Hamburg. Der Rückzug der HSV-Handballer hat bei Konkurrenzclubs Schaden angerichtet. Doch die befürchteten Klagen bleiben wohl aus

Auf ihrer Internet-Präsenz wünscht die Flens-Arena noch immer „viel Spaß beim Spiel“ zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem HSV Hamburg. Mit dem Nordderby sollte an diesem Mittwochabend eigentlich die Handball-Bundesliga wieder Schwung aufnehmen nach der mehr als sechswöchigen Pause, die die deutsche Nationalmannschaft dazu genutzt hat, Europameister zu werden. Für den Schwung müssen nun andere sorgen: Nach dem Rückzug des HSV mussten die verbleibenden 14 Spiele der Hamburger abgesagt werden.

Das ist vor allem für jene sieben Vereine misslich, die wie Flensburg-Handewitt noch ein Heimspiel gegen den früheren deutschen Meister und Champions-League-Sieger einkalkuliert hatten. Die Flens-Arena wäre mit 5800 Zuschauern ausverkauft gewesen. Annähernd 1000 Einzelkarten musste die SG zurückerstatten. Für die 4800 Dauerkartenkunden werde man sich „noch etwas überlegen“, sagt Manager Dierk Schmäschke: „Wir haben an die Solidarität unserer Kunden und Partner appelliert.“ Ob der deutsche Pokalsieger Schadenersatzansprüche beim HSV geltend machen kann, diese Frage wurde Juristen zur Prüfung vorgelegt. „Aber wir beschäftigen uns damit im Moment nicht.“

Die Aussichten sind ohnehin vage. Die HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG ist aufgelöst, die Masse reicht derzeit nicht einmal aus, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Ob der HSV Hamburg e. V. als Lizenznehmer dafür in Haftung genommen werden kann, dass die Spielberechtigung wohl auf unvollständigen Unterlagen beruhte und entzogen wurde, wäre juristisch zu klären. Wenn ja, hätte es die Insolvenz auch des Vereins zur Folge. Dann wäre nicht nur der geplante Neustart in der Dritten Liga hinfällig; die Kläger drohten auch auf ihren Anwaltskosten sitzen zu bleiben.

Die Rhein-Neckar Löwen, die den HSV am 17. Mai empfangen hätten, haben von einer Klage bereits Abstand genommen. Auch bei den anderen Leidtragenden scheint die Neigung nicht sehr ausgeprägt zu sein. Berlins Manager Bob Hanning will an diesem Mittwoch mit einem Anwalt über die Folgen des Spielausfalls am 20. März beraten, „aber die Tendenz ist, dass wir nichts machen“. Bei der TSV Hannover-Burgdorf, deren geplantes Saisonfinale am 5. Juni nun ausfällt, ist man laut Pressesprecher Markus Ernst noch „in der Findungsphase“. Eine Entscheidung werde kommende Woche gefällt.

Auch beim ThSV Eisenach, wo der HSV am 7. Mai vorspielen sollte, behält man sich weitere Schritte vor. Der Aufsteiger hatte 2800 Zuschauer einkalkuliert und einen Topspielzuschlag von zwei Euro pro Karte erhoben. „Das ist für uns viel Geld“, sagt Geschäftsführer Karsten Wöhler. Andererseits sei durch den Rückzug der Hamburger die Chance auf den Klassenerhalt gestiegen. Gleiches gilt für Balingen-Weilstetten, wo der HSV am 27. Februar antreten sollte. Geschäftsführer Wolfgang Strobel sieht seinen Club trotzdem „doppelt geschädigt“: Im inzwischen annullierten Hinrundenspiel waren für die Schwaben Hotel- und Flugkosten angefallen. Strobel: „Wir prüfen es rechtlich, aber im Vordergrund steht für uns, den Schaden in Grenzen zu halten.“ Man habe Stammkunden und Sponsoren deshalb „um Solidarität gebeten“.

Lemgos Manager Jörg Zereike verweist in diesem Zusammenhang darauf, „dass wir vergangene Saison zum gleichen Preis ein zusätzliches Heimspiel anbieten konnten“ – aufgrund des Hickhacks um die HSV-Lizenz umfasste die Bundesliga damals 19 Vereine. Dass nun das Spiel am 16. April ausfällt, „trifft uns nicht so hart“.

Ungleich größer ist der Schaden beim ostwestfälischen Rivalen GWD Minden, der im Vorjahr als Viertletzter absteigen musste. „Aber was sollen wir uns auf einen jahrelangen Rechtsstreit einlassen“, sagt Geschäftsführer Horst Bredemeier: „Ich wünsche dem HSV, dass er seine Jugendarbeit fortsetzen kann und wieder aufsteigt.“