Hamburg. Albin Ekdal feierte nach vier Monaten ein umjubeltes Comeback. Dass der Schwede heute in Hamburg spielt, verdankt der Club einem Mann, der nun für den kommenden Gegner arbeitet

Viel Zeit zum Deutschlernen blieb Albin Ekdal in den vergangenen Wochen nicht. Zu viel Zeit verbrachte der Schwede in den Reharäumen des HSV. Sehr viel Zeit. Um genau zu sein waren es 135 Tage, ehe Ekdal nach einer langen Verletzungspause am Sonntag wieder für die Hamburger seinem Hauptberuf nachgehen konnte: Fußballspiele bestreiten. Zuvor hatte er mehr Zeit im Kraftraum verbracht als irgendwo sonst. „Mein Deutsch hat sich daher nur langsam verbessert“, sagte der Mittelfeldspieler am Mittwoch zwischen den Trainingseinheiten. Ein Lieblingswort hat Ekdal aber trotz seines Nachholbedarfs an Deutschstunden gefunden: „Sieg.“

Dass der HSV dieses Wort nach dem Spiel gegen Hertha BSC in der Ergebnisliste ankreuzen durfte, lag vor allem an Ekdal selbst. Viereinhalb Monate nach einem Riss der Peroneus- Longus-Sehne im Sprunggelenk konnte HSV-Trainer Bruno Labbadia seinen Lieblingsschüler endlich wieder aufstellen. Wie sehr Ekdal der Mannschaft gefehlt hatte, merkte man erst, als er wieder da war. Mit einer bemerkenswerten Vorstellung hatte der schwedische Nationalspieler dazu beigetragen, dass der HSV das Spiel gegen Berlin hochverdient gewann. Präsent, ballsicher, zweikampfstark; Ekdal brachte Struktur in das häufig so unstrukturierte Hamburger Spiel. Er war das Herz des HSV. „Albin hat sehr intelligent gespielt“, sagte Labbadia anschließend.

Es war erst das neunte Spiel, das Ekdal seit seinem Wechsel im Sommer für den HSV absolvierte. Und es verdeutlichte, warum die Hamburger 4,5 Millionen Euro an Cagliari Calcio zahlten. Mit dem italienischen Club war Ekdal in der vergangenen Saison aus der Serie A abgestiegen. Ein Szenario, auf das der HSV vorbereitet war. So konnte man Ekdal frühzeitig von einem Wechsel überzeugen. „Ich hatte zu Labbadia und Peter Knäbel von Beginn an eine gute Verbindung“, erinnert sich Ekdal an das erste Treffen in Stockholm. Dass der HSV in der Serie A überhaupt auf Ekdal aufmerksam wurde, verdankt er einem Mann namens Matteo Tognozzi. Der Scout sichtete im Auftrag des HSV im italienischen Fußball nach potenziellen Neuzugängen. Auf der Suche nach einem sogenannten Verbindungsspieler stieß er auf Ekdal. HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer hatte Tognozzi vor zwei Jahren von Zenit St. Petersburg mit nach Hamburg gebracht. Die Ekdal-Entdeckung sollte allerdings Tognozzis letzter Coup für den HSV sein. Im Sommer ist er selbst gewechselt – ausgerechnet zu dem Verein, der den Hamburgern in den Vorjahren die besten Spieler abgeworben hatte: Bayer Leverkusen, Gegner des HSV am Sonntag in der BayArena.

Auch Frankreichs Meister Paris St. Germain wollte Ekdal verpflichten

Nachdem Tognozzi den Hamburgern Ekdal empfahl, bildete sich auch HSV-Scout Werner Bröcker eine Meinung vom defensiven Mittelfeldspieler. Schließlich schauten sich Labbadia und Knäbel den Schweden höchstpersönlich bei einem Länderspiel an. Bis dahin galt nach Abendblatt-Informationen auch der Schweizer Fabian Frei als Alternativkandidat. Den jetzigen Mainzer kennt Knäbel schon seit dessen Zeit als Jugendspieler. Doch die Meinung der HSV-Verantwortlichen fiel einstimmig aus. Alle wollten Ekdal. Und Ekdal wollte zum HSV. „Mein Ziel war die Bundesliga“, sagte der 26-Jährige jetzt.

Dabei hätte Ekdal auch in einem Verein mit seinem Landsmann Zlatan Ibrahimovic spielen können. Denn auch Frankreichs Meister Paris St. Germain wollte Ekdal im Sommer verpflichten. Dass der HSV die Zusage erhielt, verwunderte nicht nur den Geschäftsführer von PSG, der Knäbel am Rande des Emirates-Cups gefragt haben soll, wie er das geschafft habe. „Viele waren von meinem Wechsel überrascht“, sagte Ekdal am Mittwoch. Hamburg reizte ihn, er wollte den nächsten Schritt in eine neue Liga wagen. Sein großes Ziel ist die EM.

Experten in Schweden sind überzeugt, dass Ekdal eine große EM spielen wird

„Das Turnier in Frankreich habe ich immer im Hinterkopf“, gibt Ekdal zu. Die Europameisterschaft wird der Höhepunkt seiner bisherigen Karriere sein. Als sich Schweden in den Play-offs gegen Dänemark für die EM qualifizierte, saß der verletzte Ekdal noch voller Anspannung in Stockholm vor dem Fernseher. „Im Stadion hätte ich es nicht ausgehalten“, sagt Ekdal. Bis zum ersten Gruppenspiel am 13. Juni in Paris gegen Irland will er in Topform sein. Bleibt er gesund, ist er für das Dreikronen-Team gesetzt. Experten in Schweden sind überzeugt, dass Ekdal ein großes Turnier spielen wird.

Seine beste Verfassung will er beim HSV in den kommenden Wochen erreichen. Der Anfang ist ihm gelungen. „Albins Präsenz ist schon beeindruckend, insbesondere wenn man bedenkt, dass er nach seiner langen Pause erst bei etwa 60 Prozent sein kann“, sagt Sportchef Knäbel über seinen wohl besten Einkauf, der sich innerhalb der Mannschaft schnell integriert hat.

Und auch in Hamburg fühlt sich Ekdal heimisch. Am liebsten geht er mit seiner Freundin und ihrem Hund an der Alster spazieren. Wenn er denn mal Zeit hat und nicht Deutsch lernen muss. Ein weiteres Lieblingswort hat er in jedem Fall gefunden. „Tschüs“, sagt Ekdal am Ende des Gesprächs, ganz im Stile eines Hamburgers.