Hamburg. Vor dem Start der Rückrunde am Sonntag gegen Köpenick spricht Zuspielerin Denise Imoudu über die ungewisse Situation des Volleyballteams Aurubis

Mit dem Heimspiel gegen den Köpenicker SC Berlin startet das Volleyballteam Aurubis an diesem Sonntag (15 Uhr, CU-Arena) in die Rückrunde der Bundesliga. Zuspielerin Denise Imoudu, 20, die sich als Leistungsträgerin unverzichtbar gemacht hat, hofft auf viele gute Spiele, damit der Ausstieg von Hauptsponsor Aurubis zum Saisonende nicht zum befürchteten Aus für Bundesliga-Volleyball in Hamburg führt.

Hamburger Abendblatt: Frau Imoudu, die Handballer des HSV stehen nach der Insolvenz vor ungewisser Zukunft. Schauen Sie angesichts der ähnlich ungeklärten Lage in Ihrem Verein dort genauer hin?

Denise Imoudu: Das nicht. Man denkt schon oft darüber nach, dass es hier nach der Saison vorbei sein kann. Aber ich will das nicht an mich herankommen lassen, weil es so utopisch wirkt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es für diesen Verein nicht in der Bundesliga weitergehen wird.

Die HSV-Handballer zeigten im Angesicht des drohenden Endes ungeahnte Topleistungen. Auch Sie spielen mit dem Team eine gute Saison. Macht Zukunftsangst Beine?

Imoudu: Ich denke nicht, dass das der Grund dafür ist, dass wir so gut spielen. Ich bin selbst überrascht darüber, wie gut es passt. Ein solches Team, in dem sich alle so gut verstehen und das gleiche Ziel verfolgen, habe ich noch nie erlebt. Auch wenn manche vielleicht schon andere Pläne haben für die kommende Saison, ist die gegenseitige Unterstützung auf dem Feld unglaublich. Das ist eine sehr schöne Erfahrung. Ich glaube, dass es uns gut tut, in den meisten Spielen als Außenseiter antreten und dadurch ohne Druck aufspielen zu können.

Sie wussten, als Sie im Sommer aus Schwerin nach Hamburg kamen, was Sie erwarten würde. Warum haben Sie trotzdem den Wechsel gewagt?

Imoudu: Für mich war nach zwei Jahren auf der Ersatzbank wichtig, das Vertrauen vom Trainer zu spüren und viel zu spielen. Als ich mir in Hamburg alles angeschaut hatte, wusste ich, dass alles passen würde. Und genauso ist es gekommen. Die Gedanken an die Zukunft schiebe ich weg, das ist jetzt nicht unsere Sache. Wir müssen erfolgreich Volleyball spielen, um unseren Beitrag zu leisten, dass es hier weitergeht.

Sie wirken trotz Ihres jungen Alters erstaunlich reif und abgeklärt. Woher kommt diese Ruhe, die Sie auf dem Feld ausstrahlen?

Imoudu: Das habe ich schon öfter gehört, dass ich ruhig wirke. Innerlich ist das sicherlich nicht immer so, und außerhalb des Volleyballs bin ich auch nicht so. Aber ich sehe es als meine Aufgabe an, ruhig und positiv zu bleiben, denn wenn ich das nicht täte, würde sich das auf das Team übertragen.

Gibt es da einen Trick, wie Sie es schaffen, ruhig zu bleiben?

Imoudu: Nein, ich mache auch keine speziellen Übungen oder so etwas. Ich kann mich zum Glück sehr gut herunterfahren und beruhigen.

Warum wirken Sie so viel reifer als andere 20-Jährige?

Imoudu: Ich denke, das liegt daran, dass ich schon sehr früh nur mit älteren Freunden zu tun hatte. Ich war oft die Jüngste und musste mich durchsetzen oder anpassen. Außerdem bin ich mit 13 Jahren aus meiner Heimat Schwedt ans Sportinternat nach Berlin gezogen. Ich musste also früh selbstständig werden. So etwas prägt.

Wie hart war es für Ihre Eltern, Sie so früh gehen zu lassen?

Imoudu: Sie haben mir immer vertraut und mich in meinem Wunsch, Volleyballprofi zu werden, unterstützt. Dennoch war es für uns natürlich schwer.

Wann wussten Sie denn, dass Sie Volleyballerin werden wollen?

Imoudu: Nach der Sichtung, aufgrund derer ich nach Berlin gezogen bin, war mir das klar. Dann hatte ich jedoch mit 14 und 15 zwei Kreuzbandrisse und musste mir Gedanken über Alternativen machen. Ich habe gespürt, wie schnell es vorbei sein kann mit dem Sport, deshalb habe ich nach dem Abi im Sommer ein Fernstudium in Gesundheitsmanagement begonnen.

Ihr Vater ist Nigerianer, Ihre Mutter Deutsche. Was haben Sie von wem geerbt? Sind Sie im Herzen Afrikanerin oder Deutsche?

Imoudu: Ich fühle mich deutsch, aber dennoch auch der Kultur Afrikas verbunden. Ich war leider noch nie in Nigeria, würde aber sehr gern dort hinreisen. Ich will ganz viel von der Welt sehen, diese Reiselust habe ich von meinem Vater. Außerdem wahrscheinlich die Liebe zur Musik. Um in Spielstimmung zu kommen, tanze ich immer. Singen kann ich nicht, aber ich bin in der Kabine für die Musik zuständig.

Was wird gespielt?

Imoudu: Wenn es nach mir geht, dann R’n’B, Hip-Hop, Black Music. Aber wir haben eine Playlist, wo jede ihre Wünsche hinterlassen durfte. Das ist eine bunte Mischung, ich spiele alles.

Auf Ihrem linken Oberarm haben Sie die Worte „Folge deinem Weg und vertraue in deine Zukunft“ tätowiert. Was bedeutet Ihnen dieses Motto?

Imoudu: Als ich nach Berlin zog, habe ich von meiner Oma einen Stein bekommen, auf dem das stand. Seitdem ist das mein Leitspruch, der mir immer Mut gemacht hat. Deshalb habe ich ihn mir vor zwei Jahren tätowieren lassen. Ich glaube, dass er mir Glück bringt.