Hannover. Der Hamburger verliert das entscheidende Match zur 2:3-Niederlage des deutschen Davis-Cup-Teams gegen Tschechien

Alexander Zverev kaute nach der Demütigung im entscheidenden Davis-Cup-Einzel frus­triert auf seiner Halskette und starrte traurig zu Boden, als er aus der Halle schlich. Seinen vor Wut zertrümmerten Tennisschläger ließ der 18 Jahre alte Hamburger in der Arena von Hannover zurück. „Es ist ganz bitter, dass ich das entscheidende Match verloren habe“, sagte er wenig später nach der 2:3-Erstrundenniederlage gegen Tschechien und räumte fast schon hilflos ein: „Ich habe alles versucht, aber ich wusste heute wirklich nicht, was ich noch machen sollte. Er hat geschossen wie ein Wahnsinniger.“

Statt sich zum umjubelten Helden eines wechselhaften Wochenendes zu küren, erlebte der deutsche Davis-Cup-Debütant eine herbe Enttäuschung. Gegen Lukas Rosol, die Nummer 50 der Herren-Welt, war er am Ende chancenlos und unterlag in drei einseitigen Sätzen mit 2:6, 3:6, 1:6. „Wir haben 2:3 verloren, und ich habe zwei Matches verloren. Ich weiß nicht, was es daran Positives geben soll“, sagte das größte deutsche Talent seit Jahren.

Beim ersten Einsatz Zverevs im Nationalteam scheiterte die Auswahl des Deutschen Tennis Bundes (DTB) damit wie im Vorjahr an der Auftakthürde. Die Tschechen treffen im Viertelfinale vom 15. bis 17. Juli auf Frankreich, das auf Guadeloupe Kanada mit 5:0 ausschaltete. Das DTB-Team dagegen kämpft im September in den Play-offs erneut gegen den Abstieg aus der Weltgruppe und verpasste die Chance auf eine Revanche. 2014 unterlagen die Deutschen den Franzosen im Viertelfinale, vor einem Jahr in der ersten Runde. Der Relegationsgegner wird am 19. Juli in London ausgelost.

Vieles hatte vor dem finalen Match für Zverevs erste Heldentat im Nationaltrikot gesprochen, selbst Teamchef Michael Kohlmann prophezeite öffentlich einen Erfolg seines selbstbewussten Jungstars – und baute damit wohl noch mehr Druck auf, offenbar zu viel. Philipp Kohlschreiber, die Nummer 30 der Weltrangliste, hatte zuvor den Weg zu diesem Showdown geebnet, als er im Spitzeneinzel gegen den Weltranglistensiebten Tomas Berdych, 30, beim Stand von 6:3, 7:5 von der Aufgabe seines am Oberschenkel verletzten Gegners profitierte. Zverev aber versagten anschließend die Nerven, nach nur 98 Minuten schlich er geschlagen vom Platz. Kohlmann machte ihm aber zu Recht keinen Vorwurf: „Rosol hat das Match seines Lebens gespielt, wenn er so spielt, ist es für jeden Spieler der Welt schwierig, dagegen zu halten.“

Das war allerdings nicht einmal die halbe Wahrheit: Zverev knüpfte zu keinem Zeitpunkt an seine erstaunliche Leistung von Freitag an, als er den früheren Wimbledonfinalisten Berdych in den fünften Satz und an den Rand einer Niederlage zwang. Zverev machte in dem 4:20 Stunden dauernden Match insgesamt 16 Punkte mehr als sein prominenter Gegner, die entscheidenden gelangen am Ende jedoch Berdych.

Überraschend kam Zverevs Niederlage gegen Rosol, 30, nicht: Der Teenager, aktuell die Nummer 58 der Welt, hatte zuvor 2014 in Stuttgart und 2015 in Miami beide Duelle gegen den Tschechen verloren und gegen Berdych viel Kraft gelassen. „Ein Davis-Cup-Match ist etwas völlig anderes, vor allem beim Stand von 2:2. Da habe auch ich den Druck gespürt“, sagte Rosol, der Zverev Mut für die Zukunft machte: „Heute war ich erfahrener, aber Alex wird noch viele solcher Matches in seiner Karriere haben.“

Wenigstens kann Zverev jetzt im Juli am Hamburger Rothenbaum spielen

Nach 31 Minuten hatte der 1,98 Meter große Hamburger den ersten Satz verloren, 40 Minuten dauerte Durchgang zwei. Als er mit 0:2 Sätzen in Rückstand geriet, knallte Zverev den Schläger auf den blauen Hartplatz. Bundestrainer Kohlmann sprang zwar immer wieder von seinem Stuhl auf, und auch die deutsche Bank versuchte Zverev anzufeuern – es half nichts.

Bereits am Sonnabend war klar geworden: Zverev muss es bei seiner Premiere richten, will die DTB-Auswahl nicht erneut um den Klassenerhalt zittern müssen. Kohlschreiber (Augsburg) und Philipp Petzschner (Bayreuth) hatten das Doppel gegen Berdych und Radek Stepanek 6:7 (7:9), 5:7, 4:6 verloren, die Überraschung gegen den favorisierten Titelträger der Jahre 2012 und 2013 war in weite Ferne gerückt.

Kohlschreibers Abbruchsieg gegen Berdych sorgte zwischenzeitlich für neue Hoffnung. „Tomas war nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, aber ich denke, die Zuschauer haben anderthalb Sätze klasse Tennis gesehen“, sagte der 32 Jahre alte Augsburger, der zum Auftakt am Freitag Rosol in fünf Sätzen geschlagen hatte: „Es fühlt sich natürlich nicht ganz so schön an, als wenn ich das Ding mit einem Matchball verwandelt hätte.“ Berdych hatte sich bereits beim Stand von 3:2 für Kohlschreiber im ersten Satz am rechten Oberschenkel behandeln lassen. Kohlschreiber nutzte seine Chance, nach 1:40 Stunden stand sein zweiter Sieg im zehnten Aufeinandertreffen mit Berdych fest. Der Tscheche humpelte mit einer dicken Bandage geknickt vom Platz.

Etwas Gutes hat die deutsche Niederlage dennoch. Publikumsattraktion Zverev kann jetzt Mitte Juli beim ATP-Turnier am Hamburger Rothenbaum aufschlagen. Hätte er gegen Rosol gewonnen, hätte er mit der deutschen Mannschaft zum selben Zeitpunkt im Viertelfinale des Davis-Cups antreten müssen.