Hamburg.

Das leuchtend rote Kinesiotape, das ihre beiden Oberschenkel fast komplett verklebt, lässt Schlimmes befürchten, doch Roda Müller-Wieland sagt: „Ich bin fit!“ Und das ist keine Selbstverständlichkeit, denn eine Schambeinentzündung zwang die Defensivspielerin des Uhlenhorster HC zu einer monatelangen Bewegungspause. Erst im November konnte die 25-Jährige wieder ernsthaft trainieren. Umso erstaunlicher also, dass sie an diesem Freitag, wenn mit den Partien gegen Gastgeber Weißrussland (11.30 Uhr) und Österreich (16.30 Uhr) die Hallen-EM in Minsk startet, zum Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft zählt. Weil der A-Kader einen Feldlehrgang in Singapur bestreitet, hat Hallen-Bundestrainer Aditya Pasarakonda sein Aufgebot mit Indoor-Spezialistinnen bestückt, zu denen aus Hamburg auch Müller-Wielands Clubkollegin Julia Dudorov, Victoria Huse und Silja Lorenzen (beide Club an der Alster) zählen. So kommt die geborene Hamburgerin zu ihrem ersten Turniereinsatz.

„Wenn man einige Jahre immer an einer Nominierung kratzt, ist es natürlich super, es endlich zu schaffen“, sagt Roda Müller-Wieland. In der jungen Mannschaft ist sie mit 25 die drittälteste Spielerin – und wurde gemeinsam mit der Mülheimerin Katharina Windfeder als Kapitänin ausgeguckt. „Ich werde meine Erfahrung einbringen und versuchen, die jungen Spielerinnen zu führen“, sagt sie. Nach Weißrussland und Österreich wartet am Sonnabend (9.20 Uhr) noch die Ukraine. Gerade die Osteuropäerinnen gelten aufgrund ihrer physischen und technischen Stärke als unangenehme Konkurrenz. „Dennoch ist der Titel unser Ziel“, sagt Roda Müller-Wieland.

Dass es ihr nicht vergönnt war, mit ihrer Schwester Janne, 29, die zweimal an Olympischen Spielen teilnahm und auch für Rio 2016 gute Chancen hat, im Nationalteam zusammenzuspielen, liegt an der gesundheitlichen Belastung, die sie tragen muss. Als sie 13 Jahre alt war, wurde die Glutenunverträglichkeits-Erkrankung Zöliakie diagnostiziert, eine chronische Entzündung der Dünndarmschleimhaut. „Bis ich 20 war, war mein Körper komplett Murks. Das hat mich im Sport weit zurückgeworfen“, sagt sie. Fachgerechte Ernährung hilft, dennoch gibt es bisweilen Rückschläge. Umso schöner, dass ihre Beharrlichkeit nun belohnt wird.

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