Als es am Sonntagfrüh in Düsseldorf um den Rückkampf gegen Tyson Fury ging, da war Wladimir Klitschko zurückhaltender als alle anderen. Es stehe im Vertrag, sagte der entthronte Schwergewichtsweltmeister lapidar. Von einer Kampfansage war er weit entfernt, und man muss ihn verstehen. Wer elfeinhalb Jahre nicht verloren hat, muss das Recht haben, über die Konsequenzen nachzudenken.

Allerdings darf das Resultat dieser Überlegungen nicht das Karriereende sein. Wäre die hilflose Vorstellung gegen Fury das, was in Erinnerung bliebe von seiner Laufbahn, hätten die vielen Kritiker Oberwasser, die den Ukrainer nie als großen Champion anerkannt haben, weil er in ihren Augen seine Gegner zu selten seiner Klasse entsprechend dominiert hat.

Die Pleite war keine Frage des Alters, wie es einige Experten vermuteten, sondern der Einstellung. Dass Klitschko vor dem Kampf davon sprach, sich neu erfinden zu müssen, war ein Alarmzeichen dafür, dass er sich unterbewusst bereits mit anderen Dingen als dem Boxen beschäftigt. Das ist für einen 39-Jährigen zwar nicht verwunderlich, dennoch hat er darüber vergessen, sich auf seine Stärken zu besinnen. Nun, da es eine neue Herausforderung gibt, nämlich die, wieder Jäger zu sein statt Gejagter, muss er sich aufraffen. Er muss den Kopf noch einmal auf das umpolen, was ihn schon mehrfach aus einem sportlichen Tal herausgeführt hat. Wladimir Klitschko muss nach England gehen, Tyson Fury dort ausknocken und damit die Antwort geben auf eine Nacht, die Rätsel aufgab. Das Potenzial dazu hat er noch.