Hamburg. Nach der Kopfnuss gegen Gregoritsch wurde HSV-Profi Ilicevic für die Partie gegen den 1. FC Köln suspendiert. Der ausgeliehene Josip Drmic ersetzt ihn

Es war 15.10 Uhr, als sich die Mannschaft des HSV am Freitagnachmittag auf den Weg Richtung Trainingsplatz begab. 24 Spieler konnte man aus der Ferne zählen. Die acht anwesenden Besucher der nicht öffentlichen Einheit, die über die Zäune ein paar Blicke auf ihre Lieblinge erhaschen wollten, interessierte vor allem eine Frage: Darf Ivo Ilicevic nach dem Trainingseklat am Tag zuvor wieder mitmachen? Die Antwort lieferte der HSV nahezu zeitgleich mit einer Kurzmitteilung über den vereinseigenen Twitter-Kanal. Ilicevic darf nicht.

„Als Konsequenz aus dem Vorfall hat Trainer Bruno Labbadia entschieden, dass Ilicevic nicht im Kader für das Spiel gegen den 1. FC Köln steht.“ Der Kroate hatte am Donnerstag seinen Kollegen Michael Gregoritsch nach einem Trainingsstreit mit einem Kopfstoß im Gesicht getroffen. Zudem muss der Offensivspieler an den Verein eine Geldstrafe zahlen, die zwischen 10.000 und 15.000 Euro liegen dürfte.

Zum ersten Mal nach zweieinhalb Jahren wird damit wieder ein HSV-Spieler aus disziplinarischen Gründen sanktioniert. Damals, im August 2013, flogen Dennis Aogo und Tomas Rincon aus dem Kader für das Spiel gegen Hertha BSC, weil sie nach der 1:5-Heimniederlage gegen 1899 Hoffenheim unabgesprochen einen Kurztrip nach Mallorca unternommen hatten.

Nun also Ilicevic. Die Suspendierung ist für den HSV der negative Höhepunkt eines missglückten Jahresauftakts. Drei Niederlagen während der holprigen Vorbereitung, zwei weitere zum Rückrundenauftakt, eine Transferpanne und schließlich der Trainingseklat. Ganz nebenbei stellte Finanzvorstand Frank Wettstein in einem Interview mit der „Finance“ auch noch klar, dass den HSV mit 90 Millionen Euro weiter eine große Schuldenlast drückt. „Wir stehen vor einer schweren Rückrunde“, sagte Dietmar Beiersdorfer bereits auf der Mitgliederversammlung am 17. Januar. Dass die Mannschaft die Vorhersage des Vorstandschefs derart schnell in die Tat umsetzt, hatte Beiersdorfer damit aber sicherlich nicht gemeint.

Um den sportlichen Abwärtstrend zu stoppen, hilft dem HSV am Sonntag gegen Köln (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) im Grunde nur ein Heimsieg. Und im besten Fall gleich noch ein weiterer sieben Tage später gegen Mönchengladbach. Selbe Zeit. Selber Ort. „Die zwei Heimspiele sollten uns Rückenwind geben und es uns leichter machen, so etwas wie eine Serie zu starten“, sagte Sportchef Peter Knäbel. Das Problem: Die Begriffe „leicht“ und „machen“ wollten in der jüngeren Heimspielvergangenheit des HSV so gar nicht zusammenpassen.

Diese Vergangenheit bezieht sich vor allem auf die jüngsten fünf Heimspiele der Hamburger, von denen der HSV vier verlor. Zuletzt waren es drei in Folge. Vier Heimpleiten in Serie gab es in der Vereinsgeschichte erst zweimal. „Wir sind es unseren Zuschauern schuldig, zu Hause wieder zu der Stärke zu finden wie am Ende der vergangenen Saison“, sagt Knäbel. Auch zu Saisonbeginn machte der HSV im Volkspark ordentliche Spiele. Knäbel sprach nach den ersten drei Heimspielen davon, wieder ohne Angst ins Stadion gehen zu können. Doch vor allem in den letzten Spielen des Jahres gegen Mainz (1:3) und Augsburg (0:1) zeigte die Mannschaft ihre größte Schwäche: Muss sie gegen tief stehende Teams das Spiel machen, hat sie Probleme. „Wir wissen, warum wir diese Spiele verloren haben“, sagt Labbadia. Und feilte am Freitag an Lösungen. „Wir müssen jetzt mit dem Ball arbeiten, nicht nur gegen den Ball“, rief der Trainer.

Mit dem 1. FC Köln wird der HSV am Sonntag wieder auf eine Mannschaft treffen, die aus einer gesicherten Ordnung heraus agiert und dem HSV den Spielaufbau überlassen wird. Dann wird sich zeigen, ob die Hamburger im Laufe der Saison spielerisch einen Schritt nach vorne gemacht haben. Im Hinspiel zeigte Labbadias Mannschaft 60 Minuten lang, dass sie ein Spiel kontrollieren kann. Am Ende stand es 1:2 – auch weil Emir Spahic nach einer vermeintlichen Notbremse gegen Anthony Modeste die Rote Karte sah.

Es war trotz der Niederlage die Phase, in der sich der HSV nach einem turbulenten Saisonstart stabilisierte. Vorausgegangen war das peinliche Pokalaus gegen Viertligist Jena, die Rucksackaffäre sowie ein Kabineneklat, den es nie gegeben haben soll. Der HSV im Februar 2016 erinnert verdächtig stark an den HSV im August 2015.

Mit dem Auswärtssieg in Gladbach begann vor einem halben Jahr die stärkste Phase des Vereins. Hamburgs Hoffnungsträger auf einen ähnlichen Aufschwung ist nun ausgerechnet ein Mann, der beim 3:0-Sieg des HSV im September noch für die Borussia spielte: Josip Drmic. Der Schweizer Stürmer gibt am Sonntag sein Startelfdebüt für die Rothosen. „Ich kann es kaum erwarten, in diesem Stadion für den HSV zu spielen“, sagt die Leihgabe, die voraussichtlich die Position von Ivo Ilicevic im linken Mittelfeld übernimmt.

Der suspendierte Flügelflitzer muss sich dagegen erstmals in dieser Saison ein Spiel von der Tribüne aus anschauen. Die Strafe dauert allerdings nicht lange an. Am Montag darf sich Ilicevic wieder gemeinsam mit seinen Kollegen zum Training begeben.