Kitzbühel. Topfahrer Svindal, Reichelt und Streitberger stürzen an der gleichen Stelle. Für einen kam es vor den Augen des Jetsets besonders arg.
Aksel Lund Svindal mit Kreuzbandriss im Krankenhaus. Hannes Reichelt mit Knochenprellung im Knie auf unbestimmte Zeit raus. Georg Streitberger mit Kreuzbandriss und Riss des Außenmeniskus für Monate ausgeschaltet. Beim Hahnenkamm-Rennen auf der legendären Streif in Kitzbühel hat es an einem denkwürdigen Sonnabend auch Top-Fahrer schwer erwischt. Die beiden Österreicher mussten mit dem Hubschrauber abtransportiert werden, der Norweger Svindal kam mit dem Schneemobil ins Tal. Das Rennen wurde nach 30 Startern abgebrochen, den Sieg feierte Peter Fill am zweiten Geburtstag seines Sohnes.
Seine drei Kollegen waren allesamt nach der Hausbergkante am Eingang der Traverse schwer gestürzt. Das wichtigste Rennen des Jahres vorzeitig zu stoppen, war für den Präsidenten des Österreichischen Skiverbands die vollkommen richtige Entscheidung. Peter Schröcksnadel wollte das schon nach dem Sturz Svindals bei Renndirektor Markus Waldner erwirken: „Wenn der derzeit beste Abfahrer ohne Fahrfehler so abhebt, weil die Sichtverhältnisse sich verändert haben, dann ist das ein Grund zu überlegen.“
Beobachtet von mehreren zehntausend Zuschauern und Promis wie Arnold Schwarzenegger, Kai Pflaume, Ralf Möller oder DJ Ötzi war Svindal kurz vor der Traverse regelrecht von der Strecke in die Fangnetze katapultiert worden. Den Start hatte die Rennleitung zuvor bereits zweimal verschoben und wegen der Witterungsbedingungen schließlich an eine Stelle wenige Meter oberhalb der berühmten Mausefalle verlegt.
Kreuzband- und Meniskusriss bei Svindal
Am Abend war dann klar: Svindal riss sich nach Angaben seines Trainers Christian Mitter das vordere Kreuzband und den Meniskus im rechten Knie und muss die Weltcup-Saison damit vorzeitig beenden. Der norwegische Verband rechnet mit einem knappen Jahr Pause für den Gesamtweltcupführenden. Svindal zog sich bei seinem Sturz außerdem Schürfwunden im Gesicht zu und blutete an der Nase.
Svindals Teamkollege Kjetil Jansrud berichtete zwar von vielen dunklen Stellen und Wind auf der Strecke, einen noch früheren Abbruch hätte es seiner Meinung nach aber nicht geben müssen. „Ein oder zwei Stürze gibt es immer in Kitzbühel. Dass es jetzt so viele aus der Topgruppe sind, das ist nicht normal. Aber das ist halt Kitzbühel“, sagte der Vorjahressieger lapidar.
Harsche Kritik von Marcel Hirscher
Ungleich kritischer sah das Marcel Hirscher, der eine Sicherheitsdebatte angestieß. „Leider ist es nicht die einzige Verletzung am Kitzbühel-Wochenende“, meinte der österreichische Ski-Star im ORF. Er bezog sich auf die Stürze seiner Teamkollegen Reichelt und Streitberger im Abfahrtsrennen sowie von Florian Scheiber und Max Franz bei den Trainingsfahrten.
„Es ist momentan der Punkt, wo man sich Gedanken machen muss, was ist möglich und was ist schaffbar, und was ist fahrbar und was ist zu gefährlich. Ich bin mir bewusst, dass das ein schmaler Grat ist zwischen Show und zu gefährlich“, sagte Hirscher. Er sei sich bewusst, dass diese Entscheidung zu treffen „sicherlich der schwierigste Job“ ist. Hirscher hat durch den Ausfall von Svindal nun sehr gute Chancen auf den fünften Gesamtweltcupsieg nacheinander.
FIS-Renndirektor Markus Waldner betonte am Abend, dieser Bereich sei „hart“, aber nicht unsicher gewesen.
Gutes Resultat für Deutschen Sander
Auf die Plätze zwei und drei fuhren die zwei Schweizer Beat Feuz (+0,37 Sekunden) und Carlo Janka (+0,65). Klaus Brandner durfte mit Startnummer 46 gar nicht mehr antreten, Andreas Sander verbuchte nach den Plätzen zehn (Super-G) und 15 (Kombination) am Freitag als 17. das nächste gute Resultat. Mit 2,00 Sekunden Rückstand auf Fill profitierte er dabei aber natürlich vom Abbruch.
„Den Platz nehme ich mit“, sagte Sander und betonte: „Nach den ganzen Stürzen ist mir das echt egal. Danach war ich so schockiert, dass ich nur gehofft habe, dass es voll glücklich über die Bühne geht.“
Auf seine Stöcke gestützt hatte er die Unfälle seiner Kollegen beobachtet. „Aksel Lund Svindal und Hannes Reichelt, die so super Techniker sind, wenn es die dann noch so schmeißt, das ist doppelt bitter“, berichtete Sander. „Da weißt du, es gibt wirklich große Probleme.“
Die Promis auf der Streif:
Der Jetset fällt zur Streif in Kitzbühel ein
Sieger Fill denkt an seinen Sohn
Für Fill war es daher schwer, den wichtigsten - und erst zweiten - Weltcup-Sieg seiner Karriere in vollen Zügen zu genießen. Glücklich war er dennoch und meinte nach einer über die Stadionmikrofone ausgesprochenen Gratulation an seinen Sprössling Leon: „Das ist das größte Rennen in diesem Jahr. Vor der Saison hatte ich ein Ziel: In Wengen oder Kitzbühel zu gewinnen. Das ist ein ganz spezieller Tag.“
Nur ein Ereignis war in seinem Leben noch bedeutender: „Die Geburt meines Sohnes war mein größter Triumph, das ist mein zweitgrößter.“
dpa/HA