Vom Fifa-Kongress in Zürich soll ein Signal des Aufbruchs und der Erneuerung ausgehen, ein Zeichen der Toleranz und des Miteinanders. Was man halt so sagt, wenn man gerade zum Präsidenten des Fußballweltverbandes gewählt worden ist und nicht viel mehr zu bieten hat als gute Worte und ein Versprechen auf Besserung.

Gianni Infantino, jetzt Oberhaupt von 209 Mitgliedsverbänden, trägt eine schwere Hypothek. Die Ermittlungen des FBI, wie die Geldflüsse bei WM-Vergaben und Gefälligkeiten erfolgten, werden seine vierjährige Amtszeit begleiten. Er hat nur drei Dinge entgegenzusetzen: maximale Transparenz, persönliche Integrität und den festen Willen, das mit Getöse verabschiedete Reformpaket durchzusetzen. Fußball wird ewig gespielt. Ob er auch von der Fifa in ferner Zukunft organisiert werden darf, hängt von seinem Geschick und Durchhaltevermögen ab. Eine Chance hat Infantino verdient. Und nur diese eine. Er versprach den Delegierten: Was die Fifa hereinholt, ist euer Geld. An dieser dienenden und nicht mehr selbstherrlichen Position wird der Schweizer jetzt gemessen.

Das Reformpaket sieht einen Veränderungsprozess zu Glaubwürdigkeit und Konsolidierung vor. Gleichzeitig weist die Verbandskasse mitten in der Krise ein Minus von einer halben Milliarde Euro aus. Diesen Konflikt, mit weniger Geld trotzdem Investitionen in die Entwicklung des Fußballs anzuschieben, muss Infantino überwinden. Zerschlägt er den gordischen Knoten, wird er als großer Präsident in die Fifa-Geschichte gehen: als der Präsident, der eine der größten Vertrauenskrisen in der 112-jährigen Verbandsgeschichte überwunden hat.

Seite 32 Infantino neuer Fifa-Boss