Hamburg. St. Pauli muss nach dem dritten Sieg gegen eine Spitzenmannschaft auch gegen schwächere Gegner regelmäßig punkten

Eine ganz spezielle Premiere erlebten die Fußballprofis des FC St. Pauli am Tag nach dem hart erkämpften 1:0-Heimsieg gegen den Zweitliga-Tabellenführer RB Leipzig. Nach einer regenerativen Einheit im Kraftraum stand für die Startelf-Akteure weder ein Lauf noch eine Radtour durch das Niendorfer Gehege auf dem Programm, sondern nur ein gemütlicher Spaziergang. „Das haben wir wirklich zum ersten Mal gemacht. Unser Athletiktrainer Janosch Emonts hat uns gesagt, dass das ganz gut für das zentrale Nervensystem sei. Wenn ich das so richtig verstanden habe“, erzählte später Marc Rzatkowski, der am denkwürdigen Abend zuvor als Torschütze des entscheidenden Treffers eine der zentralen Figuren des kaum erwarteten Heimsiegs war.

Der Wechsel zwischen höchster Anspannung, Konzentration sowie körperlicher Belastung einerseits und Entspannung andererseits soll ein entscheidender Faktor sein, um im guten letzten Drittel der aktuellen Saison zu weiteren Topleistungen fähig zu sein. Diese werden auch nötig sein, um den erfolgreichen Neustart nach der Winterpause mit jetzt sechs Punkten aus zwei Spielen noch auszuweiten.

Die nächsten Wochen werden dabei eine Antwort darauf geben, ob St. Pauli nun eine echte Spitzenmannschaft oder nur aufgrund günstiger Umstände derzeit Tabellenvierter ist mit lediglich zwei Punkten Rückstand auf den schon als fast sicheren Aufsteiger gehandelten SC Freiburg, der zumindest bis zu diesem Montag noch den zweiten Tabellenplatz innehat.

„Wir sind zu Spitzenleistungen in der Lage, aber um eine Spitzenmannschaft zu sein, gehört noch ein bisschen mehr dazu“, stellte St. Paulis Trainer Ewald Lienen nach dem Sieg gegen Leipzig nochmals klar. „Wir wissen, was wir können, und wir wissen, woran wir noch arbeiten müssen. Diese Etikettierung bringt uns nicht weiter. Nur Punkte und Siege bringen uns weiter. Eine richtige Spitzenmannschaft ist in der Lage, auch gegen tief stehende Teams Torchancen zu erarbeiten und Siege einzufahren. Es ist einfacher, mit einer unglaublichen Abwehrleistung eine Spitzenmannschaft wie jetzt Leipzig zu besiegen, als andere Teams zu bezwingen, die ein ähnliches Konzept verfolgen wie wir.“

Genau diese Herausforderung wird auf die Kiezkicker in den kommenden zwei Wochen zukommen. Am Freitag (18.30 Uhr) stellt sich der auf den 15. Tabellenplatz zurückgefallene FSV Frankfurt im Millerntor-Stadion vor. Neun Tage später muss St. Pauli beim Schlusslicht MSV Duisburg antreten, der schon jetzt elf Punkte Rückstand auf den rettenden Platz 15 aufweist.

In der Hinserie hatte St. Pauli diese Aufgabenstellung nicht immer bestanden. Nach dem 1:0 in Leipzig folgte eine völlig unnötige 0:1-Niederlage in Frankfurt. Und nach der 4:0-Gala gegen Düsseldorf unterlag die Millerntor-Elf 0:2 bei 1860 München.

Torwart Robin Himmelmann hat diese Rückschläge nicht vergessen und warnt daher: „Wir müssen aufpassen, dass es sich nicht ins Unterbewusstsein einschleicht, dass wir jetzt gegen eine Mannschaft spielen, die in der Tabelle weiter unten steht. Diesen Fehler dürfen wir nicht machen und uns nicht darauf ausruhen, zwei gute Spiele gemacht zu haben, und denken, es wird schon irgendwie gehen. Vielmehr müssen wir wieder dieselbe Aggressivität und Leidenschaft an den Tag legen.“

Seine Feldspieler-Kollegen haben in dieser Hinsicht offenbar weniger Bedenken. „Wir werden Frankfurt nicht zu leicht nehmen. Schon gar nicht, weil wir wieder am Freitagabend unter Flutlicht spielen. Da ist die Anspannung automatisch da“, sagt Marc Rzatkowski. Der amtierende Kapitän und Innenverteidiger Lasse Sobiech scheint es sogar kaum erwarten zu können, den Lerneffekt aus den kleinen Rückschlägen vor der Winterpause beweisen zu können. „Sicherlich war Leipzig ein Highlight-Spiel für uns. Aber jetzt sind wir brutal heiß darauf, auch das nächste Spiel zu gewinnen, um dann mit neun Punkten aus der Winterpause gekommen zu sein. Wenn man noch bedenkt, dass wir danach in Duisburg spielen, ist dies eine riesige Chance, wirklich oben dranzubleiben“, sagt er.

Trainer Ewald Lienen schaute dagegen in der Tabelle nach unten und sagte mit einem leichten Schmunzeln: „Wir sind doch auf einem guten Weg. Unser Abstand zum drittletzten Platz ist auf 19 Punkte angewachsen.“ So kann man es auch sehen.