Hamburg. Der ehemalige Profibox-Weltmeister im Cruisergewicht gibt nach seiner K.-o.-Niederlage in den USA im August sein Comeback.

Niederlagen können Boxer verändern, das weiß man. Sie können stärker daraus hervorgehen, wenn sie die richtigen Konsequenzen ziehen. Sie können daran zerbrechen, wenn die Verarbeitung nicht funktioniert. Vor allem aber können sie daraus eine Menge lernen; mehr als aus vielen Siegen.

Die Frage, was Marco Huck gelernt hat aus dem 14. August, dem Tag, an dem er in Newark (USA) seinen WBO-WM-Titel im Cruisergewicht an den Polen Krzysztof Glowacki verlor, wird an diesem Sonnabend (22.25 Uhr/RTL) beantwortet werden. Im westfälischen Halle steigt der 31-Jährige gegen den Briten Ola Afolabi in den Ring, den Champion des unbedeutenden Weltverbands IBO, gegen den er schon dreimal gekämpft und bislang nie verloren hat. Afolabi ist seit dem bislang letzten Duell im Juni 2013 in Berlin ein stärkerer, stabilerer Boxer geworden. Und Huck?

Der Eindruck, den der gebürtige Serbe, der seit 2009 deutscher Staatsbürger ist, in den vergangenen Wochen zu hinterlassen versuchte, ist der eines Mannes, der keine Zweifel an der eigenen Stärke hegt. „Ein Champion bleibt immer ein Champion, auch wenn er mal verloren hat“, sagte Huck im Trainingslager in Braunlage, wo er sich acht Wochen in der Harzer Bergluft in Form quälte. Wer Demut erwartete nach der vorzeitigen Niederlage gegen Glowacki, der wurde vom Selbstbewusstsein des langjährigen WBO-Champions überrollt. „Ich will Afolabi auf die Zwölf hauen und ihn schlafen legen“, tönte Huck. Seinen Kritikern wolle er „den Mund stopfen“, und außerdem könne er der Neidgesellschaft in Deutschland nichts abgewinnen. „Warum darf man nicht auch mal Sprüche machen, wenn die Leistung stimmt?“, fragte er pro-vokant zurück.

Der Kölner Privatsender RTL mag Men-schen, die Sprüche klopfen. Insofern passt Huck bestens in dessen Unterhaltungsprogramm. Als sich der Bielefelder allerdings Ende 2014 von seinem langjährigen Promoter Sauerland lossagte, war das Interesse der RTL-Verantwortlichen überschaubar. Huck musste in Ermangelung eines zahlungskräftigen nationalen TV-Partners den Weg in die USA gehen und sich mit Don House einem US-Trainer unterwerfen, der ihn zwang, gegen seinen Willen sechs Wochen im Hochsommer im Glutofen Las Vegas zu trainieren. „Ich war kör-perlich so fertig, dass ich gegen Glowacki mit einem schlechten Gewissen in den Ring gestiegen bin, weil die Vorbereitung so schlecht war“, sagt er.

Erst die Intervention Wladimir Klitschkos half ihm nach dem US-Reinfall in Deutschland wieder auf die Beine. Der frühere Dreifachchampion im Schwergewicht, der bislang exklusiv bei RTL boxte, rief Huck an und versuchte, ihn aufzubauen. „Er sagte, dass ihn meine Niederlage gegen Glowacki an seine Niederlage gegen Lamon Brewster erinnert hat. Er riet mir, mich durchzukämpfen, weil ich noch so viel Potenzial hätte“, sagt Huck. Nachdem Klitschko und dessen Manager Bernd Bönte ihr Okay gaben – das sich die Klitschko Management Group (KMG) mit einem Drittel der Kampfbörse fürstlich entlohnen lässt –, erklärte sich RTL bereit, Hucks Comeback und weitere mögliche Kämpfe zu übertragen. Klitschko steht für den Afolabi-Kampf als Experte zur Verfügung.

Die KMG tritt allerdings nicht als Promoter auf, sondern als Berater. Das ist Kenan Huck wichtig. Der Bruder des Boxers ist Geschäftsführer der Huck Sports Promotion (HSP), die nach der Trennung von Sauerland Hucks Kämpfe vermarktet. Um mit dem Verlust des WM-Titels im Rucksack trotzdem an die großen Fleischtöpfe zu gelangen, musste HSP den KMG-Einstieg schlucken. Dennoch sei man völlig autark in allen Entscheidungen. „Es ist mir wichtig, mein eigener Herr zu sein. Mein Bruder unterstützt mich dabei super, er macht einen tollen Job“, sagt Marco Huck.

Dass die Selbstständigkeit nicht immer ein Ponyhof ist, hat er auch in dieser Vorbereitung gespürt. Besonders der kurzfristige Trainerwechsel hat die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Zwölf Tage vor dem anstehenden Kampf trennte sich Huck von Conni Mittermeier, der erst Mitte Dezember den Posten von Don House übernommen hatte. Differenzen darüber, wer in der Ringecke das Sagen haben sollte, führten zu dem Schritt. Nun ist Varol Vekiloglu der Chef, ein 32 Jahre alter, ehemaliger Profiboxer, der in Berlin als Personaltrainer in Fitnessstudios Erfahrung gesammelt hat. „Er kommt in Stresssituationen besser mental an mich heran. Ich habe volles Vertrauen zu ihm“, sagt Huck.

Wenn er Afolabi besiegt, stehen ihm im Cruisergewicht alle Türen offen. Auch ein Aufstieg ins Schwergewicht ist weiterhin eine Option, nachdem er bei seinem ersten Ausflug gegen seinen damaligen Sauerland-Stallkollegen Alexander Povetkin einen respektablen Auftritt abgeliefert hatte. Und wenn er verliert? „Darüber denke ich nicht nach“, sagt er. Dennoch hat er sich mit der Huck Service GmbH, um die sich der Hildesheimer Unternehmensberater Karl-Heinz Wolpers als Geschäftsführer kümmert, ein zweites Standbein aufgebaut, das einen Sturz aus dem vertrauten Netz des Boxens abfedern soll.

Was er glaube, aus dem Kampf gegen Glowacki gelernt zu haben, wurde Marco Huck in den vergangenen Wochen oft gefragt. „Dass alle meine Niederlagen durch eigene Fehler entstanden sind, und dass ich mich daran erinnern muss, was mich stark gemacht hat, um wieder stark zu werden“, hat er geantwortet. Huck reloaded, so lautet das aktuelle Kampfmotto. Er habe alles auf null gestellt und wolle noch einmal neu anfangen. In Halle wird man sehen, was das für seine Zukunft bedeutet.