München. Für Pep Guardiola steht im Achtelfinale der Champions League die Bewertung seiner drei Jahre bei den Bayern auf dem Spiel

Die Frage kam etwas unvermittelt, auch für Pep Guardiola, 45. Ob er schon daran gedacht habe, dass es sein letztes Spiel in der Champions League mit dem FC Bayern werden könne? Guardiola stutzte, er hielt inne, und nach seiner Pause folgte eine Antwort, die beinahe klang, als werde ihm erst jetzt in vollem Umfang bewusst, was heute (20.45 Uhr, ZDF, Sky) im zweiten Achtelfinale gegen Juventus Turin für ihn auf dem Spiel steht. „Vielleicht, ja“, sagte Guardiola, werde es sein letztes Spiel in der Champions League mit dem FC Bayern, ehe er schnell anfügte, dass er nicht an ein Scheitern und stets positiv denke.

Natürlich wird sich der Katalane mit dem eher unwahrscheinlichen, aber möglichen Aus nach dem 2:2 im ersten Vergleich mit dem Vorjahresfinalisten vor drei Wochen in Turin auseinandergesetzt haben. Ebenso wie seine Spieler, wie Angreifer Robert Lewandowski, der am Dienstag sagte: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Fehler wie im Hinspiel machen.“ Schließlich verlören italienische Mannschaften „nie den Kopf“ – anders als zuweilen die eigene Belegschaft, wie bei der verspielten 2:0-Führung im lange imponierenden Hinspiel-Auftritt.

Die Szene mit Guardiola nach der unvermittelten Frage am Sonnabend hielt derweil mehr bereit als ein für ihn typisches Ausweichen. Ebenso wie am Dienstag, als es erneut um ein Aus ging. Nun war der Trainer darauf vorbereitet. „Sollten wir verlieren, würde es natürlich in den ersten Tagen schwer werden, aber wir wollen weiterkommen.“ Beide Male gab er nicht nur einen Einblick in seine zuweilen geheimnisvolle Gedankenwelt, in der die kleinen Gemeinheiten des Fußballs nicht viel Platz finden sollen neben seinen großen und schönen Motiven Offensive und Optimismus.

In diesen Szenen verdichtete sich ja auch das übergeordnete Thema seines dritten und letzten Amtsjahres beim FC Bayern, von dem er sich im Sommer gen Manchester City verabschieden wird. Nämlich, ob Guardiola dann die großen Erwartungen und Hoffnungen erfüllt haben wird, die ihn begleiten, seit er 2013 nach seinem Sabbatical in New York die Nachfolge von Jupp Heynckes antrat.

An dessen Triple zum Abschied wird nun häufig erinnert. Sogar von Uli Hoeneß, der vor drei Jahren die einmalige Chance, Guardiola zu verpflichten, ergriff und dafür in Kauf nahm, seinen Freund Heynckes zu verärgern. Als der ehemalige Präsident des FC Bayern am Sonntag in Mönchengladbach bei der Verleihung des Städtischen Ehrenrings an Heynckes die Laudatio hielt, sagte er zu diesem: „Pep Guardiola, der dieses Triple auch unbedingt gewinnen will, der auch angetreten ist, um mindestens einmal die Champions League zu gewinnen, hat mir letzte Woche gesagt, dass er hohen Respekt vor dir und deiner Arbeit hat.“

Um die Bewertung seiner drei Jahre beim FC Bayern geht es für Guardiola nun also schon. In den beiden Vorjahren war er jeweils im Halbfinale klar an Real Madrid und dem FC Barcelona gescheitert. Gegen Real, weil er in die taktische Falle seines künftigen Nachfolgers Carlo Ancelotti getappt war und ausgekontert wurde. Und gegen Barcelona, weil die Offensivsolisten Arjen Robben und Franck Ribéry fehlten, so wurde das jedenfalls bewertet.

Nun gibt es im Angriff ein Überangebot, wenngleich Robben erkältet und fraglich ist. Aufgefangen werden müssen aber erneut vor allem die Ausfälle in der Defensive von Jérôme Boateng, Holger Badstuber und Javier Martínez. Joshua Kimmich und David Alaba könnten wie in Turin innen verteidigen, vielleicht auch Kimmich und der einzige hauptamtliche Innenverteidiger Medhi Benatia, für den Alaba auf die linke Seite rutschen dürfte.

Doch ganz gleich, in welcher Formation: Ein Aus würde Guardiolas stilbildende Lehre des Ballbesitz- und Kombinationsfußballs mit einem Makel versehen, der sein Wirken als unvollendet erscheinen ließe. Nicht um das schöne Spiel geht es nun gegen Turin, das auf die verletzten Stammkräfte Claudio Marchisio und Paulo Dybala verzichten muss und erneut auch auf Abwehrchef Giorgio Chiellini. Sondern auch gegen den Zynismus des Fußballs, wonach das Ergebnis über allem steht, eine Juve-Spezialität. „Für uns zählt nur ein Weiterkommen“, sagt Kapitän Philipp Lahm. Guardiola mag diesen Ansatz zwar nicht, aber er ahnt: „Es wird ein sehr kompliziertes, sehr unangenehmes Spiel. Juve bleibt eine starke, eine gefährliche Mannschaft, die auf den einen Moment wartet.“

Manchester City und Atletico Madrid haben am Dienstag das Viertelfinale der Champions League erreicht. Dem zukünftigen Club von Guardiola genügte für das erstmalige Vordringen unter die letzten acht ein 0:0 gegen Dynamo Kiew. Das Hinspiel in der Ukraine hatten die Engländer 3:1 gewonnen. Atletico und der PSV Eindhoven hatten sich nach Verlängerung wie im Hinspiel mit 0:0 getrennt. Im Elfmeterschießen setzten sich die Spanier mit 8:7 durch.