Hamburg. Nach der Demission Conni Mittermeiers bereitet Varol Vekiloglu Ex-WBO-Champion Marco Huck auf den Fight gegen Ola Afolabi vor.

Fast beiläufig hatte Conni Mittermeier im Trainingslager in Braunlage diesen Satz gesagt, der aufhorchen ließ. „Manchmal ist der Marco auch der Chef“, sagte er, und der Marco, der neben ihm saß, grinste breit. Es war der Moment, in dem man sich zu fragen begann, ob das wirklich gutgehen kann mit Mittermeier und Marco Huck, dem früheren WBO-Weltmeister im Cruisergewicht, der an diesem Sonnabend (22.25 Uhr/RTL) im westfälischen Halle gegen den für Großbritannien startenden Nigerianer Ola Afolabi versucht, seine Karriere wieder in die richtige Richtung zu lenken.

Die Antwort gab es am Dienstag vergangener Woche. In einer Pressemitteilung gab die Huck Sports Promotion, in der der 31 Jahre alte Bielefelder seine Kämpfe seit der Trennung vom Berliner Sauerland-Stall Ende 2014 in Eigenregie vermarktet, die Trennung von Mittermeier bekannt, der den Posten erst im Dezember 2015 übernommen hatte. Nachfolger ist Varol Vekiloglu, ein 32 Jahre alter Berliner, der bis dahin als Athletik- und Personaltrainer im Team Huck gearbeitet hatte.

Mittermeier leistete die Drecksarbeit

Als Begründung gab Huck an, Vekiloglu könne ihn „in Stresssituationen besser erreichen“ als Mittermeier. Deshalb habe er beschlossen, dem früheren Profi die Verantwortung in der Ringecke zu übertragen. Das habe Mittermeier nicht mittragen wollen, so dass die Trennung unausweichlich gewesen sei. Man habe versucht, den Coach im Team zu halten, ihm einen langfristigen Vertrag und die Möglichkeit angeboten, sich ein eigenes Team zusammenzustellen. Doch Mittermeier lehnte ab und verließ das Camp. „Dafür, dass Conni mich in Topform gebracht hat, danke ich ihm sehr“, schob Huck noch nach.

Mittermeier will offiziell dazu nichts sagen, er wünsche Huck „viel Erfolg und einen deutlichen Sieg“. Die Frage, die sich allerdings schon aufdrängte, wenn man das Duo im Trainingscamp im Harz beobachtete, wo sie acht Wochen schufteten, war die, ob der 54-Jährige ausreichend Autorität besitze, um sich gegen ein Alphatier wie Huck zu behaupten. Zu Zeiten im Hamburger Universum-Stall zwischen 2004 und 2009 war der treue Schwabe, der zeitweilig in Stuttgart ein eigenes Gym leitete, mittlerweile aber als Freiberufler tätig ist, der Mann für die Drecksarbeit. Boxer ohne große Namen oder mit wenig Erfolgsaussicht wurden ihm zugeschanzt. Conni sollte das Beste aus ihnen rausholen, was er tat, ohne dafür viel Kredit zu erhalten.

Mit Huck, der mit Abstand sein namhaftester Sportler war, sollte das anders werden – doch wer sah, wie Huck sich im Sparring sogar während laufender Runden gegen Mittermeiers taktische Anweisungen sperrte und dessen Ratschläge teilweise ablehnte, der konnte erahnen, welch eine Aufgabe Mittermeier in den vergangenen Wochen meistern musste. „Es ist nicht einfach, mit Marcos Selbstbewusstsein umzugehen“, sagte er in Braunlage.

Vekiloglu: Huck vertraut mir

Varol Vekiloglu empfindet das nicht so. Er erlebe Huck, der seinen WBO-WM-Titel im August 2015 an den Polen Krzysztof Glowacki verloren und sich anschließend von seinem US-Trainer Don House getrennt hatte, als sehr selbstbewussten, aber auch lern- und teamfähigen Sportler. Der Sohn türkischer Eltern, der die meisten seiner 31 Profikämpfe, von denen er 21 gewann, bis zu seinem Karriereende im Dezember 2014 in Eigenregie bestritt, weiß um die Verantwortung, die er trägt. „Ich bin sehr dankbar für das Vertrauen“, sagt er.

Seit 2012 arbeitet der Vater eines knapp zweijährigen Sohnes in Berliner Fitnessstudios als Personal Coach auch mit Profiboxern, Huck ist jedoch mit Abstand sein namhaftester Klient. „Ich habe durch meine Tätigkeit so viel Erfahrung mit verschiedenen Menschen gesammelt, dass ich in der Lage bin, mich in jeden hineinzuversetzen“, sagt er. Und als ehemaliger Profi könne er nachfühlen, was Huck vor dem Comeback bewege. „Das spürt er, und deshalb vertraut er mir“, sagt er.

Wegner kennt den richtigen Typ für Huck

Huck allerdings, das wüsste niemand besser als sein langjähriger Chefcoach Ulli Wegner, ist jemand, der eine harte Führung braucht. Jemanden, der keinen Zweifel daran lässt, wer Chef im Ring ist. Er kenne zwar weder Mittermeier noch Vekiloglu, so Wegner, „dennoch weiß ich, dass es für Marco wichtig wäre, einen Coach zu haben, der die Richtung vorgibt. Schulterklopfer hat er genug um sich herum.“

Marco Huck sieht die Rolle eines Trainers dagegen eher darin, „dass er mich an die Dinge erinnert, die ich kann und die mich stark gemacht haben“. Mittermeier hatte nicht vorgehabt, Huck von Grund auf zu verändern. „Er muss einfach den Biss wiederfinden, den er hatte, als er Weltmeister wurde. Wenn er dann etwas mehr aus geschlossener Deckung boxt und seine Aktionen durchdachter ausführt, dann wird er Erfolg haben“, sagt er.

Vekiloglu will genau dieses Vorhaben weiterführen. „Ich war mir darin mit Conni immer einig. Aber mir ist wichtig, dass Marco nicht das Gefühl hat, viel verändern zu müssen. Ich habe verstanden, wie er tickt“, sagt er. Den Vorwurf, er rede Huck nur nach dem Mund und sei diesem deshalb genehmer als der kritische Mittermeier, weist er von sich. „Viele denken, dass Marco sich vor harter Arbeit drückt oder vor hartem Training. Aber das ist falsch. Ich streichle ihn nicht nur, sondern sage ihm ganz klar, wo es langgeht. Und er hört auf mich und setzt alles zu 100 Prozent um“, sagt er.

Am 27. Februar wird sich zeigen, ob der Weg, den Marco Huck eingeschlagen hat, der richtige war.