Stuttgart. Nach der 0:4-Klatsche gegen den zuvor siebenmal in Serie sieglosen FC Augsburg erntet ein kläglicher VfB Hohn und Spott

Nach dem Debakel gegen den FC Augsburg waren die Spieler des VfB Stuttgart fix und fertig. Für ihre kaum zu erklärende Darbietung suchten sie erst gar nicht nach Entschuldigungen. Kapitän Christian Gentner sprach von „einer Katastrophe“. Florian Klein gestand: „Ich habe zum ersten Mal in dieser Saison das Empfinden, dass wir versagt haben.“

Auch Trainer Alexander Zorniger räumte nach dem desaströsen 0:4 (0:3) gegen das zuvor auswärts sieglose Schlusslicht der Fußball-Bundesliga ein: „Wir werden ein paar Tage brauchen, bis wir das aufgearbeitet haben. Die Körpersprache hat nicht gepasst. Da müssen wir auch mal reden, ob ich da im Vorfeld etwas übersehen habe. Deshalb ziehe ich mir den Hauptschuh an. Irgendwas hat nicht gepasst.“ Sportvorstand Robin Dutt drohte eine schonungslose Analyse an: „Wir können nach so einem Spiel nicht sagen: Mund abwischen und weiter.“

Es glich einem fußballerischen Offenbarungseid, wie sich der völlig verunsicherte und hilflose VfB in dem richtungsweisenden Kellerduell präsentierte. Egal ob Zweikampfverhalten, Stellungsspiel, Abstimmung oder das Umschalten von Abwehr auf Angriff – nichts klappte. Die leidgeprüften VfB-Fans reagierten ironisch. „Oh wie ist das schön“, sangen sie nach dem 0:4-Rückstand und veräppelten ihre Idole bei jeder Ballberührung mit La-Ola-Wellen. Dies tat den gedemütigten Akteuren ebenso weh wie die Klatsche. „Dass nach so einer Leistung noch Hohn und Spott dazu kommen, ist schade.“, klagte Daniel Schwaab.

Aber letztlich hatten sich die VfB-Akteure den Liebesentzug ihrer Anhänger selbst zuzuschreiben. Nicht nur bei den vier Gegentreffern präsentierte sich die überforderte Defensive stümperhaft. Alexander Esswein (11.), Jan-Ingwer Callsen-Bracker (36.) und Ja-Cheol Koo (53.) hatten bei ihren Treffern keinerlei Gegenwehr. Ins Bild passte, dass Innenverteidiger Timo Baumgartl einen Distanzschuss Essweins ins eigene Tor abfälschte (17.). Und nach vorne lief ebenfalls nichts.

Statt mit dem fest eingeplanten dritten Heimsieg hintereinander sich etwas aus der Gefahrenzone absetzen zu können, steckt Stuttgart nun noch tiefer im Abstiegskampf. „Es ist für uns alle eine beschissene Situation, da wieder unten drin zu stecken“, stellte Schwaab fest.

Aber: Zorniger wollte noch nicht vom Kampf um den Klassenerhalt sprechen. Aber auch dem ratlos wirkenden Coach ist klar, dass in den vier ausstehenden Partien bis zur Winterpause ein Kraftakt nötig ist: „Wir müssen so viele Punkte wie möglich holen, damit wir nicht den Anschluss verlieren.“ Als die Mannschaft nach dem Abpfiff einen Kreis bildete, fehlte der Trainer. Ich hätte da in jedem Fall die falschen Worte getroffen. Es war mir klar, dass es sich relativ schnell auf meine Person fokussiert. Da wollte ich die Mannschaft nicht auch noch damit belasten.“

Fakt ist, dass der VfB in dieser Verfassung ein Abstiegskandidat ist. Kein anderes Team kassierte neun Niederlagen, nur in ihrer Abstiegssaison verloren die Schwaben zu diesem Zeitpunkt auch so oft. Mit 31 Gegentoren nach 13 Spieltagen (so viele waren es noch nie in der Historie des VfB) entwickelt sich die amateurhafte Abwehr immer mehr zur Schießbude der Liga. Zornigers Hurra-Stil erwies sich auch gegen Augsburg als äußerst anfällig. Offensichtlich fehlt dem allenfalls durchschnittlichen Kader die Qualität, um dieses kräftezehrende, laufaufwendige und viel Spielintelligenz erfordernde System auch nur ansatzweise beherrschen zu können. Zudem fallen mit Daniel Ginczek (Bandscheiben-OP) und Martin Harnik (Außenbandschaden im Knie) zwei wichtige Offensivkräfte längerfristig aus.

Erschwerend kommt die angeschlagene Psyche hinzu. Dem VfB droht bereits in der dritten Saison in Folge der Gang in die Zweite Liga. 2013/14 übernahm Huub Stevens das Team im März 2014 auf Tabellenplatz 15 und holte noch zwölf Punkte aus den letzten zehn Spielen. 32 Zähler bedeuten Rang 15 vor dem HSV (27).

Nachdem der erfolglose Nachfolger Armin Veh im November seinen Rückzug erklärte, kehrte der Niederländer erneut nach Stuttgart zurück. Wieder gelang es Stevens, den Abstieg zu vermeiden. 36 Punkte (einer mehr als der HSV) bedeuteten Rang 14. Eine dritte Rückkehr des früheren HSV-Trainers ist ausgeschlossen, da dieser in Hoffenheim die Aufgabe des Retters übernommen hat. Noch hält Manager Dutt zu seinem Wunschtrainer. Dennoch wird Zorniger die richtigen Worte finden müssen, um eine Trainerdiskussion vermeiden zu können.