Hamburg. Nach Antragsänderung kann das Präsidium seine neutrale Haltung beibehalten. Verein mit Verlust, Konzern erzielt Gewinn

Um 16.16 Uhr stand das mit Spannung erwartete Ergebnis fest: Mit einer Mehrheit von rund 60 Prozent stimmten die bei der Hauptversammlung anwesenden Mitglieder des FC St. Pauli am Sonntag gegen die Olympiabewerbung Hamburgs.

Dieser Abstimmung ging eine Debatte von mehr als einer Stunde voraus, die zu einer für das Präsidium entscheidenden inhaltlichen Änderung führte. Im ursprünglichen Antrag stand, dass „der FC St. Pauli“ die Bewerbung ablehne. Dies wurde ersetzt durch „die Mitgliederversammlung“. Zudem wird in der beschlossenen Version das Präsidium nicht mehr aufgefordert, den Mitgliedern beim Referendum ein Nein zu empfehlen.

„Es ist eine Erleichterung für uns. So sind wir als Präsidium aus dem Spannungsfeld befreit worden, unsere bisherige Neutralität aufgeben zu müssen“, sagte St. Paulis Präsident Oke Göttlich. „Wir wollen auch weiter mit Partnern arbeiten, die pro Olympia sind.“

Schon in seiner Rede zu Beginn der Versammlung hatte Göttlich vehement seine seit einem Jahr vertretene Position verteidigt, sich gegenüber der Hamburger Olympiabewerbung neu­tral zu verhalten. „Wir stehen für Meinungsvielfalt und Pluralität. Ist es denn wirklich nötig, dass ein den Mitgliedern unterstelltes Präsidium den Mitgliedern eine Empfehlung gibt, wie sie abstimmen sollen?“, fragte er ins 580 Personen starke Plenum.

„Es ist nicht vorhersehbar, welche Auswirkungen eine klare Antihaltung des Präsidiums hätte“, sagte Göttlich, ohne dies zu konkretisieren. Er dürfte dabei aber an die Tatsache gedacht haben, dass die Stadt seit Jahren für die Darlehen bürgt, die der Club bei Banken für den Neubau des Stadions aufgenommen hat. Diese Risikoübernahme könnte gefährdet sein, wenn sich St. Paulis Führung explizit gegen die vom rot-grünen Senat und den Oppositionsparteien CDU und FDP betriebene und befürwortete Bewerbung stellt.

Wie erwartet konnte das wirtschaftliche Ergebnis des vergangenen Geschäftsjahres nicht die Werte des Vorjahres erreichen. Der Verein verbuchte einen finanziellen Verlust von 94.386,85 Euro, nachdem zwölf Monate zuvor noch ein Gewinn von 99.909,08 Euro verbucht wurde. Dieses nur relativ geringe Minus sorgte aber dafür, dass der Gesamtkonzern, also der Verein und seine Tochtergesellschaften, noch einen Jahresüberschuss von insgesamt 235.981,94 Euro nach Steuern (Vorjahr: 725.746,44 Euro) verbuchte. Vor Steuern lag der Gewinn sogar bei 1,135 Millionen Euro (Vorjahr 1,86 Millionen Euro).

Die Gesamterträge des Vereins steigerten sich im Geschäftsjahr 2014/15 auf 26,76 Millionen Euro (Vorjahr 24,45 Millionen Euro). Der Konzern kam auf Erträge von 33,13 Millionen Euro (Vorjahr 30,57 Millionen Euro). Entscheidend trugen dazu das ausverkaufte DFB-Pokalspiel gegen Borussia Dortmund sowie höhere Erlöse im Bereich der Logen (Separées) und der Businessseats bei. Auch der Wechsel des Hauptsponsors von Relentless zu Congstar wirkte sich positiv aus. 1,39 Millionen Euro zahlt jetzt der Telekommunikationsanbieter – und damit fast 500.000 Euro mehr als der Vorgänger.

Präsident Göttlich und der für die Finanzen verantwortliche Vizepräsident Jochen Winand blickten auch voraus auf das derzeit laufende Geschäftsjahr. „Dieses wird im Ergebnis maßgeblich von den Transfererlösen aus dem Verkauf von Marcel Halstenberg geprägt werden. Wir werden zukünftig auch weiterhin auf Sondererlöse oder die Steigerung der Erlöse aus dem laufenden Betrieb angewiesen sein, um weiterhin einen wettbewerbsfähigen Etat für unsere Profis aufstellen zu können“, sagte Winand.

St. Paulis Aufsichtsratsvorsitzende Sandra Schwedler verriet in ihrer Rede unterdessen erstmals öffentlich, dass die vom früheren Präsidium betriebenen Pläne, das Trainingsgelände in Niendorf zu erweitern, ad acta gelegt wurden. „Kollau 2 kann nicht verwirklicht werden. Wir hoffen deshalb auf eine andere Lösung für unsere jüngeren Nachwuchsteams“, sagte sie. Dies bestätigte Alexander Gunkel, der Leiter der Abteilung fördernder Mitglieder (AfM). „Man muss sagen, es war ein Luftschloss“, sagte er an die Adresse der früheren Vereinsführung.