Der Kroate trifft auf seine Jugendliebe Darmstadt. Der Familienmensch spricht über seinen Kinderwunsch, seinen Traum von der EM und warum er mit dem HSV nicht abgeschlossen hat

Es soll ihr kleines Geheimnis bleiben. Das Geheimnis zwischen Sender und Empfänger. Nur so viel wollte Ivo Ilicevic am Mittwoch im Gespräch mit dem Abendblatt verraten: Das Herz, das er am Wochenende nach seinem Tor zum vorentscheidenden 2:0 im Spiel bei Hannover 96 mit den Händen formte, war an ein Mitglied seiner Familie adressiert. Potenzielle Empfänger kommen daher einige infrage. Der Flügelstürmer des HSV hat vier Geschwister, die mit seiner Mutter im nordbayerischen Aschaffenburg leben.

Am Sonnabend werden sie ihn wieder im Hamburger Volkspark besuchen. Dann trifft Ilicevic mit dem HSV auf Darmstadt 98 (15.30 Uhr). Auf den Verein, bei dem vor zwölf Jahren seine Karriere begann. Aus seinem Geburtsort Aschaffenburg wechselte Ilicevic damals ins hessische Darmstadt in die A-Jugend der Lilien. Nur ein Jahr später holten ihn die Trainer Bruno Labbadia und Eddy Sözer in die Regionalligamannschaft. „Ich habe noch einen besonderen Bezug zu Darmstadt. Das ist meine Region“, sagt Ilicevic vor dem Wiedersehen mit seiner Jugendliebe.

Eine Zukunft beim HSV über die Saison hinaus will Ilicevic nicht ausschließen

Es ist kein Zufall, dass der Flügelstürmer nun erneut unter Labbadia und Sözer seine beste Saison spielt, seit er über die Stationen Bochum, Fürth und Kaiserslautern vor fünf Jahren zum HSV kam. „Wenn man meine Zeit hier sieht, ist diese Saison eine große Steigerung. Ich bin zufrieden. Durch viele Verletzungen konnte ich mein Potenzial zuvor selten abrufen“, sagt Ilicevic, der am Sonnabend sein 27. Saisonspiel bestreitet – persönliche Bestmarke. Mit vier Treffern ist er nach Nicolai Müller (8) und Pierre-Michel Lasogga (6) bester HSV-Torschütze. Es wären noch einige mehr möglich gewesen, die Effektivität bleibt sein größtes Manko. Ilicevic spielt eine ordentliche, aber keinesfalls überzeugende Saison.

Wohl auch deshalb hat sich der HSV entschieden, dem Linksaußen kein neues Vertragsangebot zu unterbreiten. „Wir haben geklärt, dass die Wege auseinandergehen“, sagt Ilicevic. Das Kapitel HSV hat er aber noch nicht abgehakt. „Ausschließen will ich nichts, das hat die Vergangenheit gezeigt. Es kann alles passieren. Stand jetzt werde ich den Verein verlassen.“ Vor einem Jahr hatte der HSV mit dem zuvor aussortierten Ilicevic doch noch für eine Saison verlängert. Auf einen weiteren Jahresvertrag will er sich aber nicht wieder einlassen. Ilicevic sucht Sicherheit, um sich auch in Zukunft um seine Familie kümmern zu können. „Ich unterstütze sie auch finanziell, will für sie sorgen. So wurde ich erzogen.“

Nach dem unerwartet frühen Tod seines Vaters vor zwei Jahren und der Verhaftung seines jüngeren Bruders im Herbst liegt eine schwere Zeit hinter der Familie Ilicevic. „Der Tod unseres Vaters war ein wahnsinnig schwerer Schlag. Darüber werden wir nie hinwegkommen. Er war meine Bezugsperson. Es ist wichtig, dass wir jetzt zusammenhalten“, sagt Ilicevic. Halt sucht er auch bei seiner langjährigen Freundin, die er bald heiraten will. Die Familienplanung läuft bereits. „Wir arbeiten dran“, sagt Ilicevic und schmunzelt. Ihre gemeinsame Zukunft sieht er in jedem Fall in Deutschland.

Ilicevic hofft noch auf einen Anruf des neuen kroatischen Nationaltrainers

Seine Heimat, sagt Ilicevic, sei aber Kroatien, auch wenn er dort nie gelebt hat. „Meine Eltern kommen da her, zu Hause sprechen wir die Sprache. In meinem Herzen bin ich Kroate.“ Zu gern würde Ilicevic auch wieder für die Nationalmannschaft spielen. Sein letztes von neun Länderspielen liegt mehr als zwei Jahre zurück. Mit dem neuen Nationaltrainer Ante Cacic gab es bislang keinen Kontakt. „Die EM im Sommer habe ich noch nicht abgeschrieben“, sagt Ilicevic. „Mein Augenmerk liegt aber beim HSV.“

Und bei Darmstadt. Am Sonnabend trifft er nicht nur auf seinen Ex-Club, sondern auch auf seinen Freund und Ex-Mitspieler Slobodan Rajkovic. Der Serbe wechselte zu Saisonbeginn zum Aufsteiger, nachdem er beim HSV keinen neuen Vertrag bekommen hatte. „Er passt mit seiner körperbetonten Art nach Darmstadt. Ich bin froh, ihn wiederzusehen. Wir Jungs vom Balkan kommen immer gut miteinander aus. Unsere Herkunft verbindet.“

Gleiches gilt für den Bosnier Emir Spahic, der wie auch Ilicevic in dieser Saison durch interne Konflikte Schlagzeilen machte. „In einer Mannschaft ist es wichtig, jemanden zu haben, der die Kollegen auch mal wachrüttelt. Das macht er. Emir tut der Mannschaft gut. Er weiß genau, was er zu tun hat. Und jeder weiß, wie er damit umgehen muss“, sagt Ilicevic. „Sportlich ist er ein großer Faktor, warum wir in dieser Saison einen Schritt nach vorne gemacht haben. So ein Typ hat uns in den letzten zwei Jahren gefehlt.“ Ein Problemprofi sei Spahic in seinen Augen nicht. „Emir muss man nicht aus dem Weg gehen. Wer ihn kennt, der weiß, dass er ein unfassbar gutes Herz hat.“

Läuft alles nach Plan, wollen Spahic und Ilicevic mit einem Sieg gegen Darmstadt alle Restzweifel am Klassenverbleib beseitigen. Dann beginnt für den 29-Jährigen seine Abschiedstournee in Hamburg. Und dabei will Ilicevic noch möglichst viele Tore für den HSV mit einem Herzchen bejubeln.