Hamburg. Der FC Ingolstadt ist der einzige Bundesligaclub, der noch nie im Volkspark gespielt hat. Ein gutes Omen: Der HSV konnte 32 seiner 52 Heimpremieren gewinnen. Ein Blick zurück nach vorn

Das erste Mal ist etwas Besonderes. Es kribbelt, es ist aufregend, und obwohl man die Premiere unzählige Male im Kopf durchspielt, hat man manchmal auch ein bisschen Angst. Und trotzdem: Das erste Mal vergisst niemand – fast niemand.

„Unser erstes Mal“, sagt Horst Schnoor zögernd, „das ist doch schon so lange her.“ 630 Monate, um genau zu sein. Am 31. August 1963 war es so weit. 32.000 Zuschauer waren in den Volkspark gekommen, wo nicht mehr und nicht weniger als das erste Heimspiel des HSV auf dem Programm stand. Das erste Mal Bundesliga in Hamburg. Der Gegner an jenem Sommernachmittag: der 1. FC Saarbrücken. „Die kannten wir gut. Gegen Saarbrücken mussten wir ja auch in den Gruppenspielen zur deutschen Meisterschaft zuvor häufig spielen“, sagt der damalige HSV-Torhüter Schnoor, der sich an den genauen Spielverlauf der Partie allerdings nicht erinnert. Oder nicht erinnern will.

Kein Wunder. Hamburgs erstes Heimspiel begann, vorsichtig formuliert, bescheiden. Schuld hatte ein Saarbrücker, den vorher kaum einer kannte: Dieter Krafczyk. Der damals 21 Jahre alte Stürmer traf nach einer knappen halben Stunde zum 0:1 und zehn Minuten später zum 0:2. Die Stimmung im Volkspark war auf dem Tiefpunkt – bis Charly Dörfel direkt vor der Pause auf 1:2 verkürzte. In der zweiten Halbzeit traf Dörfel noch zweimal, Uwe Seeler einmal – nach 90 Minuten gewann der HSV mit 4:2. Ende gut, alles gut.

Knapp 53 Jahre ist das nun her. Seit dem Premierensieg gab es viele weitere erste HSV-Male im Volkspark. Das erste Nordderby gegen Werder Bremen 1964 (1:1). Der erste Nord-Süd-Gipfel gegen Bayern München 1965 (0:4). Und das erste Stadtderby gegen St. Pauli 1977 (0:2). Insgesamt 52 Clubs debütierten in Hamburg – meistens mit einem guten Ende für den HSV. Bei den ersten 15 Heimpremieren gingen die Hamburger sogar kein einziges Mal als Verlierer vom Platz. Borussia Neunkirchen beendete diese Serie 1965 mit einem überraschenden 2:1-Auswärtssieg. Insgesamt wurden 32 Heimpremieren gewonnen, nach 13 Spielen endete das erste HSV-Mal unentschieden, siebenmal gingen die Hamburger als Verlierer vom Platz. In 893 Heimspielen (488 Siege/219 Unentschieden/186 Niederlagen) traf der HSV auf jeden Club der Bundesliga – auf jeden bis auf einen: den FC Ingolstadt 04.

Doch bekanntlich gibt es für alles und jeden immer ein erstes Mal. Und für Aufsteiger Ingolstadt steht das erste Mal Bundesliga im Volkspark an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) auf dem Programm. Eine „umkämpfte Partie“ erwartet HSV-Trainer Bruno Labbadia bei der Heimpremiere gegen die Bayern. „Die Ingolstädter bekommen nur wenig Tore, kommen selbst viel über die Standards und haben so den Großteil ihrer Treffer markiert.“

Der HSV scheint gewarnt. Das ist auch deswegen gut, weil ein Sieg bei einer Heimpremiere gegen einen Liganeuling schon lange her ist. Beim letzten ersten Mal gegen den SC Paderborn gerieten die Hamburger am 30. August 2014 gar mit 0:3 unter die Räder, 2012/13 holte der HSV gegen Greuther Fürth immerhin ein 1:1-Unentschieden – genauso wie ein Jahr zuvor gegen Aufsteiger Augsburg. Ein Happy End beim ersten Mal gab es für den HSV zuletzt vor sieben Jahren. 1:0 gewannen die Hamburger damals gegen Hoffenheim. Das Tor schoss Jonathan Pitroipa, im Sturm spielte Ivica Olic.

Der Kroate ist der einzige Hamburger, der damals wie heute beim HSV unter Vertrag steht. Im Sturm wird Olic an diesem Sonnabend aber sicher nicht spielen. Bei der Abschlusseinheit am Freitag musste der Angreifer, der nicht mal im Kader dabei ist, zum wiederholten Male allein Torschusstraining absolvieren. Wie zuletzt hat sich Labbadia auch gegen die vermutlich tief stehenden Ingolstädter für Artjoms Rudnevs entschieden – und damit erneut gegen Pierre-Michel Lasogga. „Pierre versucht im Training Gas zu geben. Das macht er schon“, sagt Labbadia, der trotzdem für Lasogga momentan nur die Jokerrolle vorgesehen hat.

Lasogga oder Rudnevs – Horst Schnoor ist’s gleich. Der Meister von 1960 wird sich die Premiere gegen Ingolstadt unabhängig von der Besetzung im Sturm nicht entgehen lassen. Wie in jedem Heimspiel wird Schnoor auch an diesem Sonnabend mit der Altliga die Partie von der BoConcept-Lounge aus verfolgen. „Ich habe ein bisschen Bammel vor Ingolstadt“, sagt der 81 Jahre alte Hamburger. „Gegen die Kleinen tun wir uns ja immer schwer.“ Das sei schon zu seiner Zeit so gewesen. Trotzdem hofft Schnoor, der zum Spiel von Sohn Oliver begleitet wird, gegen Ingolstadt auf einen Premierensieg. „Ganz vielleicht wird es ja ein Spektakel“, sagt er, „an das sogar ich mich in ein paar Jahren noch erinnere.“

HSV: Adler – Sakai, Djourou, Spahic, Ostrzolek – Jung, Holtby – Müller, Hunt, Drmic – Rudnevs.Ingolstadt: Özcan – da Costa, Matip, Hübner, Bauer – Roger – Groß, Cohen – Hartmann, Lezcano, Leckie.