Hamburg. Trainer Bruno Labbadia moniert die schlechte Chancenverwertung, hat damit aber nur bedingt recht

Die Spieler möglichst in jedem Training besser zu machen – das ist eines der Ziele, die HSV-Coach Bruno Labbadia mit seinen Schütz­lingen verfolgt. Und in der Einheit am Dienstag durften sich die Profis einmal ganz ihren Schwächen widmen: Eins gegen Eins, Zwei gegen Zwei, alles mit Torabschluss. Nicht unbedingt Qualitäten, mit denen der HSV in dieser Saison geglänzt hat. „Wir müssen mehr Killer sein, die Kaltschnäuzigkeit fehlt uns“, hatte Labbadia mehrfach moniert. Seine Mannschaft spielt oft ganz passabel, die schlechte Chancenverwertung habe jedoch einige Punkte gekostet.

Doch ist dem wirklich so? Spielt der HSV eigentlich viel besser, als es der zwölfte Tabellenplatz aussagt, und scheitert nur an der schwachen Ausbeute vor dem Tor? Vor dem Duell in Hannover am Sonnabend (15.30 Uhr) kommen die Erinnerungen an das Hinspiel hoch, das als Paradebeispiel für eine unnötige Niederlage in den Lehrbüchern Platz finden könnte. Der HSV dominierte die Partie nach Belieben, hatte fünf hochkarätige Torchancen, nutzte aber nur eine davon – und verlor die Partie am Ende noch mit 1:2. Auf der anderen Seite fällt außer dem 3:1-Heimerfolg gegen Borussia Dortmund, der ohne René Adler in Ausnahmeform wohl nicht zustande gekommen wäre, keiner der acht Saisonsiege in die Kategorie „glücklicher Sieg“.

Das Abendblatt hat den Faktencheck gemacht und kann Labbadia nur bedingt recht geben. Der HSV hat den Statistiken des „Kickers“ zufolge bisher 121 Torchancen herausgespielt, davon verwertete der Club 31. Das heißt, die Hamburger benötigen 3,9 Chancen für einen Treffer oder – anders ausgedrückt – nutzen ihre Möglichkeiten zu 25,6 Prozent. Damit steht der HSV nicht viel schlechter oder besser als die meisten anderen Bundesligaclubs da. Im Vergleich mit der Hertha, der nachgesagt wird, sie stehe in erster Linie auf dem dritten Platz, weil sie ihre Chancen so konsequent nutzt, ist die Labbadia-Elf tatsächlich im Hintertreffen. Die Berliner verwerten immerhin 27,41 Prozent ihrer Torchancen. Im Vergleich mit dem VfB Stuttgart (21,6 Prozent), der einen Rang vor dem HSV platziert ist, sind die Hamburger allerdings wahre Vollstrecker.

Die gesammelten Daten auf „transfermarkt.de“ verraten noch weitere Details: So finden beim HSV 13,8 Prozent der bisher abgegebenen 224 Torschüsse den Weg ins Tor, was im Ligavergleich der elftbeste Wert ist. Allerdings flogen mehr als die Hälfte aller Torschüsse am Tor vorbei – das langt im Vergleich nur zu Platz 14.

Immerhin darf der zuletzt so treffsichere Nicolai Müller, der auch im Training in den vergangenen Wochen kaum zu stoppen war, nach seiner Gelbsperre wieder mitwirken. Der ohnehin nicht mehr berücksichtigte Ivica Olic fällt mit einem Faszienanriss im rechten Oberschenkel drei bis vier Wochen aus.