Hamburg. Die Hamburg Freezers verspielen gegen Düsseldorf eine 3:0-Führung – und gewinnen dennoch mit 4:3

Björn Jensen

Eine Frage konnte man als regelmäßiger Beobachter der Auftritte der Hamburg Freezers am Freitagabend in der Barclaycard Arena nicht aus dem Kopf bekommen. Warum spielt die Mannschaft von Cheftrainer Serge Aubin nicht immer so wie in den ersten 30 Minuten? Die Antwort lieferte sie selbst: weil die Konstanz fehlt, um auch 60 Minuten auf einem hohen Level durchzuziehen. Dennoch sollte der hart erkämpfte 4:3 (1:0, 2:1, 1:2)-Erfolg über die als Tabellenzweiter angereiste Düsseldorfer EG Mut machen, um die Schaffenskrise der vergangenen Wochen hinter sich zu lassen.

Wie vor der Partie das Selbstvertrauen auf die beiden Teams verteilt gewesen sein dürfte, verriet ein Blick auf die Statistik. Dreimal in Serie hatten die Freezers verloren. Düsseldorf, das die Hamburger im Viertelfinale der vergangenen Saison in sieben hart umkämpften Spielen mit 4:3 ausgeschaltet hatte, kam dagegen als bestes Auswärtsteam der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit acht Gastspielsiegen in Folge. Und dennoch waren es die „Eisschränke“, die anfangs die Initiative übernahmen.

Das frühe Führungstor spielte ihnen dabei selbstverständlich in die Karten. Nach einem Patzer von DEG-Abwehrspieler Bernhard Ebner durfte sich Marcel Müller darüber freuen, in zentraler Position völlig frei zum Schuss zu kommen. Das nutzte der in dieser Saison arg durchschnittlich agierende Angreifer, um mit einem Flachschuss in die linke Ecke Robert Goepfert im Düsseldorfer Tor zu überwinden. Für Müller, der mit Michael Davies und Phil Dupuis in einer Reihe stürmte, während Thomas Oppenheimer zu den Dänen Julian Jakobsen und Morten Madsen rotierte und der Ausfall des gesperrten David Wolf durch Jaroslav Hafenrichter in der Formation mit Jerome Flaake und Garrett Festerling kompensiert wurde, war es Saisontor Nummer sechs.

In der Folge spielte Aubins Auswahl aus einer sicher stehenden Defensive, die auch drei Unterzahlsituationen schadlos überstand, aggressiv nach vorn. Zu beobachten war, dass das Trainerteam anscheinend einfaches Aufbauspiel propagiert hatte. Die Scheibe wurde oft schnell tief gebracht, vor Goep­fert lauerte stets ein Hamburger Angreifer auf mögliche Abpraller. Düsseldorf wirkte technisch reifer und im Aufbau gefälliger, konnte sich jedoch nur selten gefährlich vor das von Sébastien Caron sehr solide gehütete Hamburger Tor durcharbeiten.

Die besseren Chancen, um die Führung auszubauen, hatte Hamburg. Zunächst war es der frühere Düsseldorfer Davies, der wenige Tage vor der Partie mit einer Schadenersatzklage gegen seinen Ex-Club im Zuge seiner Doping-sperre aus der vergangenen Spielzeit für Aufsehen gesorgt hatte, der völlig freistehend an Goepfert scheiterte. Kurz vor der ersten Drittelpause hätte Dupuis das 2:0 machen müssen, doch der DEG-Keeper rettete nach kurzzeitigem Verlust seines Fanghandschuhs sogar mit bloßer Hand vor dem einschussbereiten Kanadier. Nachdem Davies kurz nach Wiederbeginn die einhändige Rückhand auspackte, war der frühere Freezers-Keeper allerdings machtlos. Und als Garrett Festerling – kein anderer als der unermüdlich rackernde Stürmer hatte ein Tor mehr verdient – einen hübsch anzuschauenden Überzahlangriff mit dem 3:0 abschloss, kam unter den 10.114 Besuchern erstmals so etwas wie Hochstimmung auf. Dass Düsseldorf kurz vor der zweiten Pause zum Anschlusstor kam, erregte zunächst niemanden.

Das änderte sich, als Ken Andre Olimb zwölf Sekunden nach Wiederbeginn zum 2:3 traf. Plötzlich war jegliche Sicherheit verschwunden, die Nervosität bis unters Hallendach spürbar – und der Ausgleich die logische Konsequenz. Doch während nun viele mit dem totalen Einbruch rechneten, zeigte das Team nach einer von Aubin genommenen Auszeit eine Reaktion. Zunächst schoss Festerling einen Penalty ans Lattenkreuz, doch kurz darauf konnte Madsen einen Schlenzer von Kapitän Christoph Schubert zum 4:3 ins DEG-Netz abfälschen. Mit viel Leidenschaft wurde die Führung ins Ziel gerettet.

An diesem Sonnabend machen sich die Freezers auf die Busreise nach Ingolstadt, wo sie am Sonntag (16.30 Uhr) endlich auch auswärts ein Zeichen der Stärke setzen müssen.

Tore: 1:0 (3:51) Müller (Davies, Dupuis), 2:0 (21:02) Davies (Madsen, Jakobsen), 3:0 (30:41) Festerling (Flaake, Roy) 5-4, 3:1 (39:29) Lewandowski (Ebner, Daschner), 3:2 (40:12) Olimb (Daschner, Milley), 3:3 (46:23) Preibisch (Dmitriev), 4:3 (50:12) Madsen (Schubert, Tiffels). Strafminuten: 8/12 + 10 Collins (Check gegen den Kopf von Jakobsen). Schiedsrichter: Aumüller/Piechaczek (Planegg/Finning). Zuschauer: 10.114.