Hamburg. Concordias Stürmer Benjamin Bambur hat seine Rolle auf und neben dem Platz gefunden

Vor Saisonbeginn stand Werner Platthoffs Meinung fest. „Ich hatte Angst vor einem Fehleinkauf. So ging es vielen unserer Fans“, gibt der Vereinsarchivar des Oberligaaufsteigers Concordia zu. Die Rückkehr des Benjamin Bambur, 25, wurde kritisch gesehen beim Traditionsclub am Bekkamp. Inzwischen sind die Anhänger überzeugt. „Ich bin erstaunt, wie gut Benny geworden ist. Seine ausgefeilte Schusstechnik, seine Beweglichkeit und sein Abschluss sind große Klasse“, leistet Platthoff, 76, Abbitte.

Der Lehramtsstudent (Spanisch und Sport) Benjamin Bambur ist die größte Überraschung dieser Oberligasaison. 17 Treffer markierte er in 14 Spielen, führt die Torjägerliste mit vier Toren Vorsprung vor dem früheren St.-Pauli-Profi Marius Ebbers an. Bei Concordia (2009–2011, 13 Tore) und beim SC Victoria (2011–2015, 7 Tore) traf er in sechs Jahren bei 123 Einsätzen mit 20 Treffern nur dreimal mehr als in den vergangenen knapp vier Monaten. Manchen Fans galt das Talent, er spielte in der Jugend fünf Jahre für St. Pauli, als zu unbeweglicher „Chancentod“. Was also ist mit ihm passiert?

Bambur war der Wunschspieler von Trainer Georgios Cholevas

„Ich bin noch der gleiche Benny wie vorher“, sagt Bambur lachend. „Ich habe an meinen Stärken festgehalten. Ich weiß, was ich kann.“ Nur kann er diese Stärken, zu denen auch eine immense Ballsicherheit zählt, nun anders einbringen. Vor allem deshalb, weil die Verantwortlichen Concordias ihn als spielenden Stürmer zum Fixpunkt ihres Systems machten. Bambur ist im Angriff gesetzt, soll im Zwei-Mann-Sturm die Rolle des Ballhalters und Verteilers einnehmen. „Er war mein Wunschspieler. Er ackert wie ein Profi, hat einen tollen Charakter. Da unsere Spieler ihn immer wieder suchen, kommt er oft zum Abschluss“, sagt sein Trainer Georgios Cholevas.

In den sechs Jahren zuvor sah das anders aus. In seiner Anfangszeit bei Concordia war der schlaksige Angreifer noch ein Talent. Bei Victoria spielte er mannschaftsdienlich, aber oft eher unauffällig. „Ich hatte eine schöne Zeit bei Victoria, aber dort spielten eben große Namen wie Patschinski oder Ebbers vorne im Angriff. Ich konnte selten auf meiner Position spielen“, sagt Bambur. In der vergangenen Saison wurde er sogar im defensiven Mittelfeld eingesetzt. Beklagt hat er sich nie. „Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt. Und Lutz Göttling ist wie Georgios Cholevas ein toller Trainer.“

Der zweite Grund seiner Leistungssteigerung liegt in seiner neuen Rolle neben dem Platz: Bambur, dem seine Wurzeln im jugoslawischen Sandzak (Grenzgebiet zwischen Serbien und Montenegro) wichtig sind, ist zum ersten Mal in seiner Karriere Führungsspieler. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Meine Rolle als erfahrener Spieler ist nun eine andere“, sagt er. Eine, an die man bei dem manchmal scheu wirkenden, höflichen jungen Mann, der auf dem Platz ruhig und abgeklärt wird, nicht automatisch denkt. Die er, wie Liga-Manager Florian Peters betont, aber glänzend ausfüllt: „Benjamin muss niemanden umgrätschen oder rumschreien, um Zeichen zu setzen. Bei uns ist er dank seiner Klasse, Erfahrung und Einstellung ein Führungsspieler für die Mannschaft.“ Außerdem profitiere er vom intensiven Training bei Concordia. „Er ist jetzt richtig fit und dadurch weniger verletzungsanfällig“, sagt Peters.

Bei Concordia fürchtet man, der Torjäger könnte den Verein wieder verlassen

Werner Platthoff sorgt sich schon wieder um Bambur. Diesmal aus anderen Gründen. „Hoffentlich bleibt er länger als eine Saison und geht im Sommer nicht nach Poppenbüttel oder Norderstedt“, fürchtet sich der Vereinsarchivar. Bambur kann ihn beruhigen: „Concordia ist ein besonderer Verein für mich. Diese Saison wollen wir die Klasse halten. Dann soll es weiter nach oben gehen.“ Mit ihm als Torschützenkönig? „Das ist mir nicht wichtig“, sagt Bambur. „Hauptsache, wir haben gemeinsam Erfolg.“