Hamburg. Die vom früheren Präsidium geplante und propagierte Erweiterung des Trainingsgeländes in Niendorf ist endgültig nicht realisierbar

Die verbale Attacke ging bei der Mitgliederversammlung des FC St. Pauli fast unter. Noch bevor über den brisanten Olympiaantrag eifrig diskutiert wurde, griff Alexander Gunkel das bis vor einem Jahr amtierende Präsidium ziemlich unverhohlen an. Der Vorsitzende der mit rund 13.500 Mitgliedern (von insgesamt rund 22.000) gewichtigen Abteilung fördernder Mitglieder (AfM) sprach von einem „Luftschloss“, als er über die geplante Erweiterung der Trainingsanlage des FC St. Pauli in Niendorf redete.

Vor etwas mehr als einem Jahr stellte sich die vom damaligen Präsidenten Stefan Orth und dem für den Sport verantwortlichen Vizepräsidenten Jens Duve dargelegte Situation noch völlig anders dar. Als schon längst feststand, dass sie vom Aufsichtsrat nicht mehr zur Wiederwahl vorgeschlagen werden, stellten sie nur drei Tage vor der Hauptversammlung auf einer letzten Pressekonferenz das Projekt „Kollau II“ vor und präsentierten mit der Techniker Krankenkasse auch gleich einen Sponsor dafür. Der größte deutsche Krankenversicherer mit Hauptsitz in Hamburg hatte einen am 1. Januar 2015 beginnenden Vertrag über dreieinhalb Jahre zur Unterstützung der Nachwuchsarbeit des Kiezclubs unterschrieben. Die zur Verfügung gestellte Summe sollte zum größten Teil für den Bau von weiteren drei Trainingsplätzen sowie Funktionsgebäuden verwendet werden, um auch den jüngeren Nachwuchsteams an der Kollau eine neue Heimat zu geben.

Nach Informationen des Abendblattes war es aber auch unter den fünf Mitgliedern des damaligen Präsidiums umstritten, ob die Planung reif war, öffentlich vorgestellt zu werden. Dies geschah dann aber ziemlich offensiv. „Wir haben es auf den Weg gebracht, jetzt muss es vollendet werden“, sagte Stefan Orth als Auftrag für die nachfolgende Vereinsführung um Präsident Oke Göttlich. Die angeblich fortgeschrittenen Verhandlungen mit der Stadt über eine Umwidmung des als Überschwemmungsgebiet ausgewiesenen Geländes neben dem Flüsschen Kollau müssten nur noch zu Ende geführt werden, hieß es damals betont euphorisch.

Das Desaster folgte beim Termin mit Vertretern des Senats und des Bezirks Eimsbüttel. Als das neu gewählte Präsidium die von den Vorgängern geerbten Pläne vorlegte, seien die Politiker ziemlich aufgebracht gewesen, berichtet ein Teilnehmer. Der Grund dafür war, dass man dem vorherigen Präsidium bereits deutlich gesagt hatte, dass die Pläne aufgrund der Ausweisung des Areals als Überschwemmungsgebiet nicht genehmigt werden können. Dass genau diese bereits abgelehnten Pläne nun ein zweites Mal vorgelegt wurden, sollen die Vertreter der Stadt und des Bezirks als Affront empfunden und verärgert haben.

St. Paulis Präsident Göttlich hat es bisher vermieden, öffentlich Stellung zu dieser Hinterlassenschaft zu beziehen. Auf der Mitgliederversammlung am Sonntag sprach neben dem AfM-Vorsitzenden Gunkel nur die vor einem Jahr in den Aufsichtsrat gewählte Vorsitzende Sandra Schwedler das gescheiterte Projekt an. Nachtragend sind Schwedler und Göttlich dennoch nicht. Am Sonntag zeichneten sie Stefan Orth für seine langjährige Tätigkeit im Präsidium mit der goldenen Leistungsnadel des Vereins aus.

Die AfM hat nach Worten ihres Vorsitzenden Gunkel jetzt nur das Problem, den für „Kollau II“ vorgesehenen Zuschuss anderweitig zu verwenden. In diesem Geschäftsjahr plant die AfM immerhin mit Einnahmen von 1,525 Millionen Euro. (C.H.)