Las Vegas. Am Wochenende kann sich Arthur Abraham in Las Vegas in die Geschichtsbücher boxen. Sein Trainer Ulli Wegner spricht über den Kampf.

Er vermisst die Mecklenburger Küche und kann den Vereinigten Staaten von Amerika auch sonst nicht viel abgewinnen. Aber Ulli Wegner ist ja auch nur in Las Vegas, um eine Aufgabe zu erfüllen: Sein Schützling Arthur Abraham, 36, soll an diesem Sonnabend (2 Uhr/Sky Select und ranfighting.de live für 17,99 Euro) in der MGM Grand Garden Arena seinen WBO-WM-Titel im Supermittelgewicht erfolgreich gegen den Mexikaner Gilberto Ramirez, 24, verteidigen. Im Interview erklärt der 73 Jahre alte Boxlehrer, warum das gelingen wird.

Herr Wegner, es gibt eine Reihe an Menschen, die Abrahams Herausforderer als Favoriten betrachten. Können Sie das verstehen?

Ulli Wegner: Verstehen kann ich das. Ramirez soll in den USA als neuer Star aufgebaut werden. Und gegen solche Boxer ist es niemals leicht zu gewinnen. Dennoch mache ich mir überhaupt keine Sorgen um Arthur.

Ramirez ist in 33 Kämpfen unbesiegt, hat immerhin 24-mal vorzeitig gewonnen und ist mit 1,89 Metern Körperlänge 14 Zentimeter größer als Abraham. Er marschiert von Beginn an und gilt als athletisch und technisch bestens ausgebildet. Dazu ist er zwölf Jahre jünger. Sieht nach einem sehr harten Stück Arbeit aus, oder?

Wegner: Natürlich wird das harte Arbeit. Aber die fürchtet Arthur nicht. Ich glaube, dass uns Ramirez mit nichts überraschen kann. Er wird von Beginn an Vollgas geben und seine Kombinationen schlagen. Aber darauf ist Arthur eingestellt. Die Größe spielt überhaupt keine Rolle, im Gegenteil, die ist ein Vorteil für uns, denn so bietet Ramirez viel Trefferfläche an. Das Alter ist ebenfalls unerheblich, Arthur ist körperlich topfit. Und er hat viel mehr Erfahrung. Vergessen Sie nicht, dass Ramirez gegen einen Gegner von Arthurs Kaliber noch nie gekämpft hat. Das wird entscheidend sein.

Fakt ist doch aber, dass Abraham nicht so abwartend kämpfen darf, wie er es üblicherweise tut. Wenn er die ersten Runden wieder verstreichen lässt, wird er nach Punkten kaum siegen können.

Wegner: Das wissen wir, und das ist selbstverständlich der springende Punkt. Arthur darf es diesmal nicht auf sich zukommen lassen. Er muss sofort das Heft in die Hand nehmen, darf Ramirez nicht zur Entfaltung kommen lassen. Er muss seine Bomben-Führhand immer wieder bringen, damit er seine Dominanz umsetzen kann.

Und wie haben Sie das in seinen Kopf gekriegt?

Wegner: Machen wir uns nichts vor. Einen 36-Jährigen ändert man nicht grundsätzlich in seinem Stil, das weiß ich auch, und Stars wie Arthur sind schwer zu steuern. Er wird immer eher abwartend boxen, das ist sein Charakter. Aber ihm muss klar sein, dass man in den USA hinter der Doppeldeckung nicht gewinnen kann. Er steht doch vor der schönsten Herausforderung seiner Karriere. Im Boxmekka Las Vegas als erster Deutscher einen WM-Kampf zu gewinnen, damit kann er Geschichte schreiben. Was will er mehr? Und dafür ist er bereit. Ich wäre sehr schwer enttäuscht, wenn er verlieren würde.

Trainer Ulli Wegner beobachtet das Sparringtraining zwischen Arthur Abraham (links) und dem Europameister im Halbschwergewicht, Igor Mikhalkin aus Russland
Trainer Ulli Wegner beobachtet das Sparringtraining zwischen Arthur Abraham (links) und dem Europameister im Halbschwergewicht, Igor Mikhalkin aus Russland © imago/Mausolf | imago sportfotodienst

Welche Rolle spielt die Zeitumstellung von neun Stunden? Der Kampf findet nach deutscher Zeit am frühen Morgen statt. Ist das eine zusätzliche Belastung für den Körper?

Wegner: Wir sind deshalb ja extra zwei Wochen vor dem Kampf angereist, damit Arthur sich komplett umstellen konnte. Normale Menschen brauchen pro Stunde Zeitumstellung einen Tag, um den Körper daran zu gewöhnen. Ein Leistungssportler schafft die neun Stunden in fünf Tagen, und ich hatte bei Arthur nicht das Gefühl, dass er irgendwelche Probleme damit hatte. Er war im Training nicht müder als sonst auch mal. Wir haben alles getan, was möglich war, um ihn in die beste Form zu bringen, die er nur haben kann.

Er nennt Sie immer wieder ‘Diktator’ und beklagt sich über Ihre strenge Art. Erreichen Sie ihn überhaupt noch, oder ist er in der Spätphase seiner Karriere sehr eigensinnig geworden?

Wegner: Letztens sagte er, er brauche seinen Trainer eigentlich nur noch zum Unterhalten. Ich finde das lustig. Man muss ihm doch auch Respekt zollen. 2003 kam er zu mir in die Trainingsgruppe, und er ist der einzige Boxer von damals, der noch da ist. Das sagt doch alles darüber, welche Arbeitsmoral er hat. Manchmal beklagt er sich, dass das Training nicht abwechslungsreicher ist. Und dann sage ich ihm, dass nur die ständige Wiederholung zu Automatismen führt, die man im Kampf dann braucht. Das versteht er. Es ist wichtig, dass man sich gegenseitig achtet. Aber das letzte Wort hat nun einmal der Trainer.

Dann sagen Sie doch zum Abschluss bitte, wie der Kampf ausgeht.

Wegner: Der Weltmeister wird seine Leistung bringen und sich mit einem deutlichen Sieg unsterblich machen.