Hamburg. Beide Profis lassen die Option zur Vertragsverlängerung verstreichen – Entscheidung bei Buchtmann fällt in zehn Tagen

Thomas Meggle schaut auf die Uhr, gleich elf – der nächste Termin wartet bereits. Eilig jetzt. Es gibt viel zu besprechen in diesen Tagen für den Sportchef des FC St. Pauli. Kollegen von anderen Vereinen, Spieler, ihre Berater, Trainer Ewald Lienen. Eine anstrengende Zeit, denn jetzt werden konkret die Weichen gestellt für die neue Saison. Auch wenn immer noch elf Spiele anstehen, ist die Zeit der Vorentscheidungen gekommen.

Zum einen natürlich sportlich, da ist das Verfolgerduell in der Zweiten Liga an diesem Donnerstag (20.15 Uhr/Sport1 und Sky) zwischen St. Pauli und Eintracht Braunschweig am Millerntor von großer Bedeutung. Beide Teams wollen „in Schlagweite“ (Lienen) bleiben, falls oben doch noch einer der Aufstiegsfavoriten sich eine Schwächephase leistet. „Braunschweig hat den Anspruch, nach oben zu kommen, da sind wir ein unmittelbarer Konkurrent“, sagt Lienen, „die wollen uns natürlich oben weghaben.“

Dafür muss die Eintracht unbedingt gewinnen. Soll sie aber nicht. „Unser Ziel ist es, gierig zu bleiben und jedes Spiel gewinnen zu wollen“, sagt Meggle. Wegen der „Schlagdistanz“ halt. Nürnberg (Platz drei) hat bereits fünf Zähler Vorsprung, Bochum hat mit 39 Zählern aufgeschlossen, Braunschweig liegt fünf Zähler dahinter.

Jetzt muss Meggle aber wirklich weg. Bitte um Verständnis. Eine Vorentscheidung ist ja auch schon gefallen, auf der personellen Ebene. Abseits vom Platz, dort, wo in diesen Tagen ebenfalls Weichen gestellt werden, die grundsätzliche Bedeutung für die kommende Spielzeit haben. „Die Erklärungsfrist für Enis Alushi und Sebastian Maier ist abgelaufen“, teilt Meggle noch mit, „beide haben unser Vertragsangebot nicht angenommen.“ Die Kontrakte der beiden Mittelfeldspieler laufen zum Saisonende aus, sie sind ablösefrei. Sie können jetzt gehen.

„Solche Entscheidungen sind immer eine Mischung aus familiärer Situation, sportlicher Perspektive und Geld“, sagt Meggle. Während für den 30 Jahre alten Alushi bei seinen Zukunftsplänen auch die Vertrags- und Karrieresituation seiner Frau Lira eine Rolle spielen wird, die im November Mutter des gemeinsamen Sohnes wurde, locken den 22 Jahre alten Maier wohl vor allem sportliche und konkrete finanzielle Anreize. Christopher Buchtmann soll sich in den nächsten zehn Tagen zum vorliegenden Angebot äußern, mit Bernd Nehrig werden demnächst die Gespräche aufgenommen.

„Ablösefreie Spieler wecken bei vielen Vereinen Begehrlichkeiten“, sagt Ewald Lienen, „ich wünsche den Spielern, dass sie wissen, was sie tun.“ Ein Schnäppchen, das man sich mal für lau ins Regal stellt und bei dem man dann schaut, ob man es vielleicht gebrauchen kann, sollte kein Profi werden, meinte der erfahrene Trainer Lienen noch: „Ich glaube, dass ein Spieler, der in die Bundesliga möchte, durch die Vordertür dorthin gehen sollte. Das heißt, dass ein Verein bereit sein sollte, Ablöse für diesen Spieler zu bezahlen.“

Dies scheint beispielsweise bei Marc Rzatkowski der Fall zu sein. Interessensbekundungen für den quirligen Mittelfeldmotor sind vom VfB Stuttgart und Werder Bremen eingegangen, offizielle Anfragen beim Club bisher nicht. Auch Torwart Robin Himmelmann und Daniel Buballa, deren Kontrakte ebenfalls 2017 enden, haben sich mit St. Paulis Erfolgen in die Notizbücher der Scouts gespielt. „Wir sprechen mit den Spielern, deren Verträge in einem Jahr auslaufen, schon seit November, Dezember immer wieder“, erklärt Meggle. „Wir fragen uns gegenseitig: Wie könnte die weitere Zusammenarbeit aussehen? Und was wollen wir erreichen?“ „Jeder hat den Traum, in der Ersten Liga zu spielen“, weiß auch Lienen, „aber ich glaube, dass auch wir eine gute Adresse sind. Wir haben auch Ambitionen, mittel- und langfristig.“

Auf jeden Fall hat der Verein durch die erfolgreiche Saison bereits Planungssicherheit. Nach unten kann nichts mehr gehen, nach oben vielleicht. Das hilft in den Gesprächen mit anderen Spielern und Beratern sehr. Dass im Angriff etwas passieren wird, nachdem Lennart Thy bereits seinen Wechsel zu Werder Bremen angekündigt hat und John Verhoek den Club Richtung Heidenheim verlassen wird, ist ja klar. Um Ersatz für Alushi und Maier kann sich der Sportchef nun intensiv kümmern. „Wir werden uns ab jetzt konkret nach Alternativen umsehen und bestehende lose Kontakte intensivieren“, sagt Meggle. Und nun muss er aber wirklich los.