Hamburg. Bundestrainer Valentin Altenburg vorm Start der Feldhockey-Rückrunde über Doppelbelastung aus Liga und Nationalteam.

An diesem Wochenende starten die Hockeyherren in die Rückrunde der Bundesligasaison 2015/16 auf dem Feld (die Ansetzungen der Hamburger Clubs finden Sie unter der Rubrik Termine). Für Bundestrainer Valentin Altenburg, 34, Grund genug, ganz genau hinzuschauen, schließlich geht es für die 29 Spieler seines erweiterten Kaders darum, sich für die 16 Plätze für die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) aufzudrängen.

Hamburger Abendblatt: Herr Altenburg, Sie haben lange im Trainerstab des Uhlenhorster HC gearbeitet und kennen deshalb beide Seiten. Ist eine vorolympische Bundesligasaison für die Nationalspieler eher Belastung oder eher Anreiz?

Valentin Altenburg: Da sich das nicht ausschließt, würde ich sagen: beides. Natürlich ist die Belastung mit Lehrgängen und Bundesliga hoch, aber der Anreiz, deutscher Meister zu werden und sich in der Liga mit guten Leistungen für die Olympischen Spiele zu empfehlen und Selbstvertrauen zu holen, ist ebenso groß. Die Jungs freuen sich alle riesig darauf.

Es gab Zeiten, da legte der Bundestrainer den Fokus nur auf die Nationalmannschaft und die Bundesligatrainer nur auf den Verein, und die Auswahlspieler saßen zwischen den Stühlen. Wie gehen Sie damit um?

Altenburg : Indem wir ganz bewusst alles gemeinsam abstimmen und kooperieren. Das klappt, auch dank der hervorragenden Bereitschaft aller Bundesligakollegen, in meinen Augen hervorragend. Wir haben die Saison extra so gelegt, dass sie Anfang Juni beendet ist und wir ausreichend Zeit haben, uns auf Rio vorzubereiten. Während der Saison gibt es dafür nur zwei Maßnahmen der Nationalmannschaft, um die Spieler und Vereine zu entlasten. Ein Trainingslager in der Türkei Ende April, für das die Bundesliga ein Wochenende pausiert. Und eine Reise nach England Anfang Mai. Rund um Pfingsten sind wir noch zu einem Lehrgang mit Testspiel gegen Irland in Hamburg, aber da sind nur die Spieler dabei, die nicht mit ihren Teams an der EHL-Endrunde in Barcelona teilnehmen.

Das heißt, Sie verlangen nicht, dass Rio für die Nationalspieler die klare Nummer eins ist und alles andere untergeordnet werden muss?

Altenburg : Es gibt unter allen Bundesligatrainern das absolute Verständnis dafür, dass für mich Rio klare Priorität hat. Im Gegenzug weiß ich aber auch, dass den Vereinen und nicht zuletzt auch den Nationalspielern die Bundesliga sehr wichtig ist. Ich möchte bewusst vermeiden, dass sich Spieler zwischen Rio und der Bundesliga entscheiden müssen. Beides soll, zu seiner Zeit, gleichrangig absolviert werden können. Wir wollen, so gut es geht, vermeiden, dass eine Überlastung entsteht, die einseitig zulasten von Verein oder Nationalmannschaft geht.

Wie steuert man angesichts von so vielen verschiedenen Trainingsmaßnahmen, die die Nationalspieler durchlaufen – Auswahl, Stützpunkt, Verein, Athletik –, die Dosierung der Belastung, ohne die Spieler zu verheizen?

Altenburg : Das ist tatsächlich der schwierigste und gleichzeitig wichtigste Punkt. Die Jungs sind an so vielen verschiedenen Stellen gefordert, dass kein Trainer genau weiß, wie hoch die Belastung ist. Als Trainer steuert man zudem meist die Belastung des gesamten Teams, ohne die Bedürfnisse jedes Einzelnen genau zu kennen. Da müssen wir noch besser werden. Es gibt da keinen goldenen Weg, aber wir haben ein sehr gut funktionierendes Kommunikationsnetz zwischen den Trainern, um uns bestmöglich abzustimmen. Daraus ist ein tagesgenauer Plan bis Rio für jeden Nationalspieler entstanden. Vor allem aber vertrauen wir auf die Spieler selbst. Sie müssen in sich hineinhören und ehrlich sein, wenn sie spüren, dass sie Pausen benötigen. Darauf verlassen wir uns.

Wie wichtig ist denn die Bundesliga, um sich für Olympia zu empfehlen?

Altenburg : Der erweiterte Kader mit 29 Spielern steht fest, da kann sich niemand mehr über die Bundesliga hineinspielen. Aber natürlich können die 29, die für Rio infrage kommen, im Verein Punkte sammeln. Meine Herangehensweise ist allerdings, dass man sich zwar über die Liga in den Kader hineinspielen kann, aber nicht heraus. Da muss ich fair bleiben und die verschiedenen Gegebenheiten in den Clubs in Relation zur Leistung setzen.

Ihr Vorgänger Markus Weise hat in seiner späten Phase kaum noch Bundesligaspiele besucht. Wie werden Sie das handhaben?

Altenburg : Ich werde ganz viel herumreisen und meine Spieler beobachten. Für mich ist das wichtig, um sie noch besser kennenzulernen, aber auch, um zu sehen, wie sie mit den ihnen gestellten Aufgaben umgehen. Diese Entwicklung der Spieler selbst zu sehen, das hilft mir sehr. Wir haben aber zudem auch ein neues Netzwerk geschaffen, das es ermöglicht, dass jedes Bundesligaspiel beobachtet wird. Da helfen die Stützpunkttrainer und einige Ligatrainer, die mit dem Verband kooperieren, sodass ich zu jedem Spiel neutrale Eindrücke aus erster Hand geschildert bekomme. Außerdem bekomme ich von jedem Spiel ein Video.

Da Sie in die Materie schon sehr tief eingetaucht sind, verraten Sie uns bitte noch, welche vier Teams die Endrunde erreichen werden.

Altenburg : Mannheim als Endrundengastgeber und Köln als Titelverteidiger haben sich schon ein sehr gutes Polster geschaffen, sodass ich glaube, dass die beiden Plätze vergeben sind. Dahinter ist es zwischen Krefeld, dem HTHC, dem UHC und Mülheim ein sehr enges Rennen, zu dem ich keine Prognose wage. Nur so viel: Ich glaube, dass es bis zum letzten Spieltag spannend bleibt. Und das ist gut für die Liga.