Hamburg. Labbadia überlässt gegen Augsburg nichts dem Zufall, um erstmals seit fünf Jahren die Hinserie mit einem Sieg zu beenden

Wahrscheinlich hat Bruno Labbadia schon schlimmere Tage hinter sich bringen müssen als in dieser 51. Kalenderwoche. Am Montagabend wurde die interne Weihnachtsfeier im Schmidtchen zelebriert, am Dienstag folgte ein Weihnachtsessen im Lentini in Eppendorf. Ein Redner bedankte sich persönlich beim Bruno dafür, „dass Du den HSV gerettet hast.“ Am Mittwoch wurde Labbadia dann im Hotel Atlantic zum „Hamburger des Jahres“ ausgezeichnet, am Donnerstag schaute der Coach auch noch kurz auf der Weihnachtsfeier seiner Scoutingabteilung vorbei. Und auch wenn der Eindruck täuschen mag, war Labbadia in diesen Tagen eines wichtiger als alles andere: „Noch gibt es gar nichts zu feiern“, so der Fußballlehrer. „Das Spiel gegen Augsburg wird mitentscheiden, mit was für einem Gefühl wir in die Winterpause gehen.“

Tatsächlich ließ Labbadia in der letzten Arbeitswoche des Jahres nichts unversucht, die Spannung vor dem Hinrundenfinale gegen Augsburg an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) hoch zu halten. Der Coach lehnte die obligatorischen Anfragen für Jahresrückblicke ab („Das Jahr ist ja noch nicht beendet“), mahnte die Spieler an, sich mit Interviews einzuschränken und setzte ein geheimes Abschlusstraining am Freitagnachmittag im Stadion an. „Wir müssen noch einmal alles abrufen, damit wir in der Pause unter dem Weihnachtsbaum sitzen und sagen können: das war schon ganz okay“, so Labbadia.

Die angeschlagenen Gregoritsch und Cléber sollen auf der Bank sitzen

Auf genau so ein Weihnachtsgeschenk warten Hamburgs Fans immerhin schon seit fünf Jahren. Es war Labbadia-Nachfolger Armin Veh, der dem HSV zuletzt ein Fest vor dem Fest bescherte. Seitdem ist ein aus Hamburger Sicht mageres 1:1 das beste HSV-Ergebnis im letzten Spiel des Jahres. Der Gegner damals, natürlich: Augsburg.

„Für uns ist die Partie jetzt ein kleines Finale. Wir wollen uns mit diesen 22 Punkten einfach nicht zufrieden geben“, sagt Labbadia, der für sein Jahres-Endspiel auf zwei Veränderungen im Vergleich zum 1:1-Achtungserfolg in Wolfsburg setzen dürfte: Der gesunde Johan Djourou („Ich fühlte mich tot“) ist noch immer heiß, hat aber kein Fieber mehr, und wird den am Knie angeschlagenen Cléber in der Innenverteidigung ersetzen. Und der ebenfalls genesene Aaron Hunt soll im zentralen Mittelfeld den Vorzug vor Michael Gregoritsch erhalten. Anders als sein Trainer hatte der 21-Jährige alles andere als eine besinnliche letzte Arbeitswoche: Am Mittwoch verpasste der Ex-Bochumer das Teamtraining, weil er wegen einer so titulierten „Whatsapp-Affäre“ vor Gericht sollte. Und am Donnerstag musste Gregoritsch das Training nach einem Pressschlag abbrechen.

Für ein Terzett könnte das letzte Spiel der Hinrunde gleichzeitig das letzte Spiel für den HSV werden. Ivica Olic und Zoltan Stieber haben auf ihren Wunschzetteln geschrieben, dass sie den Verein im Januar verlassen wollen. Und auch Artjoms Rudnevs, der bislang nicht einmal im Kader stand, ist nicht unverkäuflich. Doch bevor der Verdacht aufkommen könnte, dass die Wechselabsichten der Noch-Hamburger die Konzentration auf das Hinrundenfinale beeinträchtigen könnte, erklärte Labbadia das Thema kurzerhand zu einem Nicht-Thema. „Die Dinge, die vielleicht in der Winterpause passieren, sind nicht entscheidend“, so der Trainer. „Entscheidend ist Augsburg.“

Für heute mag Labbadia recht haben, spätestens ab morgen steht ein Thema ganz oben auf der weihnachtlichen To-do-Liste: seine von ganz Hamburg erhoffte Vertragsverlängerung. „Wir sind da so etwas von entspannt“, antwortete der 49-Jährige auf die Frage eines Medienvertreters, ob er denn noch vor Weihnachten verlängern würde. Und dann noch einmal: „Der Fokus liegt nur auf Augsburg.“ Augsburg also. Kein Rückblick, keine Vorschau, nur Augsburg. Fast zumindest. Einen klitzekleinen Moment der Schwäche erlaubte sich Labbadia dann doch vor dem Spiel, als er wiederholt auf seine Auszeichnung zum „Hamburger des Jahres“ angesprochen wurde. Was ihm diese bedeute? „Im Sommer haben wir etwas geschafft, dass überlebenswichtig war. Die persönliche Auszeichnung ist nun das eine. Der Grund dafür, nämlich der Klassenerhalt, ist das andere. Und der hat eine unglaubliche Bedeutung für uns alle.“ Labbadia schluckt einmal, dann sagt er: „Ich muss ganz ehrlich sagen, dass diese Erlebnisse mein Leben bereichert haben. Dafür macht man den Job.“

Sieben Monate sind vergangenen. Der HSV wurde seriös, hat keinen Trainer oder Sportchef entlassen und beachtliche 22 Punkte gesammelt. Kommen drei weitere an diesem Wochenende hinzu, hat auch Labbadia nichts mehr gegen ein Fest vor dem Fest.