Hamburg. Der Hamburger Zweitligist verpasst durch die 1:3-Niederlage gegen den FSV den vorübergehenden Sprung auf Platz zwei

Andreas Hardt

Natürlich wurde am Millerntor nicht gepfiffen. Erstens sowieso nicht, und zweitens war ja auch die Erinnerung an das Fest gegen RB Leipzig vor gerade einmal einer Woche noch zu frisch. Doch die verdiente 1:3 (1:2)-Heimniederlage gegen den FSV Frankfurt hinterließ beim FC St. Pauli schon Wirkung. „Es ist nach dem geilen Spiel in der letzten Woche absolut frustrierend, den Gegner hier feiern zu sehen“, klagte Torhüter Robin Himmelmann.

Es war ein herber Rückschlag in dem Bemühen, sich als Topteam in der Zweiten Liga zu profilieren und zumindest zwischenzeitlich auf den zweiten Tabellenplatz zu springen. „Es war ein verdienter Sieg für Frankfurt. Bei fast jedem von uns haben vielleicht zehn Prozent gefehlt. Wir haben die wertvolle Führung quasi auf dem Absatz wieder hergegeben“, sagte Trainer Ewald Lienen. Um ein echtes Spitzenteam zu sein, müsse man beständig auch gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte gewinnen“, hatte er nach dem 1:0-Sieg gegen Tabellenführer Leipzig gesagt. Lienen hatte offenbar die Ahnung, dass sein Team noch nicht so gereift ist. „Um zu gewinnen, hätten wir dieselbe Leidenschaft wie beim Sieg gegen Leipzig zeigen müssen. Das ist aber nicht gelungen.“

Sportchef Thomas Meggle sprach von einem gebrauchten Tag. „Das Spiel hat gezeigt, dass uns die Diskussion um das A-Wort nicht guttut“, sagte Meggle. „Wir hätten noch eine Stunde weiterspielen können und hätten kein Tor erzielt.“ Doch die mangelnde Durchschlagskraft vorne war nicht allein der Grund für die vierte Heimniederlage der Saison. „Wir hatten viel zu große Löcher zwischen den Ketten“, sagte Marc Hornschuh, „es ist schwierig, wenn man nicht kompakt steht.

Lienen hatte zum dritten Mal in Folge dieselbe Startelf aufgeboten. Auch wenn er zuvor betont hatte, dass das Match aufgrund der taktischen Ausrichtung des Gegners einen anderen Charakter als gegen spielstärkere Teams haben werde, vertraute er dem bewährten, eher defensiv ausgerichteten Personal. Das Ziel war offensichtlich, sich nicht zu einem zu risikoreichen Offensivdrang verleiten zu lassen.

Dieses Konzept schien nach knapp zehn Minuten aufzugehen. Mit der ersten Torchance ging St. Pauli durch Mittelfeldspieler Marc Rzatkowski, der sich im Strafraum in bester Stürmermanier um 180 Grad drehte, in Führung. Ein frühes Tor hatte sich Lienen erhofft, um gegen die offensiv ausgelegten Frankfurter kontern zu können. Doch es kam alles ganz anders. Schon unmittelbar nach der Führung kassierte St. Pauli den Ausgleich, weil sich die Frankfurter über die linke Seite per doppeltem Doppelpass in den Strafraum kombinieren durften. Fabian Yann schloss den Angriff mit einem Flachschuss ins lange Eck zum 1:1 (11. Minute) ab. „Dieses schnelle Gegentor war ein Nackenschlag“, räumte Daniel Buballa ein, „wir haben es nicht geschafft, Zugriff zu kriegen. Es ist sehr ärgerlich.“ Schon in der zweiten Minute hatte Frankfurt bei einem Kopfball an den Pfosten (Ballas) Pech gehabt. Das glich sich dann aber aus, als Fanol Perdedaj aus rund 30 Metern an die Unterkante der Latte schoss. Den zurückspringenden Ball verwertete Dani Schahin zum 1:2 (32.).

Der FSV hatte das Spiel gedreht und hätte schon in den Minuten danach das Spiel für sich entscheiden können. Doch der erst 18 Jahre alte Nigerianer Taiwo Awoniyi scheiterte bei Alleingängen zweimal am stark reagierenden Himmelmann (36. und 38.). Auf der Gegenseite fand Lennart Thy, der in der zwölften Minute den Außenpfosten getroffen hatte, bei einem Schuss aus der Drehung in FSV- Torwart An­dré Weis seinen Meister. Als nach einer Ecke ausgerechnet der zuletzt überragende Abwehrchef Lasse Sobiech ein Eigentor zum 1:3 (54.) fabrizierte, war die Partie entschieden. So wurde deutlich, dass es dem FC St. Pauli eben doch bisweilen an jenen Qualitäten fehlt, die ein echtes Spitzenteam in der Zweiten Liga ausmachen.