München. Trainer Pep Guardiola nennt erstmals den Grund für seinen Abschied im Sommer vom FC Bayern München

Pep Guardiola kam im schlichten blauen T-Shirt. So lässig, wie er nun dasaß, so gelöst gab er sich auch. Ausführlich und ungewohnt offen geriet sein Auftritt, nachdem er sich vor Weihnachten noch sehr zugeknöpft gegeben hatte. Guardiola wirkte beinahe befreit, und es sprach am Tag vor dem Abflug ins Trainingslager nach Katar nun mehr der Privatmann als der Profitrainer des FC Bayern. Heraus kam eine Begründung für seinen Abschied am Ende der Saison, die zur schlichten und privaten Garderobe passte.

„Es ist sehr einfach: Ich will in England in der Premier League trainieren“, sagte Guardiola vor elf Kamerateams und 30 Journalisten im Medienraum an der Säbener Straße. Nach 40 Minuten schloss er mit den ebenfalls sehr klaren Worten: „Ich denke, es ist das Beste für mich, für den Verein, für alles, dass es die letzte Saison ist.“ Ärger mit der medizinischen Abteilung, unerfüllte Transferwünsche oder noch bessere Verdienstmöglichkeiten in England – all diese denkbaren Gründe für seinen Entschluss haben seinen Ausführungen zufolge keine Rolle gespielt. Vielmehr sei es eine Entscheidung aus Ehrgeiz und Neugier auf die Welt gewesen, im Sommer weiterzuziehen zum nächsten Projekt, zumal im Mutterland des Fußballs, so wollte der 44 Jahre alte Katalane verstanden werden.

„Ich bin jung genug und will meine Karriere nicht beenden ohne die Erfahrung Premier League“, sagte er, „ich will mich neu ausprobieren. Ich will ihre Stimmung erleben, ihre Stadien. Ich habe die Möglichkeit, nach England zu gehen, und ich denke, dass es mit meinen 44 Jahren der richtige Zeitpunkt ist.“ Drei Jahre bei einem Verein seien zudem genug, und der FC Bayern habe in Carlo Ancelotti einen perfekten Nachfolger gefunden. Der neue Impuls sei auch eine Chance für den Verein. „Alles wird gut“, sagte Guardiola.

Erstaunlich offen hat er seine Sehnsucht nach neuen Reizen und Aufgaben vorgetragen, womit er zwar einem klaren Karriereplan mit dem Fernziel Nationaltrainer folgen dürfte. Zugleich wollte er erklären, was ihn in seinem Job wirklich antreibt, und damit um Verständnis werben, im Verein und außerhalb. Sich mit seiner Idee vom Fußball, mit seinem Ideal des Ballbesitzstils, nun nach den Stationen FC Barcelona und FC Bayern auch in England beweisen zu können spornt ihn demnach mehr an als Titel. „Vielleicht wäre meine Zeit nicht komplett, ich verstehe das. Vielleicht habe ich nicht mehr Qualität, aber ich habe das Beste gemacht“, sagte er, als er auf den erhofften Gewinn der Champions League in seinem dritten und letzten Münchner Jahr angesprochen wurde. Sein Ziel sei es vor allem, „besser zu spielen“ und seinen Profis stets zu „helfen, dass sie meine Spielweise verstehen. Das ist für mich genug.“ Egal, ob in Barcelona, München oder vom 1. Juli an bei Manchester City, wie gemunkelt wird, was Guardiola aber nicht bestätigte. Nur so viel: Er habe mehrere Angebote, und wenn ihn ein Verein verpflichte, werde dieser das kommunizieren.

Lehren aus Liebe zum Fußball, das war seine Kernbotschaft, und nicht, um Titel und Ruhm zu mehren. Am erhofften Gewinn der Champions League oder den Erfolgen berühmter Vorgänger wie Udo Lattek, Ottmar Hitzfeld oder dem Triplegewinner Jupp Heynckes will sich der Trainer deshalb nicht messen lassen, wenngleich er weiß, dass seine drei Amtsjahre in München genau danach bewertet werden dürften. 2014 und 2015 war er mit dem FC Bayern in den Halbfinals der Champions League jeweils klar gegen Real Madrid und Barcelona ausgeschieden. Nun wartet im Achtelfinale der Vorjahresfinalist Juventus Turin. Guardiola weiß, dass ein frühes Aus seine Bilanz in München enttäuschend erscheinen ließe, dass es zum krönenden Abschluss den Henkelpott braucht, trotz bisher zweier Meistertitel und eines Pokalgewinns, vieler Rekorde, der Prägung eines Stils und mehr Flexibilität der Mannschaft und der Einzelspieler.

Mit seiner bisherigen Bilanz ist er zufrieden. „In der Bundesliga in zweieinhalb Jahren haben wir es perfekt gemacht“, sagte Guardiola, machte dazu eine Kussgeste mit beiden Händen und wiederholte diese, als er lobte, der Verein habe ihm „einen ausgewöhnlichen Kader gegeben“. Überhaupt, das war unverkennbar, versucht der Trainer einen Abschied ohne weitere Spannungen hinzubekommen. „Ich werde ein kleiner Teil der großen Geschichte dieses Vereins sein“, sagte er demütig.

Ob Guardiola in seiner Regierungserklärung vor seinem letzten Halbjahr wirklich all seine Gedanken verraten hat, darf trotz der Offenheit wohl bezweifelt werden. Nur ganz kurz streifte er die zurückliegenden Dissonanzen. „Ich habe alles und kann mich nicht beklagen“, sagte er, doch „natürlich gibt es in jedem Verein Probleme. Aber du brauchst Probleme, um dich zu verbessern.“ Und ja, er brauche auch „diesen Druck“. Vor allem aber die nächste Herausforderung, privat und beruflich.