Hamburg. Der FC St. Pauli unterliegt dem Karlsruher SC trotz zahlreicher Torchancen mit 1:2 – ein Abseitstreffer der Badener entschied die Partie

Florian Heil

Noch lange nach dem Abpfiff feierten die St.-Pauli-Fans im Millerntor-Stadion ihre Spieler, obwohl sie ihnen sechs Tage vor Heiligabend keine freudige Bescherung geboten hatten. Das 1:2 gegen den KSC aber war nach starker kämpferischer Leistung eine höchst unglückliche Heimniederlage, zumal dem entscheidenden Treffer auch noch eine Abseitsposition vorausgegangen war. Am Ende scheiterte der FC St. Pauli an seiner zu uneffektiven Chancenverwertung.

„Es gab nur eine Mannschaft, die den Sieg verdient hatte, und das waren wir“, sagte Ewald Lienen und übte Kritik an den Unparteiischen: „Es fällt mir schwer, mit solchen Fehlentscheidungen zu leben. Der Freistoß war unberechtigt und führte zu einem Abseitstor. Dazu hätte es zwei Elfmeter für uns geben müssen, als Buchtmann gleich am Anfang und Thy direkt nach seinem Kopfball an den Pfosten brutal weggecheckt werden. So etwas erleben wir an jedem Wochenende. Die ganze Welt weiß nach wenigen Sekunden, was los ist. Nur die Schiedsrichter wissen es nicht. Wir brauchen den Videobeweis.“

Außerdem hätte Lienen einige gesunde Spieler gut gebrauchen können – gleich sechs potenzielle Startelfspieler meldeten sich bis zum Anpfiff ab. Nach Philipp Ziereis (Gelbsperre), Jan-Philipp Kalla (Kapselriss und Außenband-Teilriss im linken Knie), Jeremy Dudziak (Schulterluxation), Marc Rzatkowski (Nasennebenhöhlenentzündung) und Ryo Miyaichi (Reha nach Kreuzbandriss) fiel auch noch Waldemar Sobota (grippaler Infekt) aus.

Somit stellte sich die Startelf praktisch von allein auf. Wie erwartet nahm Sören Gonther die zweite Innenverteidiger-Position neben Lasse Sobiech ein, Marc Hornschuh lief wieder als rechter Verteidiger auf, Bernd Nehrig und Enis Alushi bildeten das Duo im defensiven Mittelfeld. In der Offensive bekam Kyoungrok Choi wegen Sobotas Ausfall eine Chance von Beginn an.

In der offensiven Dreierreihe hinter Stürmer Lennart Thy nahm Choi nominell die mittlere Position ein, doch immer wieder rochierte er mit Sebastian Maier und Christopher Buchtmann. Allerdings waren die St. Paulianer auch angesichts der Umstellungen zunächst darauf bedacht, defensiv kompakt zu stehen. So hatte zunächst der KSC optische Feldvorteile, ohne dabei jedoch torgefährlich zu werden. FC St. Pauli vergab nach einem Karlsruher Ballverlust die erste Chance (12.), als Maier bei einem Konter Thy bedienen wollte, doch KSC-Torwart René Vollath etwas eher am Ball war.

Dies jedoch schien das Signal für die St. Paulianer zu sein, selbst mutiger zu werden. Prompt kam Choi im Strafraum an den Ball, wurde jedoch rustikal am Schuss gehindert. Den Abpraller nutzte Thy zu einem gefährlichen Linksschuss (22.), der aber zur Ecke abgewehrt werden konnte. Nur eine Minute später eroberte Buchtmann den Ball in der gegnerischen Hälfte, strebte allein auf Vollath zu, doch sein Versuch eines Hebers wurde zu einer leichten Beute für den KSC-Keeper.

Doch wiederum nur eine Minute später bot sich schon die nächste ­Chance. Maier trieb über links den Ball nach vorn, schlug einen Haken und bediente Nehrig. Aus gut 22 Metern traute sich der Mittelfeldspieler mit rechts einen Schuss aus der Drehung zu und wurde belohnt. Rechts unten schlug der Ball im Karlsruher Tor zum 1:0 (24.) ein. Für Nehrig war es im dritten Jahr, in dem er für den FC St. Pauli spielt, das erste Punktspieltor.

Derart inspiriert wollte Maier seinem Kollegen nicht nachstehen und schloss ein Solo quer durch die gegnerische Hälfte mit einem gefährlichen Rechtsschuss (27.) ab, der knapp am linken Pfosten vorbeirauschte.

Die Karlsruher fingen sich jedoch nach dem Rückstand und ergriffen wieder stärker die Initiative, blieben aber im Angriff harmlos. So fiel der Ausgleich überraschend. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld spielte Torres nach rechts zu Barry, der den Ball zurück zu Torres spielte – 1:1 (37.).

Das schien Bernd Nehrig so zu wurmen, dass er gleich noch einmal aus der Distanz höchst gefährlich auf das Tor schoss (38.). Doch diesmal konnte Vollath den Ball zur Ecke lenken.

Zur zweiten Halbzeit kam die Lienen-Elf entschlossen auf das Feld zurück, dieses letzte Spiel des Jahres zu einem Erfolg werden zu lassen. Gonther verfehlte per Kopfball (54.) das Tor nur knapp, Maier zwang aus 35 Metern Vollath zu einer Glanzparade (56.), und Thy köpfte den Ball nach einem Eckball an den rechten Pfosten (57.). Der Führungstreffer wäre verdient gewesen.

Doch die wenig effektive Chancenverwertung sollte sich rächen. Nach einem Freistoß des KSC aus dem Mittelfeld herrschte plötzlich höchste Verwirrung im Hamburger Strafraum. Der Ball sprang wie bei einem Flipper hin und her, gegen den rechten Pfosten und wurde schließlich vom Karlsruher Topstürmer Dimitrios Diamantakos (aus Abseitsposition) zum 1:2 (71.) über die Torlinie gedrückt. Die Szene war die zweite echte KSC-Chance und führte zum zweiten Tor. Von einer solchen Effektivität war St. Pauli weit entfernt. So verlor der Club erstmals in dieser Saison nach einem Führungstreffer noch.