habe ich gesagt: Kein Problem, denn wir spielen gut. Jetzt aber hat sich die Leistung gedreht“, befand Manager Max Eberl.