Hamburg. Eric und Torben Johannesen wollen bei den Olympischen Spielen gemeinsam imDeutschland-Achter antreten

Olympische Spiele waren für Torben Johannesen vor vier Jahren noch unvorstellbar weit weg. Als sein Bruder Eric damals mit dem Deutschland-Achter auf dem Dorney Lake nahe London zur Goldmedaille ruderte, befand er sich gerade in der letzten Phase der Vorbereitung auf die Junioren-WM in Plowdiw (Bulgarien). „Ich habe damals natürlich am Fernseher mitgefiebert“, erinnert er sich.

Inzwischen ist Torben Johannesen 21, sechs Jahre jünger zwar immer noch als sein großer Bruder, fünf Zentimeter kleiner auch (1,88 Meter) und sechs Kilogramm leichter (93). Aber sportlich kann er ihm inzwischen fast schon das Wasser reichen. Seit dieser Saison gehört auch Torben zum Team Deutschland-Achter. Und wenn es optimal läuft am Wochenende bei den deutschen Kleinbootmeisterschaften in Köln, dem richtungweisenden Frühtest der Riemennationalmannschaft, dann wird das Brüderpaar vom RC Bergedorf im August in Rio de Janeiro in einem Boot sitzen. 20 Ruderer treten im Zweier gegeneinander an, einen Hoffnungslauf gibt es nicht. Nur 16 von ihnen wird Bundestrainer Ralf Holtmeyer anschließend für die EM in Brandenburg an der Havel (6. bis 8. Mai) auf Achter, Vierer und Zweier verteilen, inklusive zweier Ersatzmänner.

„Torben bringt alle Voraussetzungen mit“, sagt Eric Johannesen: „Er ist physisch stark und hat sich im Training gut präsentiert.“ Auch an Wettkampferfahrung mangelt es Torben Johannesen nicht. Vor einem Jahr führte er den deutschen Achter bei der U-23-WM als Schlagmann zum Sieg. Er ist noch jung genug, ein weiteres Jahr in der Nachwuchsklasse zu rudern. Aber eben auch schon stark genug, mit den Großen seines Sports mitzuhalten.

Ein bisschen habe er sich schon umstellen müssen: „Es wird mehr und intensiver trainiert, alles auf das langfristige Ziel Rio hin.“ Sein Studium, Sport und Physik auf Gymnasiallehramt, hat er unterbrochen, um sich auf den Sport zu konzentrieren. Inzwischen hat sich Torben Johannesen an das Tempo gewöhnt, das der Bruder vorgelegt hat. Beim ersten Kleinboottest am Karfreitag in Köln konnte er das B-Finale gewinnen, Platz sieben in der Endabrechnung. Und das, obwohl er mit seinem Ersatzpartner Johannes Weißenfeld aus Herdecke kaum trainiert hatte. Am Wochenende wird Andreas Kuffner wieder mit in seinem Boot sitzen. Der Berliner bildete mit Eric Johannesen einst den stärksten deutschen Zweier und gehörte zur Besatzung des Goldachters von London. Das könnte ein Fingerzeig sein, obschon Holtmeyer stets Wert auf die Klarstellung legt, dass es bei ihm keinen Olympiasiegerbonus gibt. An Eric Johannesen freilich wird bei der Nominierung des Achters auch im sechsten Jahr kein Weg vorbeiführen. Beim ersten Test setzte er mit dem Trierer Richard Schmidt die zweitschnellste Zeit.

Wie gut die Brüder wohl zusammen wären? Die Frage stellt sich eigentlich nicht, weil beide auf der Backbordseite rudern. „Das umzustellen bedürfte schon einer längeren Vorbereitungszeit“, sagt Eric Johannesen. Aber es könnte für Sponsoren interessant sein, von denen Eric einige hat, Torben aber noch keine. Und es würde das Training schon erleichtern in Hamburg, wo die beiden immer nur sonntags bis dienstags sind, bevor es wieder zum Bundesstützpunkt Dortmund geht. Wenn sie einmal zu zweit aufs Wasser gehen, dann im Doppelzweier, an Skulls statt an Riemen ziehend.

Überhaupt verbringen die Johannesens so viel Zeit miteinander wie seit frühester Kindheit nicht. Als Torben Johannesen 2005 seinen ersten Ruderschnupperkursus belegte, war sein Bruder bereits Weltmeister und „eigentlich ständig für den Sport unterwegs“. Aus dem Bruder wurde ein Vorbild, „klar, er hat ja alles erreicht und ist physisch sehr stark“. Jetzt teilen sich die beiden ein Zimmer, wie einst zu Hause bei ihren Eltern, die einmal Kanuten waren und inzwischen selbst begeisterte Ruderer geworden sind.

Johannesen der Ältere glaubt, dass er es leichter hatte als sein Bruder, als er 2011 neu ins Team Deutschland-Achter kam: „Die Integration hat damals schneller geklappt, die Mannschaft war über Jahre eingespielt.“ Das Paradeboot schwamm auf einer Erfolgswelle, von 2008 und 2012 ging kein Rennen verloren. Seither aber lagen die Briten bei jeder WM vorn. Jetzt, so kurz vor der Nominierung, sei die Nervosität im Team doch größer. „Die Stimmung wird gereizter, dann und wann wird schon jemand laut.“

Andere, wohlgemerkt. „Wir beiden sind von Natur aus eher ruhige Typen“, sagt Eric Johannesen. Sie haben eigentlich auch keinen Grund, besonders aufgeregt zu sein. Eric Johannesen hat seinen Stammplatz praktisch sicher. Und Torben Johannesen fände es „gar nicht schlimm“, wenn es 2016 noch nichts wird mit Olympia. Auch wenn er seinem Traum schon sehr, sehr nahe ist.

Lars Wichert vom RC Allemannia tritt am Wochenende als Schlagmann des Leichtgewichtsvierers beim Weltcup-Auftakt in Varese (Italien) an. Das neu formierte Boot muss sich Ende Mai beim Weltcup in Luzern (Schweiz) noch für Olympia qualifizieren.